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Theater BonnKlima-Aktivisten auf der Bühne im Schauspiel

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Tomatensuppe auf  Van Goghs Sonnenblumen.

Bonn  – Ein Skandal war befürchtet worden am Freitag bei der Premiere des Stücks „Recht auf Jugend“ im Schauspielhaus, für das Regisseur Volker Lösch drei „Aktivisten der Letzten Generation“ auf die Bühne geholt hatte. Mitglieder der Klimagruppe hatten in den vergangenen Wochen Gemälde unter anderem von van Gogh, Monet und Vermeer attackiert. Werden sie auch in Bonn mit Kartoffelbrei werfen, Tomatensauce auf ein Kunstwerk kippen? Sicherheitshalber war das Direktorium des Theaters ins Schauspielhaus gekommen – vielleicht hätte man dem Publikum ja etwas erklären müssen bei einem möglichen Eklat. Doch der blieb aus. Als nach einer Stunde und 50 Minuten der Vorhang fiel, klatschten alle, und Generalintendant Bernhard Helmich umarmte Lösch.

Der Bonner Theaterautor Lothar Kittstein hat das 1913 von Arnolt Bronnen (1895-1959) geschriebene expressionistische Stück „Recht auf Jugend“ komplett umgearbeitet; ab und zu klingen noch ein paar Sätze des österreichischen Dramatikers durch, aber Kittstein macht aus dessen Erstlingswerk ein Endzeitstück.

Profi-Schauspieler arbeiten im Schauspiel Bonn auf der Bühne mit Laien zusammen

Volker Lösch, in Bonn mittlerweile Stammgast, setzt es mit den Mitteln um, die Theatergänger von ihm kennen: Profi-Schauspieler arbeiten mit Laien zusammen und es ist meistens ein Chor dabei, der – anders als in den antiken griechischen Tragödien – nicht aus dem Hintergrund das Geschehen begleitet und kommentiert, sondern der Antreiber ist. Sieben Mitglieder des neunköpfigen Ensembles bilden im „Recht auf Jugend“ diesen Chor.

Alles zum Thema Letzte Generation

In weißen Overalls und Turnschuhen gekleidet kriechen sie über den Boden und hämmern fünffach, siebenfach lautstark ihre Botschaften heraus: manchmal persönliche Befindlichkeiten, aber vor allem Fakten, Fakten, Fakten zur Klimakrise. Das entscheidende Wort in diesem ermüdenden Gebrüll heißt „Kipppunkte“. Es wird wiederholt skandiert und meint den Zeitpunkt, an dem die Klimakatastrophe nicht mehr aufzuhalten ist.

Mitglieder der Gruppe Letzte Generation trafen Bundeskanzler Scholz

Die Antagonisten spielen Sophie Basse und Daniel Stock. Sie sind mal die grün-bewegten Eltern, die nicht verstehen, was ihr Kind da treibt. Stock ist auch ein Journalist, der die Motive der jungen Leute zu hinterfragen sucht, dann aber Redaktionsschluss hat. Er ist auch Bundeskanzler Scholz, der sich im vergangenen November nach einem realen Hungerstreik der „Letzten Generation“ vor dem Kanzleramt mit einigen Mitgliedern zum Gespräch getroffen, aber außer Phrasen keine für sie annehmbare Lösung parat hatte.

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Basse ist eine Grüne Politikerin, die Erinnerungen an ihre friedensbewegte Jugend und sonst nichts zu bieten hat; sie ist aber vor allem eine Arbeiterin mit Mehrfachjobs, die den protestierenden und um ihre Zukunft fürchtenden Wohlstandskindern vorrechnet, dass es gerade die Reichen sind, die den größten CO2-Ausstoß verursachen.

Gespräche über das Stück

Das Ensemble: Sophie Basse, Markus J. Bachmann, Linda Belinda Podszus, Paul Michael Stiehler, Daniel Stock, Sandrine Zenner sowie die „Aktivisten der Letzten Generation“ Zoë Ruge (Freiburg), Irma Trommer und Tim Jakob Wechselmann-Cassim (beide Berlin).

Regie: Völker Lösch.

Bühne: Valentin Baumeister.

Kostüme: Teresa Grosser.

Aufführungsdauer: 1 Stunde und 50 Minuten.

Nächste Termine: 3., 9. und 13. November, Schauspielhaus Bad Godesberg. Das Theater lädt am 5. November, 17 Uhr, am 15. Und 28. November, jeweils 19 Uhr, zu Gesprächen über das Stück ein. Treffpunkt ist jeweils vor der Werkstattbühne am Opernhaus. (dbr)

Was bleibt von dem Wort-Gedonner in Erinnerung? Dass man es eigentlich schon weiß und dass man was tun müsste, um die Welt zu retten. Ein paar Aktivisten standen später im Foyer und verteilten Handzettel, auf denen sie zu Vortragsveranstaltungen einluden. So haben es die Grünen auch gemacht, bevor sie in den Bundestag kamen.

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