Abo

Bonn27-Jähriger muss wegen versuchten Mordes an Ex-Freundin lebenslang in Haft

Lesezeit 3 Minuten
Landgericht_Bonn_Urteil_270119

Das Bonner Landgericht. Hier fiel das Urteil gegen den 27-Jährigen.

Bonn – An diesem Tag war alles wie immer. Der Vater sollte seinen dreijährigen Sohn nachmittags abholen. So war es verabredet mit der Mutter des Kindes. Zwei Monate zuvor hatte die 19-Jährige sich von dem 27-Jährigen Lebensgefährten getrennt. Was dann geschah, bringt den Mann nun lebenslänglich ins Gefängnis: Er hatte auf die Frau eingestochen und sie dabei so schwer verletzt, dass sie seitdem im Wachkoma liegt.

An dem 10. Juli 2019 hatte die 19-Jährige drei Taschen mit Spielzeug und Kleidungsstücken gepackt und ging mit ihrem Sohn an der Hand zum Ausgang des Mehrfamilienhauses in Siegburg. Nichts Außergewöhnliches, so schien es. Nur der Angeklagte habe gewusst, so hieß es gestern im Urteil des Bonner Schwurgerichts, was gleich „Außergewöhnliches passieren wird“: Er habe seine Ex-Freundin töten wollen.

19-Jährige liegt seit der Tat im Koma

Das Schicksal der jungen Frau war es auch, das dem 27-jährigen Angeklagten gestern eine lebenslange Haftstrafe eingebracht hat, obwohl es strafrechtlich lediglich ein Mordversuch und kein Mord ist. Aber eine Milderung des Strafrahmens, erläuterte Kammervorsitzender Klaus Reinhoff, sei in diesem Fall nicht richtig.

Immerhin sei das Opfer „ganz nah daran gewesen, endgültig tot zu sein, näher geht kaum“. Denn ihr Herzstillstand dauerte ganze 22 Minuten: Die 19-Jährige wurde von Notärzten reanimiert, zurückgeblieben ist ein „irreparabler toxischer Hirnschaden“. Seitdem liegt sie im Koma, ohne eine Chance, wieder ganz ins Leben zurückzukehren.

Grausam auch, so der Vorsitzende weiter, dass der dreijährige Sohn die ganze Szene habe miterleben müssen: Das Kind hatte daneben gestanden, hatte geschrien, als der Vater mit dem Messer hinterrücks auf Nacken und Rücken der Mutter einstach. Auch musste er zuschauen, wie er sie mit den Kordeln einer Tasche gedrosselt hat, wie seine Mutter sich verzweifelt gewehrt hat, bis sie nach zwei Minuten das Bewusstsein verlor.

Mordmotiv: Heimtücke und niedrige Beweggründe

Der Angeklagte habe nicht gewollt, dass jemand anderer sie besitzt. So hatte er ihr zuvor gedroht: „Wenn ein Mann zwischen uns kommt, dann bringe ich dich um.“ Dann habe er die Tat taktisch eingefädelt und zielgerichtet umgesetzt. „Er allein hat entschieden, wer ein Lebensrecht hat.“ Entsprechend hat die Kammer ein zweites Mordmotiv angenommen: außer der Heimtücke auch niedrige Beweggründe.

Der Angeklagte hatte im Prozess eingeräumt, dass er sich habe rächen wollen, aber die Frau zu töten sei nicht seine Absicht gewesen. Das jedoch sei widerlegt, hieß es im Urteil. „Wer einem Menschen drei Minuten lang die Luft nimmt, der hat nur ein Ziel, er will ihn sterben sehen.“ Anschließend war der 27-Jährige geflüchtet und hatte sich in einer Pizzeria ein Bier bestellt.

Die Eltern der Frau sind aus Mazedonien nach Deutschland gezogen, um ihren Enkeln ein Zuhause zu geben. Draußen vor dem Saal schluchzte die Mutter bitterlich: Die beiden Kleinen vermissten ihre Mutter sehr, sagte sie. Jeden Tag besuchten sie die Mutter, sprängen auf ihr Bett und beteten, dass sie doch wieder aufwachen und endlich nach Hause kommen solle.

KStA abonnieren