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Corona-PandemieDie Intensivbetten im Rhein-Sieg-Kreis werden knapper

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Intensivstation_Symbolbild

Die Intensivstationen im Kreisgebiet sind stark beansprucht.

Rhein-Sieg-Kreis – Bundesweit schlagen Intensivmediziner Alarm: Es sei „fünf nach zwölf“, mahnte ein Kölner Oberarzt am Dienstagabend im Interview mit den „Tagesthemen“ der ARD, langsam würden die Betten auf den Intensivstationen knapp. Wie sieht es im Rhein-Sieg-Kreis aus?

„Entsprechend beansprucht“ sind laut Helios-Sprecherin Janina Decker die Intensivkapazitäten im Klinikum Siegburg „aufgrund der derzeitigen Dynamik“. Insgesamt werden – Stand Mittwoch – 20 Männer und Frauen in der Kreisstadt wegen einer Covid-Erkrankung stationär behandelt. Acht der Erkrankten würden auf der Intensivstation versorgt, sagte Decker.

Insgesamt stünden dort 30 Intensivplätze zur Verfügung. Die Auslastung der Intensivbetten werde auch bei der Planung von „elektiven“ – also nicht unaufschiebbaren – Behandlungen berücksichtigt, um stets eine Versorgung aller Patientinnen und Patienten zusichern. Allerdings ist die Klinik auf mögliche Verschiebungen vorbereitet, wie Decker erklärte. „Wir halten die aktuelle Entwicklung im Blick und sind darauf vorbereitet, zeitnah zu reagieren, zum Beispiel, indem wir – falls notwendig – die Elektivbehandlungen herunterfahren.“

Zahlen zur aktuellen Belegung der Intensivstationen teilten die GFO-Kliniken nicht mit, erklärte Sprecherin Jutta Bassfeld. Aber: „Unser Krankenhausbetrieb läuft“, sagte sie. „Wir sind in der Lage, alle Patienten gut zu versorgen.“

„Krankheiten außerhalb von Corona werden gerade wahnsinnig vernachlässigt“

Deutlich besorgt zeigen sich Ärzte an beiden Standorten der GFO-Kliniken in Troisdorf – St. Johannes in Sieglar und St. Josef in der Innenstadt – aufgrund einer anderen Beobachtung: „Es gibt auch Krankheiten außerhalb von Corona“, sagt Jutta Bassfeld, „die gerade wahnsinnig vernachlässigt werden.“

Immer wieder, so berichten GFO-Ärzte, hätten sich seit Beginn der Pandemie Patientinnen und Patienten vorgestellt, die aus Angst vor Ansteckung erst gefährlich spät in die Klinik gekommen seien. „In der Urologie sehen wir zunehmend Patientinnen und Patienten, die mit einem fortgeschrittenen Blasentumor zu spät zu uns kommen“, berichtet Professor Gerd Lümmen, der Ärztliche Direktor und Chefarzt der Urologie.

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In vielen Fällen hätte dann die komplette Blase entfernt werden müssen – oftmals vermeidbar, wären die Erkrankten früher in die Klinik gekommen. Ebenso werden notwendige Gelenkoperationen von Patienten aus Angst vor Corona und der drohenden Isolation in einer Reha-Klinik aufgeschoben. Dabei, so Orthopädie-Chefarzt Dr. Pierre Göbel, gebe es auf Wunsch auch ambulante Reha-Plätze in der Region.

Professor Frank Grünhage, der Chefarzt für Innere Medizin, appelliert an Erkrankte mit chronischen Herz- und Lungenleiden sowie Erkrankungen der Bauchorgane, bei einer Verschlechterung des Befindens schnell einen Arzt aufzusuchen. Brustschmerzen mit Ausstrahlung in den Arm, Kiefer oder Rücken, Luftnot mit Fieber und Auswurf, Blut im Stuhl oder Bluterbrechen, Gewichtsverlust und Leistungsknick sowie unklare Gewichtszunahme, aber auch hohes Fieber mit Bewusstseinsstörung oder Verwirrtheit sowie Wassereinlagerungen seien Alarmzeichen, die unter Umständen sogar eine Notfallaufnahme im Krankenhaus angezeigt sein lassen.

Mediziner appellieren, Warnzeichen schwerer Krankheiten zu beachten

Schließlich betont auch Professor Sebastian Paus, der Chefarzt der Neurologie: „Schlaganfälle müssen auch in Pandemie-Zeiten sofort behandelt werden!“ Mögliche Vorboten wie Seh- oder Sprachstörungen, einer Lähmung des Gesichtes oder einer Schwäche im Arm oder Bein hätten einige Patienten in den vergangenen Monate nicht abklären lassen und in der Folge Schlaganfälle erlitten. In den meisten Fällen wäre es laut Professor Paus möglich gewesen, bei schneller Ursachenabklärung bleibende Behinderungen zu vermeiden.

Grund zur Sorge vor einer Ansteckung mit Covid-19 im Krankenhaus bestehe nicht, betonen die Troisdorfer Mediziner: Es gebe ein umfassendes Hygienekonzept, das stetig an die neuen Erkenntnisse angepasst werde. Dazu gehören Tests bei der Aufnahme der Patienten ins Krankenhaus, die Isolierung von Infizierten sowie der Verzicht auf den Wechsel von Personal zwischen Stationen mit und ohne Covid-Patienten ebenso wie die Trennung von Untersuchungsgeräten.

Zahlen des Intensivbettenregisters sind fehlerhaft

Wie viele Intensivbetten gibt es, wie viele in der Region? Wie viele davon sind derzeit belegt und wie viele davon wiederum mit Covid-19-Patienten? Antworten auf diese Frage gibt normalerweise das Intensivbettenregister der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).

Aktuell allerdings spiegeln die dort genannten Zahlen für die Kliniken im Rhein-Sieg-Kreis und in Bonn nicht das tatsächliche Geschehen in den Krankenhäusern der Region wider. Das hat die Bezirksregierung nach einem entsprechenden Hinweis dieser Zeitung bestätigt.

Die Zahlen erweckten den Eindruck, als seien während der Pandemie seit dem Ende des vergangenen Jahres zahlreiche Intensivbetten abgebaut worden. Tatsächlich handele es sich um „einen Eintragungsfehler“, teilt die Kölner Behörde mit.

Die Zahl der Intensivbetten in den Kliniken sei nicht verringert worden. Die betroffenen Krankenhäuser seien angeschrieben worden, um die Zahlen zu korrigieren.

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