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„Two Oceans Marathon“Eitorfer schafft den Marathon in Südafrika

Lesezeit 4 Minuten

Eitorf – „Easy, easy“: Den Ruf wird Jörg Löhr so schnell nicht vergessen. Schließlich hat er ihn oft gehört auf dem 56 Kilometer langen Ultralauf von Kapstadt zur False Bay, neben der der Indische Ozean beginnt, und rüber zum Atlantik.

Der „Two Oceans Marathon“ in Südafrika gilt als einer der schönsten Läufe der Welt. Dass er auch einer der härtesten ist, das stellte der erfahrene Marathon-Läufer aus Eitorf auf der Strecke fest: Es gilt zum Teil starke Steigungen zu überwinden. „Bei Kilometer 45 kommt ein Pass, der ist 256 Meter hoch – und man bewegt sich vorher auf Meeresspiegelniveau.“

Endlose Kilometer auf Asphalt, Steigungen – und spektakuläre Streckenabschnitte, die die Veranstalter auf Schildern am Streckenrand ankündigen – wegen der atemberaubenden Aussicht und der Gefahr, davon aus dem Tritt gebracht zu werden . . .

„Easy, easy“ hat Löhr da immer geholfen: Das war das Mantra, das die die Starter begleitenden Zug- und Bremsläufer den Teilnehmern immer zuriefen. „Die wissen genau, wo man seine Kräfte schonen muss, wo man anziehen sollte“, erzählt der 54-Jährige. „Ich hatte Glück, ich war mit einer Gruppe Südafrikaner unterwegs, die mein Tempo hatten – und mächtig viel Stimmung machten.“ Da wurde gesungen und auf das „easy, easy“ im Chor geantwortet. Und der Deutsche auch schon mal in die erste Reihe geschoben, wenn es darum ging, ein spektakuläres Foto zu machen.

„Ich hatte das Handy schon immer eingeschaltet und musste nur kurz anhalten und draufhalten“, erzählt der Biochemiker. „Ich fand sogar, dass mir der kurze Stopp gutgetan hat.“ Aber spektakuläre Fotomotive wie der berühmte Chapmans Peak Drive mit Blick auf die Hout Bay forderten ihren Tribut: „Ich habe die Gruppe verloren, weil ich Fotos gemacht habe.“

Also musste er die letzten zwölf Kilometer ohne „Zugmaschine“ schaffen. Und dann zwickte es plötzlich in der Wade. „Ich habe 25 Marathons gelaufen – und noch nie einen Krampf gehabt.“ Und den wollte er nun auch nicht bekommen. Aber: Die vorsorglich eingesteckten Salztabletten waren im Rucksack von Ehefrau Christine, die mit ihm vor dem Marathon den „Friendship Run“ an der berühmten Kapstadter Waterfront gelaufen war. „Und dann sehe ich an einer Wasserstelle jemanden mit einem riesigen Salzstreuer stehen – und habe im Vorbeilaufen einfach meinen Arm rausgehalten.“

Ganz vorsichtig bog er dann auch in die Zielgerade ein, die ihren Namen nicht verdiente: Denn am Campusgelände der Universität mussten die Läufer über eine hubbelige Rasenfläche laufen. So manchen hat es da erwischt, ein Krampf, Ende. „Auch ich bin bei meinem ersten Schritt gleich in eine Mulde getreten. Aber die Jubelmeile, die wollte ich unbedingt miterleben.“

Knapp in der vorderen Hälfte der immerhin 11.000 Starter konnte sich der Eitorfer platzieren. Aber die erreichte Zeit wurmt ihn doch ein bisschen: sechs Stunden und drei Minuten. Sein Ziel hatte er sich mit einer fünf vorn gesteckt. „Wenn ich zehn oder 15 Foto-Stopps weniger gemacht hätte, dann wäre ich an meiner Gruppe dran geblieben und hätte es wahrscheinlich geschafft.“ Nicht nur deshalb will Löhr, der zu der erlesenen Gruppe der „6-Star-Finisher“ gehört (Läufer, die die sechs großen Marathons der Welt – Boston, Berlin, Chicago, London, New York und Tokio – absolvierten), noch mal beim „Two Oceans Marathon“ starten. Mit angepasstem Training, wie er sagt: „Ich habe zwar meine Trainingsläufe um ein Drittel gesteigert, weil ja auch der Lauf ein Drittel länger ist als ein normaler Marathon.

Aber die Ruhephase vor dem Lauf nicht dementsprechend verlängert.“ Stattdessen startete er beim Bonn-Marathon, „weil der ja nun mal vor der Tür liegt“. Außerdem sei der Lauf in Kapstadt „einfach schön“. Allein der Start, der um 6.30 Uhr noch bei Dunkelheit stattfand, war für ihn ein Gänsehaut-Erlebnis. 2019 hat er für den Wiederholungslauf angepeilt, im nächsten Jahr steht Sydney auf dem Plan. 2020 will er den Rennsteig in Thüringen meistern – immerhin 70 Kilometer. Im Jahr darauf soll dann der Kaiserlauf folgen: der traditionsreichste Ultramarathon der Welt, der Comrades Marathon von Durban nach Petermaritzburg in Südafrika mit 90 Kilometer Strecke und Anstiegen bis zu 800 Metern. „Bei dem Gedanken an die Strecke kann einem schon ein bisschen übel werden, auch wenn man zwölf Stunden Zeit hat“, gibt Löhr zu – und strahlt.

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