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Fall Sandra D. aus EitorfEhemann muss elf Jahre in Haft

Lesezeit 4 Minuten
Seit 2012 wird Sandra Doland aus Eitorf vermisst.

Seit 2012 wird Sandra Doland aus Eitorf vermisst.

Eitorf – Die Spannung war nahezu greifbar, als die Bonner Schwurgerichtskammer um den Vorsitzenden Richter Josef Janßen am Mittwoch den vollen Verhandlungssaal betrat. Im Fall der bis heute verschwundenen Sandra D. (42) aus Eitorf-Bach setzten die Richter den nun beinahe zweijährigen Spekulationen, ob die Frau von ihrem Ehemann getötet wurde, ein vorläufiges Ende: Der 41 Jahre Dirk D. wurde – wie von Staatsanwalt Simon Büchel beantragt – wegen Totschlags zu elf Jahren Gefängnis verurteilt.

Am Ende des reinen Indizienprozess stand für das Gericht fest, dass der Krankenhauskoch, der die Begehung der Tat bis zuletzt bestritt, seine Ehefrau im September 2012 nach einem gescheiterten Versöhnungsversuch tötete. Sandra D. wollte ihren Ehemann damals verlassen und stand unmittelbar vor dem Umzug in eine eigene Wohnung. In diese wollte die 42-Jährige, die auch einen erwachsenen Sohn hat, mit ihrer kleinen Tochter ziehen - beide Kinder sind von anderen Vätern.

Laut dem Urteil gab es zwei ständige Streitpunkte in der Beziehung der Eheleute: Den Umgang mit Geld und die Eifersucht des Kochs. Als Dirk D. am Morgen des 9. September 2012 einen Versöhnungsversuch startete, aber „brüsk abgelehnt“ wurde, „drohte alles zusammenzubrechen“, so der Vorsitzende Richter. „Irgendwann geht das Deckelchen hoch – hier war es so weit“.

Janßen: „Aus Wut, Verärgerung und Enttäuschung hat er ihr einen Stoß versetzt.“ Die Frau fiel die Treppe herunter. Da sie sich jedoch laut Urteil entgegen der Erwartung des Angeklagten nicht tot war, versuchte er zunächst, ihr das Genick zu brechen. Als dies nicht klappte, würgte er seine Frau und schleppte die Bewusstlose dann die Treppe wieder hoch ins Schlafzimmer. Auf dem Ehebett würgte er sie so lange, bis sie tot war.

Die Richter gehen davon aus, dass das Geständnis, das der 41-Jährige gegenüber seiner neuen Lebensgefährtin abgegeben hatte, zu großen Teilen der Wahrheit entspricht. Die Polizei hatte mehrere Gespräche des Angeklagten mit seiner neuen Freundin aufgezeichnet. Vor Gericht behauptete der Koch allerdings, er habe diese Version nur erfunden, um die Gelüste der neuen Frau an seiner Seite zu bedienen.

Dies glaubte das Gericht ihm nicht. Der Kammervorsitzende warf die Frage auf: „Wer denkt sich so viel Versagen aus, wenn es nicht stattgefunden hat?“ Dass der 41-Jährige die Leiche – wie er der Zeugin berichtete - in dem Haus der Familie zerstückelte und im Krankenhausmüll entsorgte, glauben die Richter hingegen nicht. In diesem Fall seien Spuren in dem Haus gefunden worden.

Für sie ist es wahrscheinlicher, dass die Tote „bei Nacht und Nebel weggebracht wurde“, so Janßen. Und weiter: „Der Westerwald ist groß genug. Wenn sie irgendwo im Wald vergraben ist, wird man sie nie mehr finden.“

Dass der Ehemann vor Gericht behauptete, die 42-Jährige habe sich am Tattag abholen lassen, ihm aber nicht verraten wollen, von wem, macht für die Richter „überhaupt keinen Sinn“. Der Richter: „Das hat er nur erklärt, weil er erklären musste, dass beide Autos da sind.“ Als weiteres belastendes Indiz wurde das Zerteilen und spätere Entsorgen der Matratze aus dem Ehebett gewertet. Dies geschah laut Urteil zeitnah zu der Ankündigung der Richter, dass bei der Suche nach der Vermissten Spürhunde eingesetzt werden sollen.

Dass Sandra D. ihre kleine Tochter und ihr Lebensumfeld freiwillig verlassen hat, halten die Richter für ebenso ausgeschlossen wie einen Selbstmord oder einen unbekannten anderen Täter.

Für seinen Mandanten, der die Urteilsbegründung ohne erkennbare Regung verfolgte, kündigte Verteidiger Uwe Krechel an, dass er gegen das Urteil Revision einlegen will. „Erleichtert“ über die Verurteilung zeigten sich hingegen der 20 Jahre alte Sohn von Sandra D. und der leibliche Vater ihrer Tochter. Der Sohn betonte, dass seine Mutter niemals einfach so weggegangen wäre. Er hofft, jetzt mit der Verarbeitung des Geschehens beginnen zu können.

Der Vater der Tochter berichtete, dass das Mädchen von dem Prozess nichts mitbekommen habe. Wie er der Tochter, die nahezu täglich nach ihrer Mutter frage, das alles erklären soll, wisse er noch nicht Es bleibe die Hoffnung, dass sich Dirk D. doch irgendwann mal äußert. „Er hat ja jetzt Zeit“, so der 43-Jährige.

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