Prozess in BonnWindecker soll drei Stiefkinder über Jahre sexuell missbraucht haben

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Missbrauch Prozess Euskirchen 2

Der Angeklagte (l.) mit seinem Verteidiger in dem Gerichtssaal.

Windeck/Bonn – Die Verlesung der Anklage vor der 2. großen Jugendkammer des Bonner Landgerichts dauerte gestern fast eine halbe Stunde. Die Staatsanwältin listete in der mehrseitigen Schrift 52 Fälle auf, einer so ungeheuerlich wie der andere. Es geht um schweren Kindesmissbrauch und Missbrauch von Schutzbefohlenen. Der Angeklagte, ein 34-jähriger Lkw-Fahrer aus Windeck, soll seine drei Stiefkinder, zur Tatzeit neun, sieben und vier Jahre alt, zwischen September 2012 und Juli 2020 missbraucht und vergewaltigt haben. Nicht nur, um seine Lust zu befriedigen, sondern auch um die zwei Schwestern und ihren Bruder zu bestrafen – wegen Nichtigkeiten.

Zwei Mädchen und ein Junge kamen in die Ehe

Der Mann war Vater einer Patchwork Familie. Am 1. September 2015 hatte er seine jetzige Frau (32) geheiratet; die hatte für ihn ihren ersten Ehemann verlassen und brachte die beiden Mädchen und den Jungen mit in die Ehe, beide haben drei gemeinsame Kinder. Er ließ sich von den Stiefkindern Papa nennen.

Doch die Idylle im Windecker Ländchen trog, denn laut Anklage begann der Missbrauch im Herbst 2012, als der „Papa“ die Älteste, damals sieben, in einem Wäldchen unweit des Familienhauses auf dem Beifahrersitz seines Autos vergewaltigt haben soll. Als sie danach geweint habe, soll er gesagt haben, sie dürfe niemandem etwas davon erzählen, das sei „ein großes Geheimnis“. Falls sie doch etwas verrate, käme sie in ein Heim.

Danach soll der Mann von dem Kind nicht abgelassen haben: Im Badezimmer, im Keller, im Wäschezimmer, im Wohnzimmer, im Führerhaus seines Lkw auf einem Rastplatz, in einer Umkleidekabine im Freibad Siegburg, in einer angemieteten Lagerhalle - überall habe das Mädchen ihm zu Willen sein müssen, so die Anklage.

Fall flog am 25. Juli 2020 auf

Parallel soll sich der Angeklagte auch an der jüngeren Schwester, beim ersten Mal gerade neun Jahre alt, vergangen haben. Am 10. Juli 2016 soll er so brutal in sie eingedrungen sein, dass sie einen Dammriss erlitt, der in einem Krankenhaus operiert werden musste. Erstaunlicherweise gaben sich die Ärzte mit der Behauptung des bei der Behandlung anwesenden Stiefvaters zufrieden, das Kind habe sich „beim Tanzen an einer Tischkante verletzt“.

Der Fall flog am 25. Juli 2020 auf. Die Familie machte Urlaub auf einem Campingplatz in Niederbreitbach (Westerwald), wo sie ein Haus hat, als die Mutter an jenem Morgen sagte, sie gehe Brötchen holen, ihr Mann möge in der Zwischenzeit das Frühstück vorbereiten. Als sie vom Bäcker zurückkam und der Tisch nicht gedeckt war, schaute sie im Schlafraum nach und erwischte ihren Mann im Bett mit der damals 13-Jährigen. Die Frau packte sofort ihre Kinder und fuhr zur Polizei, wo sie ihn anzeigte. Tags darauf wurde er festgenommen. Die Eheleute sind inzwischen getrennt.

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Bei den Ermittlungen befragte die Siegburger Kriminalpolizei auch den 2008 geborenen Bruder, der wieder bei seinem leiblichen Vater in Düsseldorf lebte; dabei kam heraus, dass auch er möglichweise ein Opfer ist. Der Angeklagte soll den Jungen etwa im Alter von vier Jahren in seinem Auto und auf einem Spielplatz in Sankt Augustin missbraucht haben. Bei der Attacke auf dem Spielplatz soll er ihm so heftig den Mund zugehalten haben, dass die Nase blutete.

Zum Prozessauftakt gestern machte der Angeklagte keine Angaben zur Person und zur Sache. Sein Verteidiger Peter-René Gülpen kündigte aber an, sein Mandat werde sich am nächsten Verhandlungstag zu den Tatvorwürfen einlassen. Bisher soll er nur vier Fälle eingeräumt und behauptet haben, das Ganze sei eine Lüge der Kinder. Sollte er kein Geständnis ablegen, werden die Opfer in einer Videovernehmung angehört. Sie sollen so traumatisiert sein, dass sie ihren Stiefvater nicht wiedersehen wollen.

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