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Firma WencoHennefer Unternehmen beschäftigt Menschen mit Behinderung

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Das Fahren des Staplers hat Engin Darçam sich angeeignet. Er arbeitet seit 15 Jahren bei Wenco. 

Hennef – Das wuchtige Gebäude des Hochregallagers von Wenco ist weithin sichtbar im Gewerbegebiet West. Dass sich hinter den hohen Wänden ein gutes Beispiel für Inklusion findet, ist dagegen weit weniger sichtbar. Das liegt nicht daran, dass das Unternehmen nur verschämt darüber sprechen mag. Vielmehr ist die Beschäftigung von Menschen mit Handicap gelebter Alltag, und das schon seit vielen Jahren.

Jens Möller treibt Integration und Inklusion voran

Seit mehr als 20 Jahren arbeitet die Firma mit verschiedenen Institutionen zusammen. Inklusion war damals noch kein weit verbreiteter Begriff, Förderschulen hießen noch Sonderschulen. Jens Möller ist heute der Motor hinter den verschiedenen Formen von Integration und Inklusion, die umgesetzt werden. Der Betriebsleiter in Hennef ist seit mehr als 21 Jahren dabei.

Nach seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann hat er in verschiedenen Positionen Verantwortung übernommen, Abteilungen geführt und ist 2009 zum Betriebsleiter aufgestiegen. Das Engagement für Mitarbeiter mit Behinderung hat er von der damaligen Lagerleiterin Monika Dinter, wie er selbst sagt, „gerne übernommen und teilweise auch ausgebaut“.

Nach der Förderschule direkt in den Betrieb

Einer dieser Mitarbeiter ist Marvin Meinke. Der heute 21-Jährige hat zwölf Jahre lang eine Förderschule in Bonn besucht. Durch Schülerpraktika und Ferienjobs hatte er Wenco kennengelernt, in eine betreute Werkstatt wollte er nicht. Über den Integrationsfachdienst Bonn und die Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg ging es um den Übergang von der Schule in den Beruf. „Die wollten erst nicht, aber ich habe das durchgesetzt“, erzählt Meinke selbstbewusst. „Das war mein Ziel.“

Mit einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag ging es los, dieser wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Der Eitorfer, der jeden Morgen mit Bus und Bahn anreist, brachte den Pappmüll mit dem Hubwagen zur Presse. Nach zwei Jahren wurde das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt. Heute klebt er zusätzlich noch Kartons zusammen.

„Es war nicht immer einfach“

Der Umbau des Lagers hat ihn irritiert, er musste sich neu orientieren. „Wir mussten dran arbeiten“, sagt Möller, „wir haben überlegt: Was können wir tun?“ Ein Job-Coach wurde Meinke an die Seite gestellt, der mit ihm den Arbeitstag verbrachte. Der bremste ihn zum Beispiel ein. Denn er war immer zu schnell unterwegs. „Der Raser“ nannten ihn seine Kollegen.

Jetzt gibt es einige, die ihm zurufen: „Mal langsam.“ Der Betrieb hat ihm einen vernünftigen Arbeitsplatz eingerichtet und einen gescheiten Paketbandabroller beschafft, außerdem die Arbeitszeit auf 30 Stunden reduziert. „Vieles hat sich eingespielt“, freut sich Möller, „es war nicht immer einfach, wir haben viele Gespräche geführt.“

„Ich gebe alles, bin pünktlich und zuverlässig“

Ironie ist so ein Thema. Eine Kollegin hatte den jungen Mann angeflachst, wenn das nicht klappe, müsse er das riesige Lager fegen. Meinke nahm das ernst und konnte die Nacht darauf nicht schlafen. Engin Darçam ist schon seit fast 15 Jahren bei Wenco. Er kam von Intec, der Behindertenwerkstatt in Siegburg, mit der die Hennefer lange und erfolgreich zusammenarbeiten.

Der heute 51-Jährige hat 2000 bei Intec angefangen und 2004 bei Wenco ein Praktikum gemacht. „Ich wollte draußen arbeiten und mehr Geld verdienen. Ich gebe alles, bin pünktlich und zuverlässig“, erzählt er. Am 1. Januar 2005 bekam er den Job. Er ist im Wareneingang, kommissioniert, packt aus, überprüft die Ware, packt Paletten ab und fährt Stapler, alles Fähigkeiten, die er sich Stück für Stück angeeignet hat. „Ich bin froh, dass ich hier arbeite“, gesteht der Niederkasseler, der eine Frau und zwei Kinder hat. „Ich erhalte Vertrauen, und ich zeige, was ich kann.“ Im Lager angekommen, flachst er mit seinen Kollegen.

Inklusion ist bei Wenco mehr als eine Worthülse

„Jeder findet seine Nische, die er gerne macht“, ist sich Möller sicher. Doch es ist Arbeit wie jede andere auch, die gemacht werden muss. Blauäugig ist der Betriebsleiter dabei nicht. „Es gibt genug Beispiele, wo das nicht klappt. Dann geht es zurück in die Werkstatt.“

Auch der Übergang von der Schule direkt in die Firma funktioniert nicht immer. Denn an einem kann Jens Möller nicht vorbei: „Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen.“ Aber eins, in dem Inklusion nicht nur eine Worthülse ist.

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