Grüne auf Wolke siebenSo bewerten Parteispitzen im Kreis Ergebnisse der Wahl

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Symbolfoto

Rhein-Sieg-Kreis – Mehr als 20 Prozent weniger Stimmen bei den Christdemokraten, erdrutschartige Verluste bei den Sozialdemokraten und mehr als das Doppelte an Stimmen bei den Grünen. So haben die Wähler an Rhein und Sieg bei der Europawahl am Sonntag abgestimmt. AfD und FDP bescherten sie Gewinne, der Linken Verluste. Katerstimmung oder Hochgefühl – am Tag danach haben wir Politiker aus den Kreisvorständen befragt.

CDU

Lieber heute als morgen würde die CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker aus Siegburg die große Koalition in Berlin beenden. Sie habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie schon nach der Bundestagswahl der sogenannte Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP den Vorzug gegeben hätte. „Jetzt fühle ich mich bestätigt,“ sagte sie am Montag. Die Grünen seien jetzt „unser wichtigster Mitbewerber“. Ein Wechsel jetzt wäre „das Beste für uns. Günstiger als die Fortsetzung der Großen Koalition“, erklärte Winkelmeier-Becker und verwies nicht zuletzt auf die Zusammenarbeit mit den Grünen im Rhein-Sieg-Kreis.

Positiv bewertete die Kreischefin der Union, dass die CDU immer noch stärkste Fraktion sei, „allerdings auf einem Niveau, mit dem wir nicht zufrieden sind“. Als Gründe für das schlechte Abschneiden ihrer Partei macht sie die Konzentration der Diskussion auf den Klimaschutz, den YouTube-Beitrag gegen die Union und die Diskussion über das Urheberrecht aus. Ihre Partei müsse neu darüber nachdenken, welche Themen wichtig sind. Beim Klimaschutz gehe alles sehr langsam. „Soviel zeit haben wir nicht“, meint Winkelmeier-Becker. Allerdings stünden Veränderungen im Bund auch 13 Prozent AfD entgegen. Beim Urheberrecht sieht sie manche Fakten falsch dargestellt. Da komme es jetzt auf eine gute nationale Umsetzung an.

Grüne

„Ich bin immer noch fassungslos. Wir haben unser Ergebnis mehr als verdoppelt, das finde ich großartig“, freute sich Grünen-Sprecherin Nada Catic aus Troisdorf. Die Themen der Grünen, Umwelt, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit seien den Menschen offenbar wichtig. „Deshalb sind wir gewählt worden.“ Bei den anderen Parteien seien diese Themen nur Randnotizen gewesen. Catic freute sich über die hohe Wahlbeteiligung. „Das hatte sich schon während des Wahlkampfes angedeutet“, sagte sie. Erfreulich bewertete sie das „eher schwache“ Abschneiden der AfD. „Das war deutlich weniger als von denen erwartet“, stellte sie fest.

SPD

„Ein einziges Desaster“ kommentierte der stellvertretende Kreisvorsitzende der SPD, Achim Tüttenberg aus Troisdorf das Ergebnis der Europawahl. Die Sozialdemokraten an Rhein und Sieg hätten sich vom Bundestrend nicht abkoppeln können, obwohl vor Ort in den Kommunen gute Arbeit geleistet werde. „Aber das wird bei so einer Wahl nicht eingepreist.“ Jetzt gelte es, mit den Leuten, die bereit seien, sich einzubringen, die Kommunalwahl im nächsten Jahr ins Auge zu fassen. Da gelte es, glaubhafte Personen in den Vordergrund zu stellen. Als „erfreulich“ bei den Ergebnissen der Mitbewerber wertete Tüttenberg das Abschneiden der AfD, die nicht so viele Stimmen wie befürchtet und nicht so viele, wie selbst erhofft bekommen habe.

FDP

Enttäuscht aber gefasst reagierte die Bundestagsabgeordnete und FDP-Kreisvorsitzende Nicole Westig aus Bad Honnef: „Wir hätten uns natürlich, bei den Verlusten der Volksparteien, mehr erhofft. Aber wenn ich mir die Ergebnisse im Rhein-Sieg Kreis anschaue, sind wir mit soliden Ergebnissen unterwegs“, ließ sie schriftlich mitteilen. Besonders stolz seien die Liberalen auf einen Zugewinn von drei Prozent in Lohmar, ohne dass dort eine Fraktion im Rat sei. „Die FDP Hochburgen Bad Honnef mit 8,69 Prozent und Wachtberg mit 8,85 Prozent sind stabil – das stimmt mich optimistisch für die Zukunft und die Kommunalwahl.“

Linke

„Im Rhein-Sieg-Kreis sind wir noch einmal glimpflich davongekommen“, meint der Bundestagsabgeordnete der Linken, Dr. Alexander Neu. Bundesweit sei das Ergebnis „desaströs“, aber angesichts des schlechten Bildes, das seine Partei derzeit auf Bundesebene öffentlich abgebe, auch nicht verwunderlich. Wenig tröstlich empfindet es Neu, dass die Linke im Rhein-Sieg-Kreis, verglichen mit anderen ländlichen Kreisen in Nordrhein-Westfalen, wieder an einer Spitzenposition stehe. Von seiner Partei erwartet der Politiker eine schonungslose Analyse. Schon jetzt ist es für ihn keine Frage, dass das Thema Klimawandel auch bei der politischen Ausrichtung der Linken mehr Gewicht haben müsse.

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AfD

Von der AfD äußerte sich Barbara Brenner-Rothe aus Troisdorf schriftlich: „Wir hatten sicher auf den einen oder anderen Prozentpunkt mehr gehofft. Aber in Anbetracht der massiven Störungen, denen unser Wahlkampf auch im Rhein-Sieg-Kreis ausgesetzt war, können wir mit dem Abschneiden insgesamt zufrieden sein. Immerhin haben wir unser Ergebnis der letzten EU-Wahlen um knapp vier Prozent verbessern können. Das ist natürlich auch den tollen Ergebnissen unserer Partei in Ostdeutschland geschuldet. Dass wir in Sachsen und Brandenburg ausgerechnet in den beiden Ländern, in denen im Herbst Landtagswahlen stattfinden, zur stärksten Kraft gewählt wurden, freut uns besonders.“

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