„Obstkäppchen“Verein möchte Senioren mit Früchten beschenken und Kontakte fördern

Lesezeit 3 Minuten
Obstkäppchen der ersten Stunde: (v. l.) Johannes Radschinski, Carina Raddatz und Christopher Kossack wollen im Dezember mit ihren Obstlieferungen beginnen.

Obstkäppchen der ersten Stunde: (v. l.) Johannes Radschinski, Carina Raddatz und Christopher Kossack wollen im Dezember mit ihren Obstlieferungen beginnen.

Hennef – Das Märchen von Rotkäppchen kennt wohl jeder, in Hennef machen sich bald ganze Scharen von „Obstkäppchen“ auf den Weg und bringen Lebensmittel zu älteren Menschen. Allerdings haben sie – anders als das kleine Mädchen aus dem Märchen – keinen Wein dabei, sondern reichlich Vitamine.

Carina Raddatz und Chris Kossack wollen mit ihrem Verein zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, um im Jargon der Brüder Grimm zu bleiben: Senioren, die es nicht so dicke haben, mit frischem Obst und Gemüse versorgen; und junge Leute, Studenten und Berufsanfänger, in Kontakt bringen mit der Großelterngeneration.

Wenn samstags das „Obstkäppchen“ klingelt mit der großen Papiertüte, werden auf jeden Fall ein paar Worte gewechselt, und vielleicht wächst daraus auch ein intensiverer Kontakt, hoffen die Initiatoren. Bei einer Tasse Kaffee ließe es sich doch noch viel besser plaudern.

Initialzündung in Köln

Raddatz und Kossack, beide 25, kennen sich seit ihrer Kindheit: „Wir haben immer mal darüber gesprochen, uns sozial zu engagieren.“ Doch nach dem Abitur ging’s erstmals ins Studium, Kossack arbeitet nach dem Abschluss in Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Sankt Augustin in einer Unternehmensberatung.

Raddatz studierte Wirtschaftspsychologie in Köln, machte in England den Master in Internationale Beziehungen und war schon auf dem Weg zur Doktorarbeit, als der Brexit dazwischenkam. „Das hat mir nicht gefallen und mich nach Hennef zurückgebracht.“ Sie arbeitet als Personalberaterin.

Als sie in Köln eine alte Dame sah, die in einem Mülleimer wühlte, war das die Initialzündung. „Es kommt doch nicht nur darauf an, möglichst schnell Karriere zu machen und viel Geld zu verdienen“, da sind sie sich einig. Mit Freunden entwickelten sie Ideen, was sie ganz persönlich tun könnten, um der Altersarmut zu begegnen.

Dann knüpften Kossack und Raddatz Kontakte zu potenziellen Lieferanten, Lebensmittelhändlern und Landwirten; und zu Vertretern von Institutionen, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen, die sich um arme, bedürftige und ältere Menschen kümmern.

Immer größere Kreise

Die Idee zog immer größere Kreise, so dass die Aktion im Dezember starten kann. Der Verein wächst und gedeiht, die Mitgliederwerbung läuft vor allem über persönliche Kontakte und Facebook, bald auch direkt an den Hochschulstandorten in der Region, so am Campus Sankt Augustin und an der Uni in Bonn. Zur Kampagne gehört auch ein Logo. Marketing haben sie schließlich gelernt, und auch eine gute Sache braucht „Verkaufsstrategien“. Der wichtigste Schritt: Das Finanzamt hat die Gemeinnützigkeit anerkannt, so dass Spenden absetzbar sind und leichter akquiriert werden können.

Viele aus dem Freundes- und Bekanntenkreis wollten mitmachen und könnten es kaum erwarten, die Tüten zu packen und loszuziehen, freuen sich die Initiatoren. Die Hennefer holen freitags die Lebensmittel ab, lagern diese über Nacht in einem Raum in Carina Raddatz’ Elternhaus.

Am Tag danach schwärmen die Obstkäppchen aus. Die Senioren, die einverstanden sind mit der Belieferung, werden zunächst einmal im Monat Besuch bekommen, später eventuell auch häufiger. Als Konkurrenz zur Lebensmittelausgabe der „Tafel“ sehen sie sich nicht. „Viele Menschen, die einen Anspruch hätten, gehen aus Scham nicht zur Tafel“, haben sie erfahren. Aber ein solcher Lieferservice bis an die Wohnungstür sei erstmal unverdächtig. Niemand wisse ja, dass die Früchte kostenlos seien.

www.obstkaeppchen.de

KStA abonnieren