„Überwältigender Zuspruch“Studentinnen sammeln Spenden für Flüchtlingslager in Calais

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In einem großen Zimmer bei Freunden in Happerschoß sortierten die Initiatorinnen die vielen Spenden.

In einem großen Zimmer bei Freunden in Happerschoß sortierten die Initiatorinnen die vielen Spenden.

Hennef – Es war die klassische Schnapsidee. Die 22 Jahre alte Laura Elbing hatte nach einem Bericht der „Seebrücke“ die Situation der Flüchtlinge im Lager bei Calais in Frankreich beschäftigt. Rund 1000 Menschen leben dort, unter gerade im Winter schwierigen Bedingungen. „Da habe ich einen Post in den sozialen Medien abgesetzt“, erzählt die Studentin. Sie wollte Kleidung, Schlafsäcke und Zelte sammeln, nachdem sie sich über die Organisation „Care4Calais“ informiert hatte, was gebraucht wird. „Eigentlich wollte ich mit dem Familienauto und unserem Anhänger da hinfahren. Doch das ist immer größer geworden.“

Mit Julia Samson und Maria Pilars de Pilar gründete sie „We for Calais“, nur gemeinsam konnten sie bewältigen, was sie selbst angestoßen hatten. Die 21 Jahre alte Samson erinnert sich: „Ich wollte etwas Sinnvolles in einer sinnfreien Zeit machen.“ Vor Weihnachten überlegte sie, wohin sie spenden solle. „Dann habe ich von Lauras Idee gehört.“ Die beiden sind in Maastricht eingeschrieben in „European Studies“, derzeit ist ein Präsenzstudium aber kaum möglich. So hatten sie Zeit.

„Die Ressourcen sind ungerecht verteilt“

Pilars de Pilar ist die Dritte im Bunde. Die 22-Jährige studiert Modemanagement in Amsterdam, war dort eingebunden. Deshalb hat sie die Logistik und Administration im Hintergrund organisiert. „Ich wollte im vergangenen Sommer nach Lesbos fahren, um in Moria zu helfen, aber das ging nicht“, unterstreicht sie ihr Engagement für geflüchtete Menschen. „Jesus in der Krippe ist ja auch ein Flüchtlingskind.“ Sie war von Elbings Projekt sofort angetan.

Soziale Interaktion

„Care4Calais“ ist eine freiwillige Wohltätigkeitsorganisation. Sie unterstützt und hilft Flüchtlingen in Nordfrankreich und Belgien, die dort unter schlechtesten Bedingungen leben. Allein in und um Calais harren etwa 700 Menschen, hauptsächlich kommen sie aus Nordafrika, Afghanistan und dem Nahen Osten, aus. Wöchentlich verteilen die Helfer Kleidung, Schuhe, Schlafsäcke und Toilettenartikel, effektiv, freundlich und würdevoll. Vor allem aber bieten sie auch soziale Interaktion. Außerdem besuchen sie zwei Mal in der Woche das Lager im belgischen Dunkerque.

Clare Moseley hat „Care4Calais“ 2015 gegründet. Sie ließ Familie und Beruf zurück, um im damaligen „Dschungel-Camp“ die vielen Tausend Menschen während der Flüchtlingskrise zu unterstützen, schon damals mit Kleidung und Schlafsäcken. (rvg)

Die hatte den ganzen Januar für die temporäre Aktion eingeplant. „Die Ressourcen sind ungerecht verteilt“, sagt sie. „Jeder von uns, die wir privilegiert sind, hat doch zwei, drei Pullover, die er nicht mehr trägt.“ Überrascht war sie mit ihren Mitstreiterinnen von der ungeheuren Reichweite, die sie in kürzester Zeit realisierten. Aus ganz Deutschland, sogar aus dem Ausland, trudelten Pakete ein, von Familienangehörigen ebenso wie von Freunden und Fremden. Die Deutzer Flohmarktfrauen sind ebenso dabei wie der Bergische Wanderverein und ein Hennefer Chor. Der Ehrenfelder Fußballverein SC West hat eine Sammelaktion für sie organisiert.

„Dieses Projekt zeigt, wie einfach es eigentlich ist.“

Samson erinnert sich noch an den ersten Sortiertag, 14 Tage nach Start der Sammlung. Da stapelte sich die Wäsche schon in drei Lagerräumen, bei Freunden und im Keller der Praxis von Osteopath Dieter Burkert-Elbing in der Kölner Südstadt. „Überwältigt waren wir von der Qualität der Sachen, viele Menschen haben richtig gute Kleidung gegeben.“ Der Gedanke der Ressourcenumverteilung sei bei etlichen angekommen.

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Pilars de Pilar wollte immer schon helfen, fand es aber oft schwierig oder fühlte sich hilflos. „Dieses Projekt zeigt, wie einfach es eigentlich ist.“ Samson ergänzt: „Wir können als Privatpersonen selbst eingreifen, weil Europa und die Institutionen nichts machen.“ Getragen werden sie auch von den bislang durchweg positiven Rückmeldungen zu ihrem Handeln. Das einzig vielleicht „Negative“ ist die Sorge der Familien, wenn sie mit den beiden Sprintern nach Calais fahren. Eine Großmutter hat schon eine Kerze aufgestellt.

Mehrere Tausend Kleidungsstücke, 200 Schlafsäcke, etwa 100 Zelte sind zusammen gekommen. Ihre Mammutspende haben sie bei einem Treffen mit „Care4Calais“ in einem Lagerhaus abgegeben. „Wir sind total herzlich von den internationalen Freiwilligen aufgenommen worden“, sagt Laura Elbing. Am Nachmittag ist das Trio mit zu einem Treffpunkt gefahren. „Wir haben Heißgetränke ausgegeben und hatten gute Kontakte.“ „Der Flüchtling“ hat für sie ein Gesicht bekommen. Sie können sich vorstellen, ihr Projekt im Sommer zu wiederholen.

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