Abgas-Problem gelöst?Zwei Hennefer entwickeln neues Syntheseverfahren für Diesel

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Komplizierte physikalische Vorgänge, wie die Nutzung von Energien, versuchen Waldemar Lewtschenko (links) und Anton Ledwon dem Laien unter anderem mit einer Balkenwaage zu erklären.

Komplizierte physikalische Vorgänge, wie die Nutzung von Energien, versuchen Waldemar Lewtschenko (links) und Anton Ledwon dem Laien unter anderem mit einer Balkenwaage zu erklären.

Hennef – Entspringt im Rhein-Sieg-Kreis die Revolution der Kraftstoffproduktion? Ist das Abgasproblem gelöst? Wie ein Wunder klingt, was der Hennefer Waldemar Lewtschenko und Anton Ledwon aus Spich erzählen. Demnach haben sie herausgefunden, wie man „sauberen“ Diesel herstellt.

Im „Denkzimmer“ unterm Dach eines Reihenhauses in Geistingen erläutern Ledwon und Lewtschenko ihre Erfindung, was gegenüber Laien nicht so einfach ist. Wasser und eine kohlenstoffhaltige Flüssigkeit wie Alt-, Schwer- oder Heizöl sind die Zutaten. Was damit in einem Reaktor passiert, ist „ein ganz komplizierter synthetisierender Prozess“, sagt Ledwon, „etwas Grandioses“, so Lewtschenko. Es wirke ein physikalischer Effekt, den sie – zusammengesetzt aus zwei Silben ihrer Vornamen – den Walton-Effekt nennen. Im Ergebnis werden aus langkettigen wertvolle kurzkettige Verbindungen.

Hergestellter Diesel entspricht Abgasvorschriften

Die beiden Tüftler betonen, dass keine Tenside zum Einsatz kämen, keine Emulsion, also kein Diesel-Wasser-Gemisch entstehe. Vielmehr ändere sich die Struktur. Moleküle würden getrennt und neu zusammengefügt. Das funktioniert nicht nur in der Theorie. In einem Kellerraum des Reihenhauses haben die Männer es mit selbst gebauten Apparaturen ausprobiert. In einem Regal stehen Schraubgläser und Saftflaschen mit selbst produzierten Kraftstoffen.

Im Kellerregal: In Gläsern und Flaschen werden die synthetisch erzeugten Kraftstoffe aufbewahrt.

Im Kellerregal: In Gläsern und Flaschen werden die synthetisch erzeugten Kraftstoffe aufbewahrt.

Clou der Erfindung ist, dass der Reaktor ohne hohen Druck oder große Hitze arbeitet, sondern mit gesteuerten Tonfrequenzen. „Es werden Schwingungen in Resonanz gebracht“, erläutert Ledwon. Der Vorteil der Methode liege in einem vergleichsweise sehr kleinen Energieeinsatz. Treffend findet der 59-Jährige den Vergleich mit einem Judoka, der die Bewegungsenergie des Gegners nutzt.

Mit einem 30 Jahre alten Mercedes ohne Katalysator trat das Duo bei Tests durch unabhängige Dritte den Beweis an, dass ihr Diesel den Abgasvorschriften mehr als genügt. Sowohl ein Drittel weniger Stickoxide als auch 95 Prozent weniger Rußpartikel als bei herkömmlichem Diesel würden ausgestoßen. „Das ist mehr als Euro 6, das ist Euro 10“, kommentiert Ledwon die Messergebnisse. Zudem laufe der Motor ruhiger, berichtet Lewtschenko. Wegen der geringeren Schadstoffemission sei ihr Diesel, der auch anders rieche, nicht zuletzt für die Schifffahrt interessant.

Für ihr Syntheseverfahren, das 2015 zum Patent angemeldet wurde, sieht der 53-jährige Hennefer ein breites Anwendungsspektrum, etwa in der Kosmetik oder Speiseindustrie. Nicht nur Sprit, sondern auch Polymere und Kristalle ließen sich erzeugen.

Auf den wissenschaftlichen Ritterschlag müssen die zwei Erfinder noch warten. Eine Anerkennung sei schwierig, weil die vorhandenen physikalischen Erkenntnisse nicht ausreichten. „Es geht um etwas Neues, das erst begriffen werden muss.“ Indes sind Forscher in den USA bereits aufmerksam geworden. Ledwon nennt Professor Dr. Jochen Lauterbach von der University of South Carolina, der den Walton-Effekt näher untersuchen wolle.

Unter der Lupe: Mit ihrer Reaktortechnik können die Erfinder auch Polymere und Kristalle erzeugen.

Unter der Lupe: Mit ihrer Reaktortechnik können die Erfinder auch Polymere und Kristalle erzeugen.

Unter der Überschrift „Alchemie im Hobbykeller“ hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ voriges Jahr den Besuch eines Maschinenbaudozenten der gleichen Universität beschrieben. Und ein Fernsehteam klopfte jüngst an, um einen Beitrag für die Sendung „Galileo“ zu drehen.

Größere Menegn von neuem Diesel herstellen

Auch Geldgeber ließen sich bereits überzeugen, dass Lewtschenko und Ledwon nichts aus der Trickkiste zaubern. In der Holsteinischen Schweiz wird die Hennefer Entdeckung von der Heion GmbH weiterentwickelt. Dort können größere Mengen des neuen Diesels hergestellt werden als in der Kellerwerkstatt. „Wir wollen zum 1. März eine Halle in Siegburg mieten, um nicht immer nach Norddeutschland fahren zu müssen“, berichtet Ledwon.

Auf dem Reißbrett: Fahrzeuge mit Additionsgetriebe nebst Energie-Rückgewinnungsfunktion.

Auf dem Reißbrett: Fahrzeuge mit Additionsgetriebe nebst Energie-Rückgewinnungsfunktion.

Ein neuer Reaktor soll dort entstehen mit elektronischer Überwachung anstelle der Ton-Kontrolle per Ohr wie beim Prototyp. Eine konstante Qualität des Diesels sei nämlich Voraussetzung für die nun angestrebte Zulassung durch das Kraftfahrt-Bundesamt. Die Frage einer Massenproduktion stelle sich noch nicht.

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