Unwetter in HennefDie Regenfluten haben verheerende Schäden verursacht

Lesezeit 4 Minuten
Lanzenbach_Schild_Unwetter

Anderthalb Meter hoch war die Schlammlawine in Lanzenbach.

Hennef – Dicke Schlammschichten auf Treppenstufen und in Hauseingängen, in Kellern, auf Gehwegen und Fahrbahnen. Von feuchtem Sediment überzogene Möbel, ganze Wohnungseinrichtungen und sogar Fahrzeuge über mehrere Meter weggespült. Es waren Bilder der Verwüstung, die sich am Samstagmorgen in Teilen Hennefs boten.

Starke Gewitterregen, Sturm und Hagel ließen den Wolfsbach am Freitagabend über die Ufer treten, ein riesiger brauner Strom schoss von Söven herab, drang in die Bonner Straße ein – die Unterführung Theodor-Heuss-Allee war bis zum Rand unterspült, Wasser und Schlamm drangen über den Kreuzungsbereich Königstraße/Fritz-Jakobi-Straße bis zum Schulzentrum.

450 Feuerwehrleute waren im Einsatz

Unter der Leitung von Stadtbrandinspektor Markus Henkel waren die Feuerwehr Hennef mit den Löschzügen Hennef und Uckerath sowie den Löschgruppen Happerschoß, Stadt Blankenberg und Söven im Einsatz. Hinzugerufen wurden dann Kräfte aus dem gesamten Kreis sowie aus Euskirchen und auch das Technische Hilfswerk. Insgesamt 450 Feuerwehrleute kämpften gegen die Fluten und den Schlamm, 530 Einsätze hatten sie in der Nacht; am Samstag ging es für sie weiter: Die Feuerwehren pumpten Keller aus, beseitigten Überflutungen von Straßen und unterstützten bei der Einrichtung von Straßensperrungen.

Die von der Stadt aufgestellten und längt vollen Container sollen am Montag geleert und neu aufgestellt werden. Eine Schadensbilanz gibt es noch nicht, Menschen wurden aber nicht verletzt. (amh)

Böse erwischte es vor allem die Ortsteile Lanzenbach, Edgoven und Geistingen. „Alles ist kaputt“, erklärte Xhavit Kasumi, „wir konnten nicht viel machen, nur zuschauen und warten.“ Kasumi wohnt in einem Mehrfamilienhaus an der Theodor-Heuss-Straße. Gemeinsam mit Nachbar Reinhard Faßbender hatte er gerade noch Waschmaschinen aus dem Keller in Sicherheit gebracht. Minuten später trieben alle anderen dort untergebrachten Gegenstände in der fast einen Meter hoch stehenden braunen Brühe.

1,5 Meter hohe Flut wälzte sich durch Gärten

In etwa zur gleichen Zeit klingelte bei Udo Siebertz in Kaldauen das Telefon. „Ich komme nicht mehr zur Haustüre raus“, erklärte ihm seine Mutter Christa. Sie ist eine der Hauptbetroffenen im Stadtteil Lanzenbach. Bis zu 1,5 Meter hoch wälzte sich der Rosentalbach durch Gärten, Gartenhäuser und Garagen, riss ein Brückenbauwerke mit und schob eine Lawine aus Schlamm und Gegenständen über die Talstraße bis tief in die Auenwiesen am Hanfbach.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Ein riesiges Glück, dass hier niemandem etwas passiert ist“, kommentierte Edmund Heller die Katastrophe. Er hatte einem Ziegenbock und zwei Ziegen aus dem Stall eines Nachbarn gerettet, die völlig verängstigten Tiere waren auf eine Ebene unter dem Dach geflüchtet. Für den Vorsitzenden des Bürgervereins Lanzenbach war klar: Container mussten her und Pumpen, die das Wasser aus den Häusern befördern.

Wie viele andere kämpfte Ursula Arndt (44) bei den Aufräumarbeiten mit den Tränen. Rund um das Einfamilienhaus an der Talstraße türmten sich am Samstagmittag durch Wasser und Schlamm kaputte Möbel und Hausrat, in einer Kiste stapelten sich jetzt unbrauchbare Unterlagen aus ihrem Büro.

Das Erdgeschoss bleibt vorerst unbewohnbar, ihre Arbeitszimmer im Souterrain sind völlig zerstört. „Zwar ist weitgehend alles digitalisiert“, so die Versicherungsmaklerin, „trotzdem ist vieles unwiederbringlich verloren.“ Besonders tragisch: Von der Katastrophe hatte sie auf dem Rückweg aus dem Urlaub in Teneriffa erfahren, auf dem Frankfurter Flughafen die Videos gesehen, die zeigten, was mit ihrem Haus geschieht, „es war ein Albtraum.“

Am Morgen danach tröstete sie vor allem die ungeheuer große Hilfsbereitschaft im Ort. Mit Schaufeln, Eimern, Besen, Pumpen, Wasserschläuchen und Hochdruckreinigern rückten zahllose Männer und Frauen aus dem Ort und der Umgebung an, standen teils knietief im zähen Schlick.

In Gärten und Häusern wuchteten sie zerstörte Bauteile, Steine, Gehwegplatten und Hausrat, beförderten mit Schubkarren und bloßen Händen die Hinterlassenschaften der Horrornacht in die Container, säuberten – soweit es ging – Gärten und Wohnräume.

Julian Mertens ist einer von ihnen. Der 29-Jährige hatte Videos in den Sozialen Medien gesehen, half bei der Rettung der Tiere, der Sicherung stromführender Panzerkästen und den Aufräumarbeiten.

Fassungslos und schockiert beobachteten Peter Hoffmann und Ehefrau Ilke die Aufräumarbeiten an der Ecke Im Rosenthal/Talstraße. Noch in der Nacht hatte der 73-Jährige Dielen vor den Hauseingang gesetzt, umsonst. Im Haus waberte am Samstag der beißende Geruch von Heizöl; im Keller schwappte die stinkende Brühe, das Erdgeschoss des Einfamilienhauses, Gemüsegarten und Terrasse waren bedeckt mit der schmierigen Masse.

Bereits 1991 und 2005 haben die Hoffmanns Unwetter mit Überschwemmungen durchgemacht, „aber das war hiermit nicht zu vergleichen, nicht so dermaßen extrem“. Wie so viele andere hofft das Ehepaar auf schnelle Hilfe der Versicherung, am Montag kommt der Sachverständige.

Die Auswirkungen der immensen Regensäule über den Berggemeinden Rott und Söven traf auch Edgoven besonders dramatisch. „Kärcher, Schippe, Besen, helfen“, lautete die Mission von Andreas Papke.

Gegen elf Uhr hatte sich der in Geisbacher aufgemacht, um in Edgoven zu helfen. In dem eng bebauten Wohngebiet war der Lüppigsbach zum reißenden Fluß geworden, das Wasser schoss in einer braunen Flut die Ergometer Straße herunter und setzte den Anwohnern enorm zu. Auch die städtische Kindertagesstätte „Vogelnest“ wurde überschwemmt und wird bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Die 69 Kinder müssen zu Hause bleiben.

KStA abonnieren