Klassentreffen nach 70 JahrenErinnerungen an Grießbrei und Corned Beef aus der Dose

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In der Volksschule Steinstraße gab es nach dem kärglichen Frühstück daheim  Grießbrei und Corned Beef. 

Hennef – Grießbrei, Maisbrot und Corned Beef aus Dosen gab’s zur Schulspeisung. Das ist 70 Jahre her, und Hunger hatten die Kinder fast immer. „Wir waren alle sehr dünn. Ich bin mit Brotscheiben, Rübenkraut und Margarine groß geworden, die von einem großen Block abgeschnitten wurde“, erinnert sich Bernhard Schellberg (76) im Restaurant „Poseidon“, wo sich die einstigen i-Dötzchen der katholischen Volksschule Hennef treffen. Eine Lehrerin namens Fräulein Schmitz unterrichtete damals an der Steinstraße 42 Erstklässler. 31 leben noch. 17 von ihnen veranstalteten nun ein Klassentreffen und tauschten Erinnerungen aus.

Die meisten sind in ihrer Heimatstadt geblieben. Deshalb hat es lange bis zum ersten Klassentreffen 1978 gedauert; und auch der Abstand bis zum zweiten Treffen 2012 war sehr groß: „Wir treffen uns in Hennef ohnehin oft, etwa beim Kegeln oder im Karneval“, meint Hans Gerhards. Oder beim Einkaufen auf der Straße. Dort, so erinnert sich der 75-Jährige, spielte sich in der Nachkriegszeit das Leben der Kinder ab. Jeden Nachmittag ging es nach draußen.

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Vor dem Restaurant „Poseidon“  versammeln sich die Ehemaligen zum Gruppenfoto.     Acht Jahre haben sie gemeinsam in einer Klasse gelernt und viel erlebt – so lange blieben die Schülerinnen und Schüler damals in der  Volksschule zusammen.

„Spielzeug gab es nicht, wir haben mit Autoreifen gespielt oder mit einem Knüppel und Blechdosen Hockey. Die Nachbarn ärgerten sich dann über den Krach.“ Dafür gab es kaum Autolärm. Manchmal spannten die Kinder eine Luftschlange über die Frankfurter Straße – wo man auch Völkerball spielte – und warteten, bis ein Pkw durchfuhr. „Das konnte zehn Minuten dauern.“ Besaß ein Kind Fahrrad oder Rollschuhe, profitierten alle aus der Nachbarschaft davon.

Schiefertafeln und Schönschrift

„Wir haben noch Schönschrift gelernt. Die Hausaufgaben machten wir auf Schiefertäfelchen“, berichtet Schellberg. Das Auswendiglernen gehörte zum Unterricht; neben Gedichten memorierte man fleißig Bibelzitate. Und es gab noch Körperstrafen: Wurde ein Schüler beim Pfuschen erwischt, musste er eine Hand ausstrecken. Auf die Fingerspitzen schlug dann der Lehrer mit einem Stöckchen.

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Die Mädchen trugen Kleider, die von den Müttern oft aus abgetragenen Sachen genäht wurden, viele Jungen kamen in Lederhosen zur Schule. 

„Auch das seitliche Hochziehen der Haare war eine Strafe, ebenso wie das Stehen in einer Ecke, wenn man unpünktlich war“, so Schellberg. Beiläufig berichten die Klassenkameraden darüber. „Wir waren halt hart gestrickt und kannten es nicht anders“, meint Gerhards lapidar. In der dritten Klasse zog mit Fräulein Derenbach ein ander Ton ein: „Freundlich und zugewandt“ sei die Lehrerin gewesen.

Die Kleidung wiederum bestand oft aus abgetragenen Sachen der Erwachsenen. Im Winter sog sich der Wollstoff schnell voll, wurde schwer und kratzig. Im Sommer trugen die Jungs Lederhosen, die nie gewaschen wurden. „Meine Hose war irgendwann ganz speckig und so steif vor Dreck, dass man sie hinstellen konnte“, erzählt Schellberg, der alte Fotografien herumreicht: Tatsächlich, die Lederhose mit dem Hirschemblem war beinahe eine Schuluniform.

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