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„Es war ein Horrorszenario“Täter zu lebenslanger Haft für Mord in Lohmar verurteilt

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Landgericht_Bonn (2)

Der Eingang des Langerichtes in Bonn

Lohmar – Als Polizisten am 15. Juli den Raum in der Flüchtlingsunterkunft betraten, fanden sie ihn über und über blutverschmiert. Auf dem Boden des zwölf Quadratmeter großen Zimmers lag ein toter Mann, an einem Handgelenk gefesselt. „Es war ein Horrorszenario“, erinnerte der Vorsitzende des Bonner Schwurgerichts, Klaus Reinhoff, an die Aussage eines Polizeibeamten, der als Erster am Tatort war.

Wegen Mordes wurde ein 29 Jahre alter Angeklagter aus Marokko zu lebenslanger Haft verurteilt, ein 28-jähriger Landsmann bekam eine Freiheitsstrafe von elf Jahren, weil er zur Tatzeit unter Alkohol und Drogen stand und damit vermindert steuerungsfähig gewesen sei. Die Angeklagten nahmen den Richterspruch gefasst auf.

Frust über Abschiebung

Der Ältere, ein Fischer, war zum ersten Mal 2011, dann wieder 2017 nach Deutschland gekommen, der Jüngere, der in seiner Heimat als Fahrer gearbeitet hatte, flüchtete 2019 in die Bundesrepublik. Beide wurden im Flüchtlingsheim in Sankt Augustin untergebracht, wo sie sich kennenlernten. Am 13. Juli 2020 erfuhren sie, dass ihr Asylantrag abgelehnt worden war. Vielleicht war der „Frust über die drohende Abschiebung“ der Grund dafür, dass an diesem Tag „etwas furchtbar schief gelaufen“ sei, mutmaßte das Gericht.

Denn an jenem 13. Juli trafen die Marokkaner in Bonn das spätere Opfer, einen 45-jährigen Nordafrikaner, mit dem sie dann in die Unterkunft nach Lohmar fuhren. Zwei Tage, so schilderten es im Prozess die Angeklagten, blieben sie in dessen Zimmer, aßen, tranken Whiskey und Wodka und nahmen Drogen. Gegen 4 Uhr am 15. Juli, so ihre Einlassung, eskalierte die Situation; der Gastgeber sei ausgerastet, weil ihm der jüngere Marokkaner 150 Euro und zehn Gramm Haschisch gestohlen habe. Er habe auf den vermeintlichen Dieb mit einem Messer eingestochen. Tatsächlich wurde bei dem 28-Jährigen eine Stichverletzung in der Brust festgestellt.

Motiv für Grausamkeit unklar

Nach diesem Angriff rasteten die Angeklagten aus. Die Rechtsmediziner zählten bei der Obduktion der Leiche 200 Schnitt- und Stichverletzungen, hervorgerufen auch durch Messer und Schere.

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Warum diese Grausamkeit? Frust, weil sie kein Bleiberecht in Deutschland hatten? Habgier, weil die Mörder ein Paar gebrauchte Turnschuhe und ein altes Handy des Toten mitgenommen hatten? Reinhoff: „Das ist denkbar, aber wir wissen es nicht.“ Sicher jedoch war für das Gericht, dass „hier zwei Menschen sitzen, die Spaß hatten am Töten, die ihr Opfer qualvoll töten wollten“.

Der jüngere Angeklagte hatte behauptet, er sei so zugedröhnt gewesen, dass er zusammengebrochen sei und nichts mitbekommen habe. Das glaubte ihm die Kammer nicht: „Bei solch einer Brutalität kann man sich nicht vorstellen, dass einer daneben liegt und schläft.“ Sie hätten die Tat einvernehmlich begangen.

Die Verteidiger Albert Stumm und Martin Mörsdorf kündigten an, in Revision zu gehen.

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