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Gymnasium LohmarSchüler kritisieren Abi-Pläne und sprechen von Doppelmoral

Lesezeit 3 Minuten
Timo Biesenbach, Clara Engelsleben und Julius Melin-Filz (v. l.) halten Klausuren für zu riskant.

Timo Biesenbach, Clara Engelsleben und Julius Melin-Filz (v. l.) halten Klausuren für zu riskant.

  • Die Schüler des Gymnasiums in Lohmar sollen im Mai ihre Abi-Prüfungen schreiben.
  • Doch das wird aus den Reihen der Schüler scharf kritisiert. Durch die besondere SItuation sei eine angemessene Prüfungsvorbereitung nicht möglich.
  • Der Schulleiter sieht die Schule zumindest in Sachen Hygiene- und Abstandsregelungen gut aufgebaut.

Lohmar – Sie waren kurz vor dem Ziel, als die Corona-Pandemie ausbrach. Das brachte die Abiturtermine gehörig durcheinander. Und trotz Kontaktbeschränkungen sollen Julius Melin-Filz (18), Clara Engelsleben (19) und Timo Biesenbach (19) ab dem 12. Mai ihre Prüfungen schreiben. Die drei Gymnasiasten sind dagegen: Sie sprechen sich für ein Abitur ohne Prüfung aus, dem die letzten Durchschnittsnoten zugrundegelegt werden.

„Ich stand dem Thema Abiturprüfungen anfangs neutral gegenüber. Da hieß es noch, die Prüfungen müssten schon aus Gründen der Vergleichbarkeit stattfinden“, sagt Biesenbach. „Mittlerweile kann man das Abitur aber nicht mehr vergleichen, weil die Bedingungen so unterschiedlich sind, in jedem Bundesland, in jeder Familie, sogar an jeder Schule. Wir haben doch schon zwei Drittel der Punkte für die Abiturnote, das wäre doch viel besser zu vergleichen“, findet er.

Angemessene Vorbereitung nicht in jeder Familie möglich

„Uns geht es gut, wir sind finanziell abgesichert und müssen uns keine Sorgen um unsere Gesundheit machen“, wirft Clara Engelsleben ein. „Es gibt aber auch Familien, in denen sich Geschwister einen Computer teilen müssen oder Schüler zur Risikogruppe gehören.“ Eine angemessene Vorbereitung sei so nicht möglich.

3 Fragen an den Schulleiter des Gymnasiums: „Wir raten dringend zur Maske“

Mit dem Schulleiter des Gymnasiums Lohmar sprach Marius Fuhrmann.

Wie setzt die Schule die Hygiene- und Abstandsregeln um?

Schulleiter Mario Heese: Wir haben neben unserem Hausmeister einen Sicherheitsbeauftragten, der sich darum kümmert, dass die Regeln eingehalten werden können. So haben sie zwei „Beispielräume“ eingerichtet, um Abstände zu messen. Im Gebäude gibt es ein Einbahnstraßensystem mit Pfeilen auf dem Boden und verschiedenen Eingängen. Den Schülern gelingt es größtenteils auch, die Abstände einzuhalten.

Wie gelang die Umstellung auf den Online-Unterricht?

Heese: Wir hatten Glück, dass wir unsere Online-Plattform Moodle schon früh eingerichtet haben. So konnten wir vieles schon vorbereiten. Alle anderen Kollegen arbeiten sich nun nach und nach ein. Viele Lehrer und Eltern haben sich aber auch für Videokonferenzen ausgesprochen. Wir unterstützen das, müssen aber die technischen Voraussetzungen klären.

Kann die Schule sichere Abiturprüfungen gewährleisten?

Heese: Unsere Schüler schreiben ihre Klausuren stets in der Jabachhalle, dort ist genug Platz, und es sind genügend Toiletten vorhanden. Sie kommen aber ohnehin nacheinander zu ihrem Platz und sitzen weit genug auseinander, von daher ähnelt das Verfahren dem früheren sehr. Wir haben keine Maskenpflicht an der Schule, raten aber dringend dazu, mit Maske zu kommen. Vorbereiten müssen wir uns aber auf neue Maßnahmen.

Biesenbach spricht gar von einer Doppelmoral: „Überall dürfen nicht mehr als zwei Leute zusammenkommen, nur in der Schule herrscht die gleiche Situation wie sonst auch.“ Stufenkollege Julius Melin-Filz ergänzt: „Wir haben hier eine Notlage, eine besondere Situation, in der selbst die alltäglichen Dinge eingeschränkt sind. Nur das Bildungssystem wird überhaupt nicht angepasst. Da rächt sich das föderale System.“

Ihrer Schule, dem Gymnasium Lohmar, machen die drei aber keinen Vorwurf: „Die haben das Beste draus gemacht“, sagt Engelsleben. Von ihren Lehrern seien sie seit der Schließung der Schule Mitte März regelmäßig mit Aufgaben versorgt worden, die Schule habe ihre Online-Plattform für Lerninhalte schnell an die neue Situation angepasst. Das selbstständige Lernen wiederum sei ihm schwergefallen, sagt Biesenbach: „Ich konnte mich nicht motivieren, für eine Prüfung zu lernen, von der ich gar nicht weiß, ob ich sie schreibe.“

Auch Abiball steht auf der Kippe

Zudem sind die Gymnasiasten enttäuscht, dass ihre Mottowoche in der letzten regulären Schulwoche ausfallen musste. „Darauf haben sich viele gefreut; das gehört nach acht beziehungsweise neun Jahren Schule dazu“, sagt Melin-Filz. „Wir kamen am 13. März nach Hause und haben festgestellt, dass das nun unser letzter Schultag war. Es fehlte die Möglichkeit, sich von allen Freunden und Lehrern zu verabschieden“, ergänzt Biesenbach.

Auch der Abiball Mitte Juni steht auf der Kippe. „Da kommen mehrere Hundert Menschen, wie sollen da die Abstandsregeln eingehalten werden?“ sagt Engelsleben. Ihr Kleid dafür hatte die 19-jährige längst schon gekauft.

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