Plattenspieler und Co.Lohmarer Bastler repariert Technik des vergangenen Jahrtausends

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Schräubchen, Fett und Poliermittel gehören zur Ausstattung von Werner Ottos privater Werkstatt.

Schräubchen, Fett und Poliermittel gehören zur Ausstattung von Werner Ottos privater Werkstatt.

  • Werner Otto aus Lohmar hat eine besondere Vorliebe für Technik des vergangenen Jahrtausends.
  • Mit Vorliebe arbeitet er Plattenspieler, Tonbandgeräte und Radios auf.
  • Warum haben es ihm diese Geräte besonders angetan? Eine Zeitreise.

Lohmar – Wenn Werner Otto sich mit Freunden im Siegburger Freibad traf, hatte er seinen Plattenschlucker stets dabei. Auf der Liegewiese klappte er sein Single-Album auf, friemelte eine kleine, schwarze Scheibe aus der Plastikhülle und schob sie in den Schlitz des Kunststoffkörpers. Was dann im Innern geschah, das will Otto nun – 50 Jahre später – am offenen Hochglanzgehäuse demonstrieren: Der kleine Tonarm senkt sich, Musik erklingt, und am Ende sollte die Mechanik das Vinyl wieder ausstoßen, klappt aber nicht. „Das Gerät hat so gelitten“, seufzt der 67-Jährige. Gerettet von einem staubigen Speicher, will der Bastler den Mignon-Plattenschlucker wieder zum Leben erwecken.

Für die Feinmechanik braucht es Fingerfertigkeit und Sachverstand, kleinste Schraubendreher und Schräubchen, Fett und Poliermittel – und vor allem Geduld. Zehn Stunden Arbeit steckten mindestens in einer solchen Reparatur, erklärt der Experte. In der digitalen Welt gebe es dafür kaum noch Zeit und Raum. Die Folge: Viele besäßen zwar noch einen alten Plattenspieler, ein Tonbandgerät, Kassettenrekorder oder Radio, doch diese defekten Schätze repariere niemand mehr – Fälle für den Müll.

Raritätenkabinett in der Etagenwohnung

„Jammerschade“, sagt Otto beim Gang durch seine Werkstatt, ein schmaler Raum in der nicht allzu großen, sehr aufgeräumten Etagenwohnung, ein Raritätenkabinett mit leider begrenztem Platz. Allein fast 70 Kofferradios konnten nicht mit umziehen von Geber nach Birk, das große Einfamilienhaus gab das Ehepaar Otto auf, als die Kinder groß waren. Auch die Jukebox mit Schallplattenwechsler – „Teller, Mechanik und Abwurf, alles bewegt von einem Motor“, ruft er begeistert aus – fand schnell einen Liebhaber. Alles Freaks wie er. Otto, der mit seinem schmalen Gesicht und den halblangen, grauen Haaren nicht selten mit dem kölschen Sängeroriginal Hans Süper verwechselt wird, hat selbst lange Musik gemacht, Gitarre gespielt und in etlichen Bands gesungen.

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Ein wildes Leben. Auf Geheiß seiner Eltern lernte der Junge damals Dekorateur, was ihm heute noch zu Gute komme bei der Aufarbeitung der Elektrogeräte. „Make up“ nennt er das Schleifen, Ausbessern und Polieren. Auch die exakten Farbtöne mischt er an, wie das Grau fürs Braun-Atelier. Das Schmuckstück ziert das Wohnzimmer, den Plexiglasständer hat Otto selbst gebaut, er drückt eine Taste, WDR 4 sendet Oldies, der Mono-Lautsprecher produziert einen erstaunlich satten Sound. Wer braucht da Stereo?

Ex und hopp, das war noch nie seins. Werner Otto zeigt ein altes Schwarz-Weiß-Foto, er als 13-Jähriger, stolz wie Bolle, mit seinem ersten Kassettenrekorder. Der Großvater einer Enkelin zieht ein Philips-Gerät aus dem Regal, mit undurchsichtiger Klappe: „Das ist er.“ Daneben steht das Nachfolgemodell mit durchsichtigem Fach, ebenfalls aus den 60er Jahren.

Das Hobby wurde zum Beruf

Dass bei den Kombianlagen immer zuerst die Kassettenspieler kaputtgingen und Bandsalat entstand, kann Werner Otto erklären: „Bei den Andruckrollen für den Vor- und Rücklauf nutzte sich irgendwann der Gummimantel ab.“ Der Frickler machte sein Hobby irgendwann doch zum Job, arbeitete als Radio- und Fernsehtechniker und zuletzt im öffentlichen Dienst in der Technikabteilung. Im Ruhestand hat er nun noch mehr Zeit für Trödelmärkte und für den Austausch mit Gleichgesinnten, die ihn unter 0171/7578744 erreichen können.

Otto ist bekannt in der Vinylszene, für Senioren im Freundes- und Bekanntenkreis hat er schon manches Schätzchen ehrenamtlich repariert. Er brachte das „Magische Auge“ in riesigen, kastenförmigen Radios zum Leuchten, versetzte Tonbandgeräte wieder in Schwung. Und er höhlte mehr als einen Tonarm aus, um ein neues Tonabnehmersystem einzupassen, und musste dann, damit die Nadel nicht in der Rille eiert, auch noch den richtigen Neigungswinkel finden.

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Nicht nur Leidenschaft sei für ihn das Fummeln, sondern der Erhalt einer Kultur, die zunehmend wieder gefragt sei – gerade in der Zeit der Digitalisierung. „Mit den Knöpfen im Ohr vereinsamt man doch“, sagt der 67-Jährige und schüttelt den Kopf. „Musikhören ist ein Gemeinschaftserlebnis – Beat, Rock, Jazz, ich brauche das wie die Luft zum Atmen.“

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