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Premiere für Siegburger KochSo funktioniert ein Kochkurs auch am Laptop

Lesezeit 4 Minuten
Konzentration und Kochwein: Redakteurin Cordula Orphal beim fachgerechten Filetieren in ihrer Küche.

Konzentration und Kochwein: Redakteurin Cordula Orphal beim fachgerechten Filetieren in ihrer Küche.

Lohmar – Die Maus liegt rechter Hand, daneben eine Forelle, die immer wieder in Richtung Laptop glitscht. Auf dem Bildschirm zeigt Tobias Neff, wie man das frisch geschärfte Messer ansetzt zum Filetieren. Ein Kunststück, verfolgt von mehr als 20 Augen. Eine Stimme ertönt: „Ich blute.“ „Ich auch“, rufe ich. Die Tochter schaut um die Ecke und holt ein Pflaster für den Zeigefinger. Das Online-Kochen mit den Lohmarer Landfrauen fängt ja gut an.

Siegburger Koch arbeitet in Essen

Ein rundes Dutzend Vereinsmitglieder wagt den Versuch. Auch für den Profi ist der Abendkurs eine Premiere, geschuldet der Pandemie: Neff, der aus Siegburg-Schneffelrath stammt und in einem Hotel im malerischen Essen-Kettwig arbeitet, hat zwar schon Kochseminare veranstaltet, allerdings analog – vor Corona.

Der Betrieb ist lahm gelegt, der 28-Jährige verdient derzeit seine Brötchen bei einem Bauern am Niederrhein. Für die Landfrauen, bei denen sich seine Mutter Beate engagiert, zog er nun erstmals seit Monaten wieder die weiße Jacke an.

Die Landfrauen

Der Name ist ein wenig irreführend: Nur etwa ein Drittel der Mitglieder im Landfrauenverband kommt tatsächlich aus der Landwirtschaft, zwei Drittel aus anderen Berufen. Der Kreisverband Rhein-Sieg umfasst neun Ortsverbände mit rund 700 Mitgliedern, jüngere und ältere Frauen, die im ländlichen Raum zuhause sind und die Interessen von Frauen vertreten. Die Gemeinschaft soll neue Blickwinkel eröffnen und Kontakte schaffen. Die Landfrauen bieten nicht nur Kulinarisches wie Kochen und Weinproben an, sondern auch Tanzkurse. (coh)

www.rheinische-landfrauen.de

Zwei Gänge stehen auf dem Online-Menüplan: Forelle mit Parmesan-Risotto und Romanesco, als Dessert Lava-Cake mit Eis. Schon der Einkauf macht Lust auf mehr, die frischen Fische stammen aus der Pilgram-Zucht, für die Landfrauen hat der Lohmarer Betrieb extra außerhalb der üblichen Zeiten geöffnet.

Online-Kochkurs: Vorbereitungen vor der Zoom-Konferenz

Eine halbe Stunde vor dem Einloggen in die Zoom-Konferenz checke ich die Einladungs-E-Mail und beginne mit den Vorbereitungen, wiege den Reis ab, schnibbele den Romanesco, bröckele den Parmesan, zerteile die Zitrone, stelle Töpfe und Gewürze bereit und stelle fest: Die Zeit ist zu knapp bemessen.

Und wo soll der Laptop nur hin in der kleinen Küche? Eine Schürze wäre auch gut, vor allem fürs Foto. Finde ich nicht auf die Schnelle, geht auch ohne. Wein muss aber sein: Wir Hobbyköchinnen folgen gern dem Rat des Küchenchefs und nippen zwischendurch. Macht Laune.

Neff ist ebenfalls im Experimentiermodus. Er hat eine Handykamera installiert, doch erscheint er groß im Bild, sehen wir seine Handgriffe nicht. Seine Partnerin assistiert, filmt zusätzlich die Details. Sehr wichtig schon beim ersten Arbeitsschritt.

Im Online-Kurs macht jeder alles

„Das Messer wird hinter den Kiemen angesetzt, dann um 90 Grad gedreht und bis zur Schwanzflosse gezogen. Der Schnitt gelingt, wenn es knackt“, erklärt der Profi. Aha. Es knackt, das Messer überwindet Widerstände, richtet aber ein Massaker an. Die Landfrauen, allesamt erfahren am Herd, stöhnen unisono. Nur Neffs Fisch sieht aus wie aus dem Ei gepellt, perfekt. Gelernt ist gelernt.

Die nächsten Schritte gehen schon leichter von der Hand. Der Risotto wird cremig dank der Brühe (heiß!), die portionsweise eingerührt wird. Die Romanesco-Röschen bleiben nach vier Minuten Blanchierzeit in kochendem Salzwasser (anschließend abschrecken!) knackig. Wir jonglieren mit Rührlöffeln, Schüsseln und Deckeln und schwitzen.

Denn anders als in den analogen Kochkursen, wo Kleingruppen die einzelnen Gänge zubereiten und anschließend gemeinsam an einem Tisch gegessen wird, können die Aufgaben im Online-Event nicht aufgeteilt werden; jede macht alles.

Online-Kochkurs: Das Ergebnis kann sich sehen lassen

Eine Multitasking-Aufgabe auch für den Koch: Tobias Neff muss parallel zum Zubereiten gleichzeitig die Teilnehmerinnen auf dem Bildschirm im Auge haben. Da sind kleine Pannen entschuldbar. Die Zitrone kam erst verspätet zum Einsatz, „die hatte ich ganz vergessen“, gestand der Fachmann, was die Laiinnen nicht wunderte.

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Das Ergebnis kann sich sehen und schmecken lassen. Köstlich auch der Nachtisch, eine weitere Herausforderung. Nach sieben Minuten Backzeit noch komplett flüssig, waren weitere drei Minuten Ofenhitze zu viel.

Kein Unglück: Auch ohne Flüssig-Kern schmilzt der dunkle Minivulkan auf der Zunge und versetzt Hobbyköchin samt Familie in Hochstimmung. Nur kein Blick mehr in die Küche, ein Schlachtfeld. Das Aufräumen kann bis morgen warten.

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