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Kritik an MinisteriumWarum die Mieten in Niederkassel um 20 Prozent steigen dürfen

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Mieten Niederkassel Archiv 190819

In den vergangenen Jahren wurde in Niederkassel neuer Wohnraum geschaffen. 

  • Die Mieten in Niederkassel dürfen in den kommenden Jahren weiter steigen.
  • In den nächsten drei Jahren könnten die Preise um bis zu 20 Prozent angehoben werden.
  • Basis ist eine Studie, die dem Land NRW große Kritik einbringt.

Niederkassel – In Niederkassel dürfen die Mieten stärker steigen als in den Nachbarkommunen. Die Stadt wurde im Juni aus der verringerten Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bei bestehenden Verträgen genommen. Bis zu 20 Prozent können jetzt die Mieten innerhalb von drei Jahren erhöht werden, bislang waren es 15 Prozent.

Grundlage für diese Entscheidung war ein Gutachten des Instituts F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt aus Hamburg. Es hatte im Auftrag des NRW-Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung für alle 396 Städte in Nordrhein-Westfalen prüfen lassen, ob die Anspannung der Wohnungsmärkte so groß ist, dass der Erlass einer neuen Kappungsgrenzen-Verordnung gerechtfertigt ist.

Kriterien waren unter anderem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen und angemessene Bedingungen bei der Versorgung mit Wohnraum.

„Die Auswahl der Städte und Gemeinden, die in NRW der Kappungsgrenze unterliegen, ist in unseren Augen eine deutliche Verbesserung gegenüber den Vorjahren. Dennoch lässt das Gutachten einige Fragen offen“, sagt Martin Stiller, Baureferent beim Städte- und Gemeindebund NRW.

Druck auf den Wohnungsmarkt

Dass nun Niederkassel im Gegensatz zu angrenzenden Kommunen nicht mehr unter die Kappungsgrenze falle, verwundere schon sehr. „Das haben wir auch offen angesprochen. Gerade die Städte an der Rheinschiene sind ein Zuzugsgebiet.“

Der Druck auf den Wohnungsmarkt sei enorm, und das werde so bleiben, wenn nicht deutlich mehr gebaut werde. Stiller: „In Hennef und Bornheim wurde im Juni die Kappungsgrenze eingeführt, um die Mieten zu stabilisieren.“ Der Niederkasseler Beigeordnete Sebastian Sanders wurde im Vorfeld der Entscheidung vom Städte- und Gemeindebund um eine Stellungnahme gebeten. Er konnte es nicht glauben und nahm die Sache erst einmal mit Humor: „Hier vor Ort wird davon ausgegangen, dass die Stadt Niederkassel versehentlich in der Spalte auftaucht bei den Städten, für die die Kappungsgrenze künftig entfällt, beziehungsweise es sich um eine andere Stadt Niederkassel handeln muss.“

Er verwies darauf, dass es sich nach Lage, der Struktur und „im Hinblick auf den Wohnungsmarkt keineswegs um eine Stadt im ländlichen Raum handele, sie vielmehr zumindest in Teilen „auch hinsichtlich steigender Mietkosten stark von den unmittelbaren Großstädten Köln und Bonn beeinflusst“ werde. Eine Mietkappungsgrenze sei daher auf jeden Fall zu empfehlen. Dem schließt sich der Mieterverein an. „Wir können diesen Schritt des Ministerium nicht nachvollziehen“, teilte Vorsitzender Felix von Grünberg mit. Der Entschluss gilt jetzt erst einmal für ein Jahr. Mitte 2020 wird neu überlegt.

Landtagsabgeordnete Katharina Gebauer (CDU) sieht das Thema vielschichtig. „Wir als Landesregierung haben dennoch Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen. Daher lassen wir auch die Kappungsgrenzen-Verordnung auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen.“ Ergebnisse würden voraussichtlich im Frühjahr 2020 vorliegen.

„Eine echte Entlastung kann aus meiner Sicht nur durch mehr Wohnraum entstehen“, betont Gebauer. Eine Mietpreisbremse in den Ballungszentren könne dazu führen, dass die ohnehin angespannten Regionen noch mehr Menschen anzögen. Daher glaube sie, es sei richtig, vor den Ergebnissen des Gutachtens in NRW „keine voreiligen Schlüsse zu ziehen“.

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