Erinnerung an NS-OpferGemeinderat in Ruppichteroth stimmt für Stolpersteine

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Erika Beyhl zeigte bei einer Führung Bilder der Familie Hess.

Erika Beyhl zeigte bei einer Führung Bilder der Familie Hess.

Ruppichteroth – Es kommt Bewegung ins Projekt „Stolpersteine“ in Ruppichteroth. Diese pflastersteingroßen, quadratischen Messingtäfelchen mit abgerundeten Ecken und Kanten des Künstlers Gunter Demnig sollen erinnern an all jene, die im Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurden. Die meisten von ihnen waren Juden.

In der jüngsten Ratssitzung berichtete Geschichtslehrerin Beate Salz von der Sekundarschule Nümbrecht/Ruppichteroth, dass eine Lesung aus dem Buch „Mein Leben nach Auschwitz“ von Rachel Grünebaum die Schüler der oberen Klassen sehr bewegt habe. Sie starteten eine Sammlung und konnten Geld für zwei Stolpersteine dabei einnehmen. Die Aktion kostet pro Stein 120 Euro.

Lesungen nun jährlich?

Die Lesung solle keine Eintagsfliege bleiben, sagte Beate Salz. Man wolle nun in Ruppichteroth jedes Jahr etwas zum Thema Nationalsozialismus und Judenverfolgung in den jeweiligen neunten und zehnten Klassen machen.

Heimatforscher Wolfgang Eilmes erklärte, inzwischen habe man Geld für sechs Stolpersteine zusammen, unter anderem auch von Nachfahren eines aus Ruppichteroth in die USA entkommenen Juden. Außerdem sei noch eine Spende für einen weiteren Stein von der evangelischen Gemeinde Ruppichteroth eingegangen.

Gunter Demnig war im September in Hennef.

Gunter Demnig war im September in Hennef.

50 Juden hätten in Ruppichterother Häusern gelebt, berichtete Eilmes von den Ergebnissen seiner Recherchen zu dem Thema, die er in seinem neuen Buch veröffentlicht. Es werde darin aber keine schmutzige Wäsche gewaschen, fügte er an. 23 der jüdischen Mitbürger seien deportiert und ermordet worden, acht seien in der NS-Zeit eines natürlichen Todes gestorben, berichtete Eilmes weiter. 17 der damaligen jüdischen Mitbürger seien in die USA entkommen, zwei nach Israel. Er teilte außerdem mit, dass er demnächst bei einem privaten Besuch in den USA den betagten Walter Hess in New York besuchen werde, zu dem er Kontakt habe. Hess sei 1938 aus Ruppichteroth als Kind mit seiner Familie geflohen und habe seine Lebensgeschichte auf 350 Seiten aufgeschrieben.

Loskill ist „sehr stolz“

Die beiden Initiatoren Beate Salz und Wolfgang Eilmes hoben hervor, wie wichtig weiterhin die Beschäftigung mit den Gräueln des Nationalsozialismus sei, gerade angesichts der derzeit in Deutschland wieder verstärkt aufkeimenden rechtsradikalen Tendenzen.

Erinnerung an Opfer

In mehr als 1200 Kommunen Deutschlands und in 21 Ländern Europas liegen inzwischen Stolpersteine: vor den Häusern, in denen die Verfolgten ihren letzten frei gewählten Wohnsitz hatten.

Neben diesen Plaketten, die als größtes dezentrales Mahnmal der Welt gelten, soll die ehemalige Synagoge eine öffentliche Gedenkstätte werden. Das beschloss im Februar dieses Jahres der Hauptausschuss. Einstimmig beauftragte das Gremium den Bürgermeister Mario Loskill, nach einem öffentlichen Träger zu suchen, der das Backsteingebäude in der Wilhelmstraße erwerben könnte.

„Notfalls“ solle die Gemeinde das Gebäude kaufen, danach könne über die endgültige Trägerschaft und Nutzung nachgedacht werden. (dk/as)

In diesem Zusammenhang verwies Bürgermeister Mario Loskill auf zunehmende rechtsradikale Entgleisungen im Internet. Er halte deshalb die Initiative der Sekundarschule Ruppichteroth und des Heimatforschers für sehr wichtig. „Ich bin sehr stolz, dass diese Initiative aus der Bürgerschaft kommt“, sagte der Bürgermeister.

Anschließend votierten die Kommunalpolitiker im Gemeinderat einstimmig für den Antrag der Sekundarschule, zur Erinnerung an die im Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger Stolpersteine zu legen.

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