17-Jährige mutmasslich getötetVermeintliche Schwester ist Mutter des Angeklagten

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Landgericht Bonn (1)

Der Eingang des Landgerichtes in Bonn (Symbolbild)

  • Im Mordprozess von Sankt Augustin hat es eine spektakuläre Wende am zweiten Verhandlungstag gegeben.
  • Der Angeklagte soll bei seiner Tat erst 17 statt wie bisher gedacht 19 Jahre alt gewesen sein.
  • Ihm wird vorgeworfen, eine 17-Jährige vergewaltigt und getötet zu haben.

Bonn/Sankt Augustin – Im Prozess um den Tod einer 17-jährigen Berufsschülerin in der Nacht zum 1. Dezember 2018 in einer Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin-Menden hat es am Dienstag eine spektakuläre Wende gegeben: Das Gericht hat am zweiten Verhandlungstag die Öffentlichkeit ausgeschlossen, weil es davon ausgeht, dass der Angeklagte zur Tatzeit erst 17 und nicht, wie bisher angenommen, 19 Jahre war; damit gilt er als Jugendlicher.

Die Verhandlung muss deshalb hinter verschlossenen Türen geführt werden. Auch die Strafzumessung ändert sich. Sollte er, wie von der Staatsanwaltschaft angeklagt, wegen Mordes zur Verdeckung einer Straftat, nämlich einer Vergewaltigung, verurteilt werden, müsste er für höchstens zehn Jahre ins Gefängnis. Als Heranwachsendem hätten ihm bis zu 15 Jahre gedroht.

Keine Erklärung für anderes Geburtsdatum

Die zweite Wende: Die Frau, die der Deutsch-Kenianer bisher als seine Schwester ansah, ist in Wahrheit seine Mutter. Das hat ein von der Kammer eingeholtes DNA-Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bonn ergeben. Die Mutter versicherte als Zeugin, ihr Sohn sei in Kenia am 19. Juni 2001 geboren worden.

In den dem Gericht vorliegenden Akten ist als Geburtsdatum der 17. Juni 1999 vermerkt. So hat es ein Standesbeamter in Kenias Hauptstadt Mombasa am 6. Oktober 2003 registriert, die von ihm einen Tag später unterzeichnete Geburtsurkunde wurde am 17. Dezember 2003 von der deutschen Botschaft beglaubigt.

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Der Angeklagte erklärte auf Fragen des Vorsitzenden Richters, er habe bereits die Schule abgeschlossen, als seine bisherige Schwester ihn über das wahre Verwandtschaftsverhältnis informiert habe. Er habe allerdings keine Erklärung dafür, warum er zwei Jahre älter gemacht worden sei.

Angeklagten am Rheinufer kennengelernt

Die Berufsschülerin war am 30. November von ihrem Wohnort Unkel (Kreis Neuwied) nach Bonn gefahren, um sich dort mit einem Bekannten zu treffen. Beide lernten am Rheinufer den Angeklagten kennen, der dort mit einem Kumpel saß. Gemeinsam zogen sie zu einem Imbiss und dann zu einer Shisha-Bar in der Bonner City weiter, bis man sich trennte.

Da das Mädchen seinen letzten Zug nach Unkel verpasst hatte, bot ihr der Deutsch-Kenianer eine Übernachtung in seinem Zimmer, einer Unterkunft für Flüchtlinge und Obdachlose in Sankt Augustin-Menden, an, wo er seit März 2018 lebte, nachdem es Zuhause Streit gegeben hatte. In dem Zimmer soll er die Bekannte laut Anklage gedemütigt, vergewaltigt und verletzt haben. Als sie ihm gedroht habe, ihn anzuzeigen, soll er sie erstickt haben.

Während Mutter und Schwester sowie Bekannte der Toten verzweifelt nach ihr suchten, soll der Angeklagte versucht haben, die Leiche verschwinden zu lassen. Die Schwester kam über Einträge in sozialen Medien der letzten Kontaktperson des jungen Mannes auf die Spur und wies die Ermittler darauf hin. Am Abend des 3. Dezember wurde er von der Polizei an der Unterkunft erwartet. Der Mann räumte sofort ein, dass die Vermisste tot in seinem Zimmer liege.  

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