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Folge der FlutkatastropheIn Sankt Augustin warnt die Sirene nur noch die Bürger

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Die 25 alten Sirenen in der Stadt werden durch zwölf bis 15 neue ersetzt.

Sankt Augustin – Die Freiwillige Feuerwehr wird ab dem 1. Dezember nicht mehr durch Sirenen alarmiert. Wenn sie ertönen, ist der Heulton ausschließlich für die Warnung der Bevölkerung gedacht. Die Entscheidung ist eine Reaktion auf die Flutkatastrophe am 14. Juli. Der Verband der Feuerwehren NRW (VdF), die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren und die Arbeitsgemeinschaft der Leiter hauptamtlicher Wachen hatten unter maßgeblicher Beteiligung von Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg die Ereignisse nachbereitet und Konsequenzen daraus vorgeschlagen.

Das Strategiepapier „Katastrophenschutz in Nordrhein-Westfalen – Vorschläge für eine Weiterentwicklung“ wurde verfasst. Ein wichtiger Aspekt: Die Warnung der Bevölkerung, die in die öffentliche Kritik geraten war. Dabei war deutlich geworden, dass die Bürgerinnen und Bürger beim Thema Sirenenalarm verunsichert waren. Viele glaubten, dieser sei nur für die Alarmierung der Feuerwehr gedacht.

Sankt Augustin stellt als erste Stadt in NRW die Alarmierung um

Der Wehrleiter, Stadtbrandinspektor Herbert Maur, handelte schnell. „Wir stellen als erste Feuerwehr im Kreis die Sirenen für uns ab.“ Tatsächlich sind sie aber wohl landesweit vorn, wie der Geschäftsführer des VdF, Christoph Schöneborn, auf Anfrage bestätigte: „Es gibt zwar schon Feuerwehren, die ihre Sirenen seit Jahren schon nicht mehr für die Alarmierung benutzen. Aber als Reaktion auf das Papier sind die Sankt Augustiner die Ersten.“

Das bedeutet der Sirenenton

Der eine Minute lange, ununterbrochene, auf- und abschwellende Heulton bedeutet Gefahr, Bürgerinnen und Bürger sollten dann geschlossene Räume aufsuchen, Fenster und Türen schließen sowie das Radio einschalten. Nur bei wirklichen Notfällen dürfen die Notrufnummern 110 und 112 genutzt werden.

Nutzlos werden die Sirenen deshalb aber nicht, im Gegenteil. „Es geht darum, die Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren“, so Maur, der nicht für die Feuerwehr, sondern auch für den Bevölkerungsschutz zuständig ist. „Ich kenne viele Menschen, die die Töne nicht unterscheiden können“, sagte Bürgermeister Max Leitterstorf bei der symbolischen Abschaltung am Feuerwehrhaus in Mülldorf. „Zukünftig werden die Sirenen ausschließlich für den Bevölkerungsschutz genutzt.“

Der Stadtrat hat beschlossen, die 25 alten Sirenen zu modernisieren und zwölf bis 15 neue, ausfallsichere anzuschaffen. Diese werden im kommenden Jahr installiert, der Bund unterstützt die Kommunen bei der Anschaffung. Die Geräte sind teils mit Solarpaneelen ausgestattet oder über Akkus zu betreiben, so dass sie auch manuell ansteuerbar sind.

Die Bevölkerung wird entlastet

Sie sind leistungsstärker und decken das gesamte Stadtgebiet ab. Dazu kommen sieben sogenannte Mobelas, mobile Sirenen, die auf Feuerwehrfahrzeugen montiert werden können. Für die Bevölkerung wird die Abschaltung auch eine Entlastung bedeuten.

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Von den 112 Sirenenalarmen von November 2020 bis 2021 fielen etwa ein Drittel in die Nacht. Die Einsatzkräfte sind aber alle mit digitalen Funkmeldern ausgestattet, die sogar eine Rückmeldefunktion haben. In einer Probephase kamen, so Maur, genauso viele Freiwillige wie vorher.

Natürlich gebe es Nostalgiker, die meinten, die Sirene gehöre doch zur Feuerwehr. Eine Notwendigkeit kann der Wehrleiter indes nicht feststellen. Er hat viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Bei einer ersten Abfrage Anfang 2021 gab es eine Zustimmung von nur rund 50 Prozent. „Nach der Flutkatastrophe hat sich das gewandelt, es gibt nur noch einige wenige Bewahrer.“

Das Strategiepapier hat noch weitere Maßnahmen nach sich gezogen. So hat die Stadt eine Sandsack-Füllmaschine angeschafft. Mit „Noaq“ gibt es darüber hinaus ein Starkregen-Schutzsystem. Damit kann, mit wenigen Handgriffen aufgestellt, Wasser umgeleitet werden. Transportiert wird es mit einem neuen, watfähigen und geländegängigen Fahrzeug mit drei Mann Besatzung.

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