Nur große Ketten interessiertKarl-Heinz Matheis will sich seit Jahren zurückziehen

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Nicht ganz freiwillig steht Karl-Heinz Matheis mit 73 noch in seinem Buchladen.

Nicht ganz freiwillig steht Karl-Heinz Matheis mit 73 noch in seinem Buchladen.

Sankt Augustin – „Nein am Donnerstag geht’s nicht, da bin ich auf der Buchmesse in Frankfurt.“ Karl-Heinz Matheis hat das Rentenalter mit 73 Jahren längst erreicht. Dennoch ist er – nicht täglich aber regelmäßig – in der Bücherstube an der Alten Heerstraße anzutreffen. Und der Besuch der Messe gestern steht für den engagierten Buchhändler seit 1972 immer wieder im Kalender.

Quer durch die Republik werde er mit dem Rad fahren, Museen besuchen und natürlich lesen, hatte Matheis vor fünf Jahren angekündigt. Auch um seine Hühner wollte er sich kümmern. Der Sommer 2014 brachte für ihn eine Zäsur. Neben dem alten Huma, in dem Matheis 1977 seine Bücherstube eröffnet hatte, wuchs der erste Bauabschnitt des neuen Marktes. Für den hatte der damals 68-Jährige keinen auf mindestens zehn Jahre ausgestellten Mietvertrag mehr unterschrieben. Nach einer Nachfolge hatte er lange erfolglos gesucht. Die Filiale an der Alten Heerstraße sollten Mitarbeiter leiten, er selbst werde sich zurückziehen, kündigte Matheis damals an.

Oft zu große Scheu vor der Selbstständigkeit 

Es kam anders. Seit 2016 führte Matheis viele Gespräche mit potenziellen Nachfolgern. „Niemand möchte mehr das Risiko der Selbstständigkeit eingehen“, resümiert er nachdenklich. Verantwortung fürs eigene Geschäft und damit auch für Mitarbeiter zu übernehmen, entspreche offenbar nicht dem Zeitgeist.

Das Geschäft mit dem Kundenstamm, der vom alten Huma an die Alte Heerstraße wechselte, zu verkaufen, wäre mehrfach möglich gewesen. „Nach jeder Anzeige im Börsenblatt haben als erstes die Ketten auf der Matte gestanden“, berichtet Matheis. Das aber könne er seinen Kunden nicht antun.

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Wie es um den Buchhandel und die Nachfolge in alteingesessenen Geschäften bestellt sei, lasse sich ebenfalls im Börsenblatt, dem Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel ablesen. Nahezu jede Woche werde vermeldet, dass zwei bis vier Buchhandlungen schließen.

Dass das Interesse am Einzelhandel sinkt und auch der Buchhandel betroffen ist, hat Matheis selbst erfahren. Früher hat er selbst Buchhändler ausgebildet. Noch vor fünf Jahren habe es jedes Jahr fünf Anfragen wegen einer Lehrstelle gegeben. Heute verzeichne er überhaupt kein Interesse mehr von Seiten der Schülerinnen und Schüler.

Gute Beratung ist die Basis

Möglicherweise sei es die Erwartung der Kunden, dass der Händler sein Sortiment, sprich seine Bücher kennt, die manchen Jugendlichen abschrecke. Schließlich sei eine gute Beratung im Rahmen eines intensiven Kundengespräches noch immer das A und O. Zudem gehöre aktive Kulturarbeit, wie die Organisation von Lesungen zum Berufsbild.

Dass Buchhändler kaum mehr als andere Einzelhändler verdienten, sei nicht so attraktiv. Die Hoffnung, dass es für ihn und seine Kunden eine Nachfolge gefunden wird, hat Matheis noch nicht aufgegeben. Aktuell sei er gerade wieder in hoffnungsvollen Gesprächen, berichtet er.

Gehalt vergleichbar mit dem eines Einzelhändlers

Am Ende könnte Karl-Heinz Matheis doch noch den Ruhestand genießen, sich für den BUND engagieren oder im eigenen Garten etwas für die Umwelt tun. „Das würde mir so richtig Spaß machen“, gibt er zu.

Zwei aktuelle Bücher empfiehlt Buchhändler Karl-Heinz Matheis seinen Kunden:

„Herkunft“ von Saša Stanišić, Träger des Deutschen Buchpreises,der in dem autobiografischen Buch beschreibt, wie er von Bosnien nach Heidelberg kam. 368 Seiten, 22 Euro.

„Winterbienen“ von Norbert Scheuer, ein Roman, der in der Eifel des Jahres 1944 spielt. 319 Seiten, 22 Euro.

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