Bei Besuch in SiegburgKardinal Woelki kritisiert Ungleichbehandlung von Geflüchteten

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Bei einem Besuch in Siegburg spricht Kardinal Woelki mit Geflüchteten aus der Ukraine.

Siegburg – Fast geräuschlos rollte der elektrische Dienstwagen auf das Gelände des katholischen Marienheims in Siegburg, ebenso geräuschlos hatte Kardinal Rainer Maria Woelki offenbar seinen Besuch antreten wollen. Bis zuletzt gab der Besuch der Rätsel auf, von dem offiziell niemand zu wissen schien. Das Lärmen der Alarmanlage seines Wagens durchkreuzte zumindest diesen Wunsch des Erzbischofs.

„Ich wollte hierher kommen, um ein tolles Projekt zu besuchen“, erklärte Woelki: den „Nachbarschaftstreff“, den der SKM Katholischer Verein für Soziale Dienste und weitere katholische Initiativen wie Neue Nachbarn organisieren. „Ein Stück Dank sagen“ sei ein weiterer Grund seines Besuchs, so der Erzbischof: „denjenigen, die das schon lange tun.“

Woelki äußert sich in Siegburg kritisch zur Ungleichbehandlung von Geflüchteten

Ins Leben gerufen zu einer Zeit, als vor allem Geflüchtete aus Syrien, aus dem Irak, Iran oder Afghanistan ins Land kamen, wird das Angebot im Marienheim aktuell mehrheitlich von Menschen aus der Ukraine wahrgenommen. Von ihnen ließ sich der Kardinal erzählen, hörte ihre Geschichten von Flucht und Krieg. „Es ist wichtig, dass wir als Kirche an der Seite dieser Menschen sind“, sagte Woelki.

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Und das unabhängig von Hautfarbe oder Herkunft, wie Woelki sagte. „Ja, wir müssen als Kirche lauter werden“ angesichts einer von Betroffenen wie Mitarbeitenden stark empfundenen Ungerechtigkeit in der Behandlung von Menschen aus der Ukraine und zum Beispiel aus Syrien. Deutschland und die EU hätten die Pflicht, zu helfen, „es darf keine Zweiklassengesellschaft geben“.

Dass es die faktisch aber gibt, wird im Gespräch mit Leyla Velarde Medina de Schüring deutlich, der Integrationsbeauftragten der 2014 von Woelki ins Leben gerufenen Aktion Neue Nachbarn für das Erzbistum.

Wohnungen wurden nur für ukrainische Geflüchtete angeboten

Während arabische Flüchtlinge oft nach Jahren noch in kommunalen Unterkünften lebten, habe sie im April eine ganze Reihe von Wohnungen und Zimmern angeboten bekommen – aber „nur für Ukrainer“ lautete oftmals die Einschränkung. Zugang zum Arbeitsmarkt, Aufenthaltsstatus, kostenlose Nutzung des ÖPNV – auch Birgit Eisinger sieht eine ganze Reihe von Punkten, an denen die Geflüchteten nicht gleich behandelt werden. Kostenlos kamen unlängst bei einem gemeinsamen Ausflug die Teilnehmer aus Osteuropa in den Kölner Zoo – die anderen erhielten nur einen Rabatt.

Umso wichtiger ist es den haupt- und ehrenamtlichen Aktiven beim wöchentlichen Treffen, keinerlei Unterschiede zu machen. Nicht beim Reden oder Spielen, beim zwanglosen Kaffeetrinken, beim Mitmachen im Nähprojekt oder beim Pflanzen von Gemüse und Kräutern. Von Deutschkursen und Rechtsberatung, Hilfe beim Start in Beruf oder Ausbildung sollen alle Besucher des Treffs gleichermaßen profitieren können.

Skandale im Erzbistum Köln: Ehrenamtler sind nur noch schwer zu finden

Schwieriger wird es unterdessen, ehrenamtliche Hilfe für diese und andere Aufgaben zu finden, wie Leyla Velarde Medina de Schüring dem Gast aus Köln berichtete. „Ich habe Sorge, dass die Ehrenamtlichen wegbleiben“, mit kritischen Fragen sehen sich hauptamtliche Koordinatorinnen konfrontiert. Im Schatten stehe die ganze Arbeit der katholischen Wohlfahrtsverbände, so Velarde im Gespräch mit Bischof Woelki. Es werde von Seiten des Erzbistums alles getan, zitierte sie die Antwort des Gastes aus Köln.  

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