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Debatte um „Fridays for future” in SiegburgPolitische Bildung oder Schule schwänzen?

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Schülerdemo Siegburg 150219

Schüler demonstrierten am Freitag auch in Siegburg.

Siegburg – Schüler haben am Freitag in Siegburg gegen Braunkohle demonstriert – in ihrer Unterrichtszeit. Unsere zwei Redakteurinnen Sandra Ebert und Cordula Orphal diskutieren in einem Pro und Contra darüber, wie ernst die Schüler es meinen und ob die Demos zur politischen Willensbildung beitragen.

Mittlerweile hat sich auch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer in die Diskussion über die Demos eingeschaltet – und einen Brief an die Schulleiter verschickt.

Pro von Sandra Ebert: Eine Lehrstunde in Sachen Politik

„Bravo. Schüler, die die Initiative ergreifen und sich für den Kohleausstieg einsetzen; die lautstark darauf aufmerksam machen, dass es höchste Zeit wird, etwas gegen den Klimawandel zu tun – das ist beeindruckend. Dass bei der zweiten Freitagsdemonstration in Siegburg bereits mehr als 100 Schüler dem Aufruf gefolgt sind, zeigt, dass dieses Engagement ernst zu nehmen ist. Hoffentlich machen noch viel mehr mit.

Es geht schließlich um die Zukunft dieser Generation, der man durchaus zutrauen darf, sich mit den Aspekten von Umweltschutz und Klimawandel auszukennen und sich entsprechend zu verhalten. Dass die Freitagsdemo während der Schulzeit stattfindet und die Schüler dem Unterricht fernbleiben, ist nur folgerichtig: Es ist kein Schulschwänzen, sondern schafft Aufmerksamkeit. Mitschüler, Lehrer und Eltern ebenso wie Passanten sollen merken: Da passiert etwas. Sie sollen aufgerüttelt werden, zuhören, nachdenken, das eigene Verhalten hinterfragen. Die Klimademo nach der Schule zu veranstalten wäre ja so, als ob ein Bahnstreik für die Zeit ausgerufen würde, wenn die Züge ohnehin im Depot stehen. Und außerdem: Sich bei den Eltern und bei den Lehrern durchzusetzen, sich auf dem Marktplatz der Diskussion mit Publikum stellen – das ist eine echt gute Unterrichtsstunde in politischer Bildung.“

Contra von Cordula Orphal: Flagge zeigen geht anders

„Schülerdemos sind beliebt – vor allem, wenn sie während der Unterrichtszeit stattfinden. Das Malen von Plakaten und das Skandieren von Parolen ist für Wohlmeinende praktischer Politikunterricht. Für andere ganz schlicht Schulschwänzerei. Wenn es der Nachwuchs ernst meinte mit seinem Anliegen, dann würde er im Klassenraum das komplexe Thema Klimaschutz mit Für und Wider diskutieren, im Elternhaus und im Freundeskreis. Flagge zeigen auf der Straße ist sinnvoll, aber warum nicht nach Schulschluss? So wirkt der Streik wie ein Vorwand, bloß nicht die Schulbank zu drücken. Und auch wenn es einige sicher ernst meinen: Den Kohlekompromiss anzuprangern, erfordert keine große Anstrengung und birgt lediglich das Risiko, dass die unentschuldigten Fehlstunden auf dem Zeugnis auftauchen. Unbequem wird es hingegen erst, wenn man sein eigenes Verhalten auf den Prüfstand stellt. Weniger konsumiert, weniger Hamburger futtert, öffentliche Verkehrsmittel nutzt, statt sich von den Eltern zum Sportplatz kutschieren zu lassen. Nicht mehr in den Urlaub fliegt. Und weniger im Internet surft und übers Handy Nachrichten verschickt. Denn die vernetzte Kommunikation produziert mit ihrem immensen Energieverbrauch massig CO2.“

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