Gut integriertAlbanischer Familie in Siegburg droht die Abschiebung

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Ihrer Abschiebung sieht die Familie Canka entgegen.

Ihrer Abschiebung sieht die Familie Canka entgegen.

Siegburg – Mit Bangen sehen Zekjir und Eduarda Canka dem 19. Februar entgegen. An diesem Montag, so hat es die Ausländerbehörde verfügt, soll das Ehepaar Deutschland verlassen und mit seinen fünf Kindern den Flug nach Mazedonien antreten. Von dort, aus der Kleinstadt Debar im Westen des Landes, stammt die albanische Familie.

Doch zu Hause fühlen sie sich in Siegburg. Die jüngste Tochter ist in der Kreisstadt geboren; alle Kinder gehen zur Schule beziehungsweise in den Kindergarten, haben hier ihre Freunde. „Aida, unsere Zweitälteste, möchte gern Lehrerin werden, aber in Deutschland“, berichtet ihre Mutter, die selbst akzentfrei Deutsch spricht.

Aufgewachsen ist Eduarda Canka nämlich in Siegburg: Hierher kam sie als Sechsjährige mit ihren Eltern und drei Schwestern. Sie besuchte die Grundschule Stallberg, dann die Hauptschule Neuenhof, bestand die Mittlere Reife. Doch eine Ausbildung konnte sie nicht mehr absolvieren: „Als ich 18 Jahre alt war, wurde mein Großvater in Mazedonien sehr krank, und ich bin zurückgekehrt, um ihn zu pflegen und ihm beizustehen.“ In Debar lernte Eduarda dann ihren Mann kennen, der sich als Gärtner, Kellner und Altenpfleger durchschlug. Zuletzt führte das Ehepaar einen Kiosk. „Es gibt fast keine Arbeit. Die Infrastruktur ist schlecht und die Korruption hoch“, berichtet der 39-Jährige. Als Albaner, die die mazedonische Amtssprache nicht beherrschen, fühlten sich die Cankas benachteiligt.

Desolate medizinische Versorgung

2015 war Eduarda Canka mit Drillingen schwanger, doch sie verlor zwei der Kinder – die medizinische Versorgung war desolat, ihr Gesundheitszustand schlecht. So verließ die muslimische Familie am 6. Mai Mazedonien. Ohne den Vater, der nur drei Tage später folgte – geschockt von den Ereignissen in der Nachbarstadt Kumanovo, die vor allem von Albanern bewohnt wird. Ein Polizeieinsatz eskalierte, es gab 22 Tote, zahlreiche Verletzte, Tausende Bürger flohen. „Das war wie Krieg“, berichtet Canka. Die Familie fand schließlich in Siegburg wieder zusammen. Zunächst beantragte sie Asyl, doch weil Mazedonien als sicheres Herkunftsland gilt, stellte sie den Antrag auf Bleiberecht. Seit mehr als drei Jahren leben die Cankas in einer Wohnung an der Lindenstraße.

Zekjir Canka fand zuerst Arbeit bei einer Gartenbaufirma, seit dem Frühjahr 2017 ist er bei der Firma Rahm in Troisdorf-Spich beschäftigt. Das bis Ende Juni 2018 begrenzte Arbeitsverhältnis sollte nun in ein unbefristetes umgewandelt werden, wie der 39-Jährige erklärt, der einen entsprechenden Brief der Personalabteilung präsentiert.

Renate Fritsch hat als Sprachpatin der Diakonie den Albaner betreut, sie hält immer noch engen Kontakt und kann nicht begreifen, warum „diese Familie, die so gut integriert ist, abgeschoben werden soll“. Zumal Eltern, Schwestern, Tanten und Großvater von Eduarda (33) bereits die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Von der Ausländerbehörde haben die Cankas die Auskunft erhalten, dass die Einreisesperre zehn Monate beträgt. „Ich habe eine Bitte: Wir möchten schnell wiederkommen“, sagt Zekjir Canka.

Er fürchtet nicht nur um seinen Arbeitsplatz, sondern auch darum, dass seine Kinder bald nicht mehr genug zu essen haben werden. So wie die Nachbarn mit sieben Kindern in Debar. Fotos, die Canka auf seinem Handy zeigt, machen die Armut dieser Familie sichtbar, die in einem Zimmer fast ohne Möbel hausen muss.

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