Trauerbegleiterin mit weichem FellSiegburgs Friedhofskatze Jule stirbt nach Unfall

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Blumen schmücken das Grab von Jule Im Garten.

Blumen schmücken das Grab von Jule Im Garten.

Siegburg – „Irgendwie fehlt jetzt etwas, wenn man auf den Friedhof geht“, berichtet Hannelore Kornich. Die 72-Jährige wurde früher, wenn sie das Familiengrab auf dem Siegburger Nordfriedhof besuchte, meist schon am Eingang freudig von Jule begrüßt. Diese Zeiten sind vorbei. Die überaus beliebte gefleckte Katze, die meist auf dem Friedhof anzutreffen war, wurde vor einer Woche am 11. Oktober angefahren.

Frank Schubert zeigt einen Lieblingsplatz von Jule am Eingang.

Frank Schubert zeigt einen Lieblingsplatz von Jule am Eingang.

„Jules Verletzungen waren so schwer, dass sie es nicht mehr geschafft hat“, berichtet Besitzerin Elisabeth Schubert. Mit letzter Kraft habe sich Jule noch zum Haus an der Alten Lohmarer Straße geschleppt. An der Hecke sei sie entkräftet zusammengebrochen. „Ich habe sie dort blutend gefunden“, sagt Schubert. Sie ging mit ihr zur Tierärztin, doch diese konnte dem Tier, das stolze 24 Jahre alt wurde, nicht mehr helfen. Sie erlag den Folgen eines Beckenbruchs und schwerster innerer Verletzungen.

Entwicklung zur Freigängerin

Durch einen Zufall war die „Seelentrösterin auf vier Pfoten“ Mitglied der Familie Schubert geworden. Elf Jahre lang hatte sie bei einer anderen Familie als Hauskatze in Siegburg gelebt. Der Sohn der Besitzer bekam eine Allergie, Jule konnte nicht länger dort bleiben.

Leises Miau

Ilse Schneider hat ihre erste Begegnung mit der Siegburger Friedhofskatze Jule in einer Geschichte niedergeschrieben. Wir veröffentlichen Auszüge daraus:

„Im Juni 2015 setzte ich mich traurig auf die Bank am Eingang des Nordfriedhofs, gegenüber der Trauerhalle. Mein lieber Mann war vor kurzer Zeit verstorben. Versunken in meine Gedanken, spürte ich plötzlich etwas Weiches an meinem Bein und mit einem leisem Miau begrüßte mich eine Katze.

„Oh, wer bist du denn, meine Schöne?“, fragte ich die Katze, und damit begann unsere Freundschaft. „Ich bin Julchen, die Friedhofkatze und ich möchte dir etwas aus meinem Leben erzählen: Wie du siehst, bin ich eine sogenannte Glückskatze. Glückskatzen haben ein wunderschönes Fell in drei Farben. Ich glaube, ich habe sogar vier Farben. Und das Besondere ist: Glückskatzen sind immer weiblich.“

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„Denn schnell fand ich Gefallen daran, die Besucher des Friedhofs zu begrüßen. Beim Betreten halten heute schon viele nach mir Ausschau. Mit etlichen habe ich mich angefreundet und manchem traurigen Menschen zaubert mein Anblick ein Lächeln ins Gesicht. Oft bringen sie mir Geschenke in Form von Leckerli mit.“

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„Ich bin jetzt schon ein altes Mädchen und blicke auf ein schönes Leben zurück, in dem ich vielen Menschen Freude bereitet habe und auch viel Liebe erfahren durfte.“ (vr)

So kam sie in das Haus am Nordfriedhof. Frank Schubert ist dort Verwaltungsleiter und „ein echter Katzenfreund“. Kater Rocky, der schon im Haushalt lebte, sei zwar anfangs skeptisch gewesen, aber die beiden hätten sich bald zusammengerauft. Wenn Jule fest schlief, kuschelte sich er sich auch mal an sie.

Ein roter Teppich für Jule. Bei einer Veranstaltung auf dem Nordfriedhof legte sie sich dort nieder.

Ein roter Teppich für Jule. Bei einer Veranstaltung auf dem Nordfriedhof legte sie sich dort nieder.

Als Wohnungskatze war der Freigang für Jule anfangs nicht einfach. Ganz vorsichtig erkundete sie Meter für Meter das weitläufige Geländes des Nordfriedhofs. Fernab der Hektik der Stadt wurde sie immer sicherer im Freien und freundete sich mit der Zeit mit zahlreichen Menschen an. „Manchmal begleitete sie ihre Freunde sogar bis an Grab und verweilte dort mit ihnen“, erzählt Frank Schubert von der Katze.

Katzenkollegen Shirley und Rocky übernehmen

Wenn Jule wieder zurück ins Haus wollte, miaute sie laut vor dem Gartenfenster oder der Haustüre. „Das war nicht zu überhören“, sagt Elisabeth Schubert. Als sie jedoch vor einigen Jahren kein Miauen hörte, machte sie sich große Sorgen. Jule war verschwunden. Erst am nächsten Tag wurde die Katze völlig entkräftet im Garten des Verwalterhauses am Friedhof unter einem Baum entdeckt. „Der Tierarzt stellte eine schwere Infektion fest“, so Elisabeth Schubert. Mit Medikamenten kam Jule aber schnell wieder auf die Beine.

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Bei den Schuberts lebten bis zu Jules Tod drei Katzen. Die heute zweijährige Shirley war ihnen mehr oder weniger zugelaufen, Frank Schubert hatte sie als wenige Wochen altes hilfloses Baby an einer Hecke gefunden. Als dritte im Bunde hatten Rocky und Jule sie liebevoll aufgenommen.

Elisabeth Schubert mit Shirley am Fenster, wo laut miaut wird.

Elisabeth Schubert mit Shirley am Fenster, wo laut miaut wird.

Die beiden verbliebenen Katzen vermissen nun ihre Freundin Jule. Sie liegt in einem kleinen Grab im Garten.

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