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UnterrichtsaufgabeTürkeistämmige Eltern werfen Siegburger Gymnasium Vorurteile vor

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Wegen einer Aufgabe im Philosophieunterricht steht das Gymnasium Alleestraße in der Kritik. 

Siegburg – Wegen einer Schulaufgabe im Philosophieunterricht muss sich das Gymnasium Alleestraße geharnischte Kritik gefallen lassen, vor allem seitens türkischstämmiger Eltern. Im Unterricht sollte folgender „Sachverhalt erörtert  werden: „Ein türkischer Familienvater in Deutschland verheiratet seine Tochter ohne deren Einverständnis mit dem Sohn seines Bruders, um diesem eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland und damit eine Existenz zu sichern. Besprich die Situation mit deinem Tischnachbarn oder deiner Tischnachbarin. Welche Konflikte seht ihr darin?“  

Die „Föderation Türkischer Elternvereine“ in Nordrhein-Westfalen (Fötev) warf der Schule daraufhin vor, die Aufgabe entspreche dem Vokabular rechtsradikaler Populisten. Viele türkischstämmige Eltern aus NRW und anderen Bundesländern seien fassungslos über eine extrem vorurteilsbehaftete und klischeehafte Aufgabenstellung“.

Insbesondere im Nebensatz: „Er beinhaltet, dass die besagte türkische Familie ihre Tochter nicht nur ohne ihr Einverständnis verheiratet, sondern sich zudem auf illegale Weise gesellschaftliche Vorteile einschleicht, also „Schmarotzer“ sind.“

Eine entscheidende Frage sei jetzt, ob tatsächlich ein Verlag die Aufgabe und den Arbeitsauftrag so formuliert habe. „Wenn ja, so müsste der Verlag diese und ähnliche Aufgaben eliminieren und zur Verantwortung gezogen werden.“

„Rassismus ist längst im Bildungssystem angekommen. Möchte nicht wissen, wie viele türkeistämmige Schüler von diesen Lehrkräften in der Vergangenheit benachteiligt worden sind“, schreibt der Solinger Anwalt Fatih Zingal auf Facebook. Er hatte auf die Aufgabe aufmerksam gemacht.

Zingal gilt als ein der Regierungspartei AKP des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nahestehender Social Media-Aktivist. In den Jahren 2015 bis 2018 war er stellvertretender Vorsitzender der Union Europäisch-Türkischer Demokraten, der Lobby-Organisation der AKP, die heute Union internationaler Demokraten heißt. 

Schulleiterin: Es geht in der Aufgabe um Kulturrelativismus

Auf Anfrage dieser Zeitung sagte Schulleiterin Sabine Trautwein zu den Vorwürfen: „Wenn ich die Aufgabe allein für sich sehe, ist das natürlich problematisch.“ Tatsächlich stamme diese aber aus einem zugelassenen Schulbuch, in dem es um Kulturrelativismus gehe und die Frage, ob man eine andere Kultur aus eigener Sicht beurteilen dürfe. Das Beispiel sei dabei eines von mehreren.

Das Gymnasium entschuldigte sich gleichwohl auf seiner Internetseite. Schülerinnen und Schüler hätten sich bei der Aufgabe mit Vorurteilen und Stigmatisierung auseinandersetzen sollen. Dabei habe der Eindruck entstehen können, hier würden Stereotypen bewusst gegen eine Minderheit eingesetzt.

Dies sei  nicht der Fall. „Dennoch entschuldigen wir uns bei allen, die sich dadurch verletzt fühlen könnten. Selbstverständlich war das weder die Absicht der Schule noch eines einzelnen Lehrers.“

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Das Gymnasium sei Mitglied der Initiative „Schule ohne Rassismus“, was als Auftrag und Verpflichtung ernst genommen werde. Auf einer Fotomontage halten 23 Mitglieder des Kollegiums Texttafeln vor sich, die den folgenden  Satz ergeben:  „An unserer Schule schätzen und leben wir Vielfalt. Jede Form von Rassismus, Sexismus, Vorurteilen oder sonstiger Benachteiligung lehnen wir strikt ab. Euer Gymnasium Siegburg Alleestraße.“

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