Star-Sopranistin Edda Moser„Die Gender-Sprache ist Schwachsinn, ein absolute Schande“

Lesezeit 7 Minuten
Edda_Moser

Die frühere Opernsängerin Edda Moser lebt in Rheinbreitbach. 

Rheinbreitbach – Edda Moser gilt als „Königin der Nacht“ schlechthin. Ihre Stimme ist in Raumsonden zu fernen Galaxien unterwegs. Der einstige Star der größten Opernhäuser der Welt lebt in Rheinbreitbach.  Frau Moser, was bedeutet es Ihnen, dass Ihre Mozartarie im Weltraum unterwegs ist? Edda Moser: Es ist eine unglaubliche Auszeichnung, dass es meine Stimme ist, die uns alle überleben wird. Das ist eine ganz, ganz große Ehre. Ich gehöre sozusagen zu den Geräusch-Machern dieser Erde.

Im Gremium saßen Physiker, Philosophen, Astronomen, alles Amerikaner und Briten. Da hatten Sie Glück, als Deutsche ausgewählt zu werden?

Zur Person

Edda Moser ist 1938 in Berlin geboren. Ihr Vater war der Musikwissenschaftler und Sänger Hans Joachim Moser. Am Berliner Konservatorium studierte sie Gesang. Das erste Engagement hatte sie 1962 am Würzburger Stadttheater. Durch Herbert von Karajan kam sie 1972 zur Metropolitan Opera New York, wo sie 14 Jahre lang die Königin der Nacht sang.

Am 2. Februar 1994 beendete Edda Moser mit der Rolle der Salome in Wien ihre Karriere. Sie ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. (loi) 

Ich habe es zu meiner allerbesten Zeit aufnehmen können. Eine Stimme hört irgendwann auf, diese ganz hohen Töne zu greifen. Ich hatte zur rechten Zeit am rechten Ort diese einmalige Möglichkeit.

Gab es Alleinstellungsmerkmale, die Ihnen halfen?

Die Königin ist eine tiefe Rolle, eher Mezzosopran, mit ein paar hohen Tönen. Ich hatte keine Angst vor den hohen Tönen, habe aber mein Augenmerk auf die tiefen Töne gelegt, darum ist es so gut geworden. Vielleicht haben die Herren gedacht, dass meine Interpretation am meisten dem entspricht, was Mozart wollte.

Haben Sie die Texte der großen Opern-Arien noch parat?

Alles, die Texte, die Rezitative. Das macht das Üben. Das sitzt, bis man 100 Jahre alt ist.

Wie schafften Sie es, auf der Opernbühne die Verknüpfung von Gesang, Schauspiel und Tanz so leicht aussehen zu lassen?

Ich habe als Kind in Weimar klassischen Tanz gelernt. Der Ausdruck des Körpers hat mich immer fasziniert. Außerdem wusste ich durch mein Asthma, wie man Atem enorm lange führen kann. Ausatmen, ausatmen – das habe ich gelernt und alles zusammengefügt.

Bei Liederabenden hatten Sie nur Ihren Gesang, um sich auszudrücken. Gab es da Interaktion mit dem Publikum?

Ich stellte mich nach anfänglich gemeinsamer Stille mit dem Publikum hinter das Erlebnis des Liedes. Ich habe mich immer über die Entstehung eines Liedes informiert. Und mit historischem Wissen und Respekt vor der Kostbarkeit einer Dichtung kann man der Stimme Farbe verleihen und Stimmung und Gefühle vermitteln.

 . . . und wie man weiß: Sie sangen auswendig.

Fischer-Dieskau, Rothenberger, Prey, ich: Wir haben alles auswendig gesungen. Heute singen alle vom Blatt, da kommt keine Interaktion zustande.

Es heißt, Sie entschwanden bei Empfängen nach einem Glas Wasser schnell ins Hotel. Feiern Sie nicht gerne?

Ich stand doch am nächsten Abend wieder auf der Bühne. Das Leben eines Sängers besteht aus Disziplin und daraus, Entbehrungen auf sich zu nehmen. Man entbehrt aber nichts. Wir sind reicher als andere . . .

Sprechen wir doch mal über Sie als Sternzeichen Skorpion.

Sie sind köstlich.

Warten Sie ab. Dass der Skorpion fasziniert und anzieht, ist unbenommen, wie Ihr Welterfolg belegt. Aber ist er explosiv und eifersüchtig?

Ja, er ist es. Es ist die Angst vor dem Vergleich.

Er kann aufbrausen?

Natürlich. Ich habe keine Zeit, etwas mit Geduld anzugehen.

Er führt gerne Regie, lässt sich wenig sagen?

Das ist falsch. Ein kluger Rat ist für mich immer kostbar.

Er ist eine Führungspersönlichkeit?

Das muss sein. Man darf sich nicht unterbuttern lassen.

Sie haben mit den Allergrößten zusammengearbeitet. Wie unnahbar war Karajan?

Auf vergoldeten Kupferplatten ins All geschossen

„Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ aus Mozarts Zauberflöte, gesungen von Edda Moser, gehört zu 27 musikalischen Zeugnissen der Menschheit, die im Jahr 1977 auf vergoldeten Kupferplatten an Bord der Raumsonden Voyager 1 und 2 ins All entschwanden. Die „Voyager Golden Records“ sollen noch in 500 Millionen Jahren funktionieren.

Außer Edda Moser sind Chuck Berry und Louis Armstrong, Vokal- und Volksmusiken, Gregorianik, Spiritual, Barock und Klassik vertreten, außerdem Geräusche von Tieren, Maschinen, Sturm, Kinderjubel und Donner, Fotos und Grußbotschaften. (loi)

Überhaupt nicht. Er war richtiger Profi, hat mit dem geredet, mit dem er reden wollte. Er hatte einen tiefgründigen Humor und wusste unglaublich viel.

 . . . und Luciano Pavarotti?

 . . . wunderbar. Ich habe mit ihm in der Met „La Bohème“ gemacht. Dann wollte er mich wenig später auch in Hamburg als Musetta haben, was die in New York nicht zuließen. Es war eine Ehre, dass er mich als Deutsche für die Musetta haben wollte. Wir hatten bis zu seinem Tod Kontakt.

Was war der Höhepunkt Ihrer Karriere?

Mein Leben. Höhepunkte sind immer die Folgen von Vorarbeit.

Sie empfinden es als Gnade, diese Karriere zu haben.

Absolut. Weil mir diese Stimme geschenkt wurde. Ich habe gedient und auf den Knien gedankt, dass ich es tun durfte. Und ich konnte es tun.

Einige böse Zungen nannten Sie Latrinen-Callas?

Na und? Ich hatte anfangs oft keinen Raum mit Klavier. Ich bin auf die Toiletten und habe Töne geübt. Und alle haben gelacht. Ich dachte: Lacht ihr nur.

Wie wichtig ist das Publikum?

Wenn ein Publikum wüsste, wie entscheidend es an einer Inszenierung mitwirkt, hätte es Lampenfieber. Publikum ist ein wichtiger Teil eines Sängerlebens.

Kennen Sie Lampenfieber?

Und wie, vor Lampenfieber bin ich oft halb wahnsinnig gewesen. Da hilft aber das Können.

Und? Haben Sie je versagt?

Ein einziges Mal bei einem Liederabend in Köln. Da ist bei einem Lied von Hugo Wolf der Text weggeblieben.

Wie ist das ausgegangen?

Ich habe La-la-la gesungen.

Sie haben, 58-jährig, relativ früh, Ihre Karriere beendet?

Meine Devise war: Die Leute sollen lieber sagen, schade, dass sie nicht mehr singt, als dass sie fragen: Ach, singt die immer noch?

Wir haben im Rhein-Sieg-Kreis viele Laienchöre. Wie wichtig sind Chöre für Sie?

Ich habe viel mit Chören gesungen, hatte immer gute Beziehung zu den Sängern. Chöre sind das Labsal für das Volk. Egal was sie singen, auch die Laien. Das ist für diese Leute Medizin. Chöre sind wichtiger als alles andere, sie sind die Wiege des Gesangs.

Warum verbringt eine Berlinerin ihren Lebensabend im Rheinland?

Das ergab sich so. Die Leute hier sind sehr nett, Berlin hat sich nie für mich interessiert. Nur der Musikkritiker Klaus Geitel, der hat mich verstanden.

 . . . der rheinische Karneval?

Ich begreife den Karneval nicht. „Man muss zum Karneval“ gab es bei mir nicht. Ich musste mich für die Bühne ein Leben lang verkleiden, da verliert man die Lust darauf.

Was hören Sie jetzt in Ihrem „Ruhestand“?

Mozarts Klavierkonzerte. Die sind vollkommen. Mozart war nicht von dieser Welt, davon bin ich fest überzeugt.

Ganz sind Sie ja nicht in Rente. Sie haben sich der deutschen Sprache angenommen, sind seit 2006 künstlerische Leiterin der Festspiele der deutschen Sprache im Goethe-Theater in Bad Lauchstädt.

Ich kümmere mich um die deutsche Sprache. Sie wird bei uns mit den Füßen getreten. Eine Sünde, die in unserem Land begangen wird. Die Gendersprache ist Schwachsinn, eine absolute Schande. Man macht sich damit lächerlich. Ich war mit Hans-Dietrich Genscher befreundet. Ich sagte ihm, dass etwas geschehen müsse, dass unsere Sprache den Bach runtergeht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Da haben wir 2006 die Festspiele ins Leben gerufen. Ich habe meine Schauspielerfreunde zusammengesammelt, und wir haben einen unglaublichen Faust gemacht mit Ulrich Matthes und Katharina Thalbach. Das ist jetzt der Mittelpunkt meines Lebens. Wir müssen uns wieder besinnen, welche Kostbarkeit unsere Sprache ist. Ich hoffe, dass wir auch in diesem Jahr die Festspiele machen können.

Der Fernsehsender Arte zeigt am Sonntag, 18. April, um 22.55 Uhr die Reportage „Edda Moser – Königin der Nacht“ von Hilla Schulte.

KStA abonnieren