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Alte BautechnikDieses ungewöhnliche Haus wird gerade in Troisdorf gebaut

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Eine Leidenschaft für traditionelles Handwerk und ebensolche Baustoffe hat Bauherrin Andrea Rost; in den Anbau wird ihre Mutter einziehen.

Eine Leidenschaft für traditionelles Handwerk und ebensolche Baustoffe hat Bauherrin Andrea Rost; in den Anbau wird ihre Mutter einziehen.

Troisdorf – Die Baustelle ist polyglott. Menschen aus Kanada und Chile, aus Österreich, Griechenland, Spanien und Deutschland arbeiten in Bergheim gemeinsam, mehr als eine Sprache wird hier gesprochen. Und so ungewöhnlich wie das Team vom Bau ist in diesem Fall auch das Material: An der Bergstraße entsteht ein Strohballenhaus. Architekt Dennis Harms aus Leichlingen hat es geplant.

Ein Zufall hatte Harms vor Jahren vor die Haustür von Andrea Rost geführt. Er hatte sich verfahren; Rost und ihr Ehemann waren damals gerade dabei, neuen Boden im 1998 erworbenen Fachwerkhaus zu verlegen. Harms – gelernter Tischler mit einem Faible für alte Baustoffe und Gebäude – und die Besitzerin kamen ins Gespräch, über die Jahre entwickelte sich eine Freundschaft.

Drum war der inzwischen in Leichlingen tätige Architekt erste Wahl für den Anbau, den die Hausbesitzer planten: Alte Schuppen machten Platz, hier entsteht Wohnraum für die Mutter von Andrea Rost. „Ich stehe nicht auf modern und alt gemischt“, sagt die Bauherrin, die spätestens in der kommenden Woche wieder selbst Hand anlegen wird: „Man kann gut Eigenleistung einbringen“, weiß die Mutter von vier Kindern, ausgebildete Logopädin. „Es ist nicht sonderlich schwer“, betont auch Harms. So braucht das Strohballenhaus zum Beispiel keine Dampfsperren, die im konventionellen Bau oft fehlerhaft montiert werden.

Noch aber steht Andrea Rost vor allem in der Küche und versorgt die Baumannschaft: Sechs der Beteiligten wohnen bei ihr im Haus, zwei im Wohnmobil, „der Rest bei Freunden von uns im Dorf.“ Als eine Art Seminar nutzt Strohbau-Experte Herbert Gruber aus Österreich die Baustelle, die internationale Hilfe spart weiteres Geld. Mit dabei ist zum Beispiel Olivier Labrie aus dem kanadischen Winnipeg, als einer der Trainer ist Alejandro Lopez aus Spanien im Einsatz. „Noch exotischer als hier“ ist das Bauen mit Stroh in Spanien, „aber es ist im Kommen.“

Der Lehmputz kommt von innen an die Wand

Aus der Nachbarschaft kommt das Stroh, „ganz normale Ballen“, nach Möglichkeit aus langen Halmen und etwas fester gepresst, muss der Bauer liefern. 350 Ballen wurden in Bergheim in eine Holzständerkonstruktion eingepasst, ein Gemisch aus Lehm und Stroh macht die Wände dicht. Lehmputz kommt innen auf die Wand; außen sorgt Sumpfkalkputz für Wetterfestigkeit. „Atmende Wände“ sind das Ziel – auch wenn Dennis Harms betont, dass er den Ausdruck nicht mag. So oder so sind sie normal nach der Fertigstellung normal belastbar; nur für das Aufhängen zum Beispiel von Küchenschränken sollte man Vorkehrungen treffen, betont Dennis Harms.

Nächste Woche kommt der Dachdecker auf die Baustelle, noch Ende dieser Woche sollen die Fenster geliefert werden. Und im Januar, so der Plan, wird das Haus fertig. „Hauptsache, ich kriege meine Heizung“, betont Bauherrin Andrea Rost: Mit dem Abriss der alten Schuppen wurde auch die Heitung im Wohnhaus vorerst abgeklemmt. „Der April war fies“, erinnert sie sich an kalte Tage. Und bei aller Leidenschaft für alte Baustoffe hat sie es gerne warm nicht nur in dem einen Raum, den der Holzofen beheizt.

150 überzählige Strohballen hat die Bauherrin abzugeben: Kontakt über 0228/9454 61 95 oder per Mail an den Architekten:

dh@harmsarchitektur.de

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