64-Jährige verurteiltFür den Troisdorfer Ex-Mann im Prozess gelogen

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Eine Bronzestatue der römischen Göttin der Gerechtigkeit, Justitia (Symbolbild) 

Eine Bronzestatue der römischen Göttin der Gerechtigkeit, Justitia (Symbolbild) 

Troisdorf/Siegburg – Kleiner Unfall, schwere Folgen: Weil ein 50-Jähriger betrunken gegen einen Holzpfahl gefahren war, landete seine Ex-Frau ebenfalls auf der Anklagebank. Die 64-Jährige hatte sowohl bei der Polizei als auch im Zeugenstand vor Gericht gelogen und behauptet, sie habe am Steuer des Autos gesessen. Dabei lag sie etwa zwei Kilometer entfernt in ihrem Bett.

Auch knapp 20 Jahre nach der Scheidung hatten die Ex-Gatten in einem Haus gewohnt, der Mann verheiratet mit einer anderen Frau und zweifacher Vater. Für die Kinder sei sie die „Oma“, sagte die Angeklagte, „ich habe eine enge, sehr enge Beziehung zu ihnen“.

Falschaussage half nicht

Die Sorge um die Kinder habe sie bewogen, am Tag nach dem Unfall zur Polizei zu gehen und auch in der Hauptverhandlung gegen den 50-Jährigen – trotz eingehender Befragung des Richters – bei ihrer Darstellung zu bleiben, erläuterte ihr Verteidiger. „Sie wusste, dass er aufgrund seiner Vorstrafen in den Knast muss.“

Dass sie auch als Geschiedene ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, habe sie nicht gewusst. Gefragt werden die Zeugen üblicherweise, ob sie „verwandt oder verschwägert“ mit dem Angeklagten sind. Als der Richter ihre Zeugenaussage anzweifelte, hatte die 64-Jährige allerdings auch auf seine Frage nach ihrer Beziehung zum Angeklagten („Sind Sie befreundet?“) mit keinem Wort die Ehe und Scheidung erwähnt.

So steht es im Protokoll, das Richter Hauke Rudat verlas. „Warum haben Sie das nicht dargelegt?“, wollte er wissen. Sie antwortete mit einer wegwerfenden Handbewegung und sichtlich genervt: „Ich fand den Richter sehr unangenehm, hatte keinen Bock auf den. Was der nachher geschrieben hat, war eine Unverschämtheit.“

Ihre Falschaussage half dem Ex-Mann letztlich nicht: Er wurde verurteilt, weil er in der Nacht zum 17. September 2017 mit 1,85 Promille und ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein, ein Auto von einer Werkstatt in der Troisdorfer Industriestraße knapp drei Kilometer bis in die heimische Tiefgarage fahren wollte.

Sohn weint die ganze Zeit

Er kam von der Straße ab, riss in einer Grünanlage einen Holzpfahl aus seiner Betonbefestigung (Schaden: 540 Euro), schraubte vom Auto die Nummernschilder ab – und lief einer Polizeistreife in die Arme. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegburg war er in Berufung gegangen, die vom Landgericht Bonn als unbegründet abgewiesen wurde. Er sitzt derzeit in Haft.

Sein jüngster Sohn könne gar nicht begreifen, warum der Vater nicht mehr nach Hause komme, sagte die Angeklagte. „Er weint die ganze Zeit.“ Sie ist mittlerweile zwar weggezogen, kümmere sich aber immer noch um die Kinder.

Hartz-IV-Empfängerin erhält milde Strafe

Ein Freispruch sei hier nicht drin, waren sich Staatsanwaltschaft und Richter einig. „Das Gericht ist auf wahrheitsgemäße Zeugenaussagen angewiesen und kann nicht dulden, dass es nach Strich und Faden belogen wird“, sagte Hauke Rudat.

Wegen der besonderen Umstände fiel die Strafe milde aus: Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt. Die Hartz-IV-Empfängerin, nach einem Überfall 2015 in Troisdorf in psychiatrischer Behandlung und arbeitsunfähig, muss 600 Euro in sechs Raten an ein Kinderheim bezahlen.

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