Abo

Ausstellung im Kunsthaus TroisdorfSurreale Kraft des Polaroids

Lesezeit 4 Minuten
Döring-Spengler1

Das Kunsthaus Troisdorf widmet Herbert Döring-Spengler zu seinem 75. Geburtstags eine Ausstellung, hier eine Galerie mit Porträts von Prominenten. 

  • Herbert Döring-Spengler wurde bekannt, weil er Polaroid-Aufnahmen mit Hilfe eines Toasters verfremdete.
  • Er porträtierte zahllose Prominente.
  • Mit Willy Millowitsch hatte der Foto-Künstler ein Schlüsselerlebnis.

Troisdorf – „75 Jahre, davon 40 Jahre Fotografie – das ist schon was“, meint Herbert Döring-Spengler lakonisch, als er im Kunsthaus Troisdorf steht. Das widmet dem Lohmarer zu beiden Anlässen eine Ausstellung.

Mit 66 Arbeiten zeigt sie einen Querschnitt durch das Oeuvre eines Künstlers, dessen Platz in der Fotogeschichte gesichert ist. So ist er etwa im Kölner Museum Ludwig vertreten, das Fotomuseum Burghausen besitzt ein Konvolut von Döring-Spenglers Arbeiten und wird es im nächsten Jahr präsentieren.

„Ob ich ein Künstler bin, weiß ich nicht. Ich bin ein Bildermacher und ein Suchender“, sagt der Lohmarer, dessen Schau mit dem Foto-Zyklus „Erinnerungen an eine Kindheit“ beginnt.

Alles zum Thema Museum Ludwig

Die war in seinem Fall düster. Früh kam er als Halbwaise ins Kinderheim, die dort erlittenen Misshandlungen und seelischen Verletzungen werden in den Bildern reflektiert. Als junger Mann sei er dann ein Rabauke gewesen, habe zugeschlagen, wenn ihn jemand schief anguckte, erinnert sich der Künstler.

Barkeeper, Anstreicher und Nähmaschinen-Verkäufer

„Kinder aus Heimen, die lassen sich nichts gefallen“ , sagt er, und so wechselte er die Jobs – „es waren unzählige“. Wenn ihm etwas nicht passte, arbeitete er als Zahntechniker, Barkeeper, Anstreicher, Installateur und Nähmaschinen-Verkäufer.

Geöffnet bis 20. Oktober

Die Ausstellung im Kunsthaus Troisdorf, Mülheimer Straße 23 ist bis zum 20. Oktober zu sehen, Samstag 15 bis 18 Uhr, Sonntag 11 bis 14 Uhr. Zur Ausstellung gibt es eine Edition mit einem Porträt von Robert Mapplethorpe für 125 Euro, ohne Foto 35 Euro.

Irgendwann kaufte er sich eine Kamera, streifte durch die Straßen von Bonn und fotografierte. Seine Bilder von angemalten Schaufensterpuppen brachten Geld, doch der Flirt mit dem Kommerz befriedigte Döring-Spengler nicht.

Toasted Polaroids werden sein Markenzeichen

In den 1980er Jahren begann er, mit Polaroids zu arbeiten. Und entdeckte beim Ausprobieren mit den Sofortbildern eine ebenso einfache wie geniale Technik: Nach der Entstehung steckte er das Foto in den Toaster. Die Hitze verfremdet das Motiv, lässt es zersplittern oder aufquellen, schafft surreale Strukturen.

„Das hat was mit Edvard Munch zu tun“, erkannte Reinhold Mißelbeck, damals Kurator der Fotosammlung am Museum Ludwig, als er diese Zufallsprodukte sichtete. „Ich wusste, gar nicht, wer Munch ist“, bekannte Döring-Spengler.

Doch dann las er alles über den norwegischen Maler, was ihm in die Finger fiel, fühlte zwischenzeitlich eine Seelenverwandtschaft. Mag sein, dass diese gespürte Nähe die Qualität der expressiven Arbeiten befördert hat, die er während eines Stipendiums in Munchs Osloer Haus kreierte.

Einige dieser Bilder werden auch in Troisdorf präsentiert, ebenso wie der Zyklus „Sprechende Hände“, das Bild seiner zweiten, inzwischen gestorbenen Frau oder eine Auswahl jener 1500 Prominentenfotos, die Döring-Spengler geschossen hat: Grass, Hockney, Newton, Immendorff. Künstler, Politiker, Schauspieler.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie Willy Millowitsch. Für Döring-Spengler wurde die Foto-Session mit dem Komödianten zum Schlüsselerlebnis. „Er setzte immer sein professionelles Lächeln auf, sobald ich auf den Auslöser drückte. Alles Bitten half nichts.“

Fortan arbeitete Döring-Spengler mit der Videokamera und drückte die Stopptaste, „wenn ich das Gefühl hatte, jetzt ist dieser Mensch er selbst“. Viel hat er im Kontakt mit Zelebritäten erlebt, vom formellen Service durch einen Butler bis zu nächtlichen Anrufen, verbunden mit der Bitte, doch sofort herzukommen und Fotos zu machen.  Wenig Glamour, dafür Eindrücke von Einsamkeit, Krankheit und Getriebensein.

L. Fritz Gruber war erst gegen Döring-Spengler

L. Fritz Gruber findet sich in Troisdorf auch unter den Porträtierten. Der berühmte Sammler habe ihm einst die Aufnahme in die renommierte Deutsche Gesellschaft für Photographie verweigert, erzählt Döring-Spengler: „Er meinte, ich sei ein Scharlatan der Fotografie.“ Gruber änderte später seine Meinung. „Und ich bin natürlich längst Mitglied in der Gesellschaft“, sagt der Künstler schmunzelnd.

Das Ende der Polaroidtechnik stürzte ihn keineswegs in eine Schaffenskrise. Döring-Spengler erfand die „Diazetta“, leuchtend farbige Überblendungen von Bildern aus Zeitungen und Zeitschriften, von denen er täglich bis zu 30 parat hat.

Jeden Morgen geht der Künstler in sein Atelier ins Altenheim Wahlscheid, um zu arbeiten – wenn er nicht in die Rolle des Kurators schlüpft und eine Ausstellung im eigenen Lohmarer Kunsthaus Kilo vorbereitet, vorzugsweise mit eher unbekannten Künstlern von außerhalb. Ein Risiko, doch das hat Herbert Döring-Spengler noch nie gescheut. 

KStA abonnieren