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Rückblick auf prominente GeschichteVor 20 Jahren wurde der Kaiserbau gesprengt

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Vor 20 Jahren wurde die Ruine des Kaiserbaus gesprengt. (Archivbild)

Troisdorf – Als Hotel war das Hochhaus an der Flughafenautobahn 59 geplant, fertig wurde es nie. Und doch erlebte die Immobilie als „Hotel Europa“ kurz vor ihrem Ende noch einmal eine – wenn auch kurze – Blüte. Nach einer wechselhaften Geschichte sank am 13. Mai 2001 der „Kaiserbau“ in sich zusammen. Tausende verfolgten an einem strahlenden Maimorgen das Ende des Kolosses, pilgerten mit Kind und Kegel an die Uckendorfer Straße. Dabei hatte die Stadt den großen Knall auf 8 Uhr angesetzt – bewusst früh am Muttertag, um allzu großen Andrang zu verhindern.

Der Kaiserbau: Das gescheiterte Großprojekt

Begonnen hatte die Geschichte des nach dem ursprünglichen Investor Franz Kaiser benannten Gebäudes im Jahr 1970. Der kaufte Land von der Stadt Troisdorf und begann 1973 zu bauen. 1200 Zimmer sollte sein Hotel haben. Kaiser geriet aber in die Insolvenz, noch vor der Fertigstellung. 1979 wollte er das Vorhaben noch einmal aufnehmen, scheiterte aber erneut. Die Stadt kaufte das Grundstück zurück.

Erinnern Sie sich?

Waren Sie dabei, als der Kaiserbau gesprengt wurde, und haben das Ereignis vielleicht sogar selbst fotografiert? Melden Sie sich gern in der Redaktion, per Post: Neue Poststraße 15, 53721 Siegburg, oder per E-Mail.

In der Folge wurde der 20 Stockwerke zählende Komplex zum Anziehungspunkt für Baustellenkletterer, Graffitikünstler und leider auch für Menschen, die sich dort das Leben nahmen. Die Pläne eines hessischen Investors für ein „Bürotel“ wurden auch nicht Wirklichkeit; schon Ende der 90er Jahre drohte daher die Sprengung.

Das Kunststück: Porträts von Prominenten ziehen ein

Bis 1999 der Künstler HA Schult auf den Plan trat, den der Troisdorfer Stadtverordnete Jürgen Busch (SPD) nach Troisdorf vermittelt hatte. „Ich hatte Schult auf einer Ausstellung getroffen und gefragt, ob er Lust auf eine Aktion am Kaiserbau hätte“, erinnert sich der heute 73-jährige Busch, der dort schon lange „mal etwas machen“ wollte. Schnell war Schult begeistert, nach wenigen Tagen hatte er einen Rahmen für das Konzept entwickelt.

Unterstützt von der Post als Sponsor gestalteten der Kölner Aktionskünstler HA Schult und seine Muse Elke Koska aus verfremdeten Fotografien großformatige Porträts und ließen so insgesamt 130 prominente Gäste „einziehen“: Ernest Hemingway war dabei, Martin Luther und die englische Premierministerin Margaret Thatcher, Karl Marx und Lady Di.

Farbig am Tag, in der Dunkelheit von Scheinwerfern angestrahlt. Endlich war der Kaiserbau ein echter Hingucker. So sehr, dass es dem Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes zu bunt wurde: Gefährliche Ablenkung für die Menschen auf der Autobahn bedeute das Kunstwerk, erklärte der RP damals. Tempolimit und nächtliches „Licht aus“ wollte er anordnen. Aber: „Es ging aus wie das Hornberger Schießen“, weiß Jürgen Busch.

Lebende Prominenz brachte ein Ereignis in die Ruine, die Jürgen Busch als „eine der absurdesten Veranstaltungen“ bezeichnet: Zur Verleihung der deutschen Autotrophy versammelte sich das europäische Automobil-Jetset in Festroben in der Bauruine.

Das Ende des „Hotel Europa“

Dennoch waren die Tage des „Hotels“ bald gezählt. Nach der Kommunalwahl 1999 hatte die SPD keine Mehrheit mehr im Stadtrat, der Nutzungsvertrag für den Kaiserbau wurde nach nur einem Jahr nicht verlängert. Gegen den Protest der nunmehr oppositionellen SPD entschied sich die Stadtratsmehrheit der CDU für eine Sprengung der Bauruine.

Ein Verkauf des Grundstücks als Gewerbepark, so die Planung der Verantwortlichen um den damaligen Bürgermeister Manfred Uedelhoven (CDU), sollte die auf vier Millionen Mark geschätzten Kosten für Sprengung und Entsorgung weit mehr als nur ausgleichen. Andere Ideen wie ein „HA-Schult-Museum“ oder ein Hightech-Gewerbepark mit dem Kaiserbau im Zentrum fanden keinen Widerhall, die „Promis“ verließen das Hotel.

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4000 Sprenglöcher bohrten Beschäftigte eines Dresdner Spezialunternehmens in den Beton. 3600 Kubikmeter Erde wurden als „Sterbebett“ aufgeschüttet, um die Erschütterung der anliegenden Häuser zu mindern, als 25 000 Tonnen zusammensanken.

Kampflos freilich ging der Kaiserbau nicht. Wenige Tage vor der Sprengung entdeckten Umwelt- und Arbeitsschutzexperten Asbest, der in Verschalungen verbaut worden war. Um zu verhindern, dass die als krebserregend eingestuften Fasern den Schutt zu Sondermüll machten und in der Staubwolke über die Stadt zogen, wurde in letzter Minute das Material entfernt.

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