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Ungewöhnliche ArbeitsstelleReifenhäuser-Spende finanziert Aromatherapie im Hospiz

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Klaus und Susi Reifenhäuser (sitzend) übergaben eine 30 000-Euro-Spende für die Arbeit der Aromatherapeutin Birgit Vorländer im Hospiz St. Klara, die sie und Hospizleiter Martin Keßler erfreut entgegennahmen.

Klaus und Susi Reifenhäuser (sitzend) übergaben eine 30 000-Euro-Spende für die Arbeit der Aromatherapeutin Birgit Vorländer im Hospiz St. Klara, die sie und Hospizleiter Martin Keßler erfreut entgegennahmen.

Troisdorf – „Rosenöl ist eines der wertvollsten Öle; ich setze es gerne in der letzten Phase des Sterbeprozesses ein“, erklärt Birgit Vorländer. Sie ist Aromatherapeutin im Hospiz Sankt Klara. Wenn sie von ihren 100 Prozent naturreinen, ätherischen Ölen spricht, blitzen ihre Augen auf.

Ihre Begeisterung hat nicht nur ihren Chef, Hospizleiter Martin Keßler, sondern auch Susi und Klaus Reifenhäuser überzeugt. Mit einer Spende von 30 000 Euro finanzieren sie 40 Prozent einer Vollzeitstelle, damit sich Vorländer mit Massagen, Bädern, Wickeln und Kompressen für die Gäste in der früheren Schule an der Viktoriastraße beschäftigen kann.

Hospiz in Troisdorf könnte Aromatherapie nicht zahlen

„Rosenöl wirkt ausgleichend und verströmt einen angenehmen Duft“, beschreibt die 52-Jährige die Wirkung. 13 Jahre hat sie auf diesen Augenblick gewartet, sich ihrer Leidenschaft mit ausreichend Zeit widmen zu können. Keßler wusste sie an ihrer Seite. Doch Hospize werden nur zu 95 Prozent von den Kostenträgern wie Kranken- und Pflegeversicherungen finanziert, fünf Prozent müssen die Träger selbst aufbringen.

Das sind für die Troisdorfer 130 000 bis 150 000 Euro – jedes Jahr. In der Regel bleibt da kein Raum für Angebote wie Aromatherapie. Dabei wären sie genau das, was Keßler als Aufgabe auch seines Hauses beschreibt: den Menschen hochwertige Lebenszeit zu geben, auch oder gerade wenn es auf den Tod zugeht. „Ich wusste, wie gut das ankommt, aber das war nicht zu finanzieren.“ Jetzt kann die examinierte Krankenschwester, die zusätzlich 35 Prozent als Palliativ-Fachpflegekraft arbeitet, ganz bewusst Zeit mit nur einem Gast verbringen.

Entlasten, entspannen, die Stimmung aufhellen, gegen Müdigkeit angehen, am Leben teilnehmen – ihre ätherischen Öle können viel erreichen. Mal setzt sie diese Öle bei einer Massage ein, mal tränkt sie damit Wickel. Aktuell lieben die Gäste die Bäder mit den ganz besonderen Düften.

Unterschiedliche Wirkungen

Mit zehn ätherischen Ölen und 15 Mischungen arbeitet Birgit Vorländer. Im Jahr kostet die Anschaffung der wohltuenden Substanzen für das Hospiz etwa 400 Euro.

Die Öle wirkten ganz unterschiedlich, erklärt die Aromapflegerin. Zitrone und Ingwer etwa seien gut gegen Übelkeit und Erbrechen. Zitrone sei aber auch anregend. Gegen Hustenreiz helfe Thymian, Angelika-Öl sei schleimlösend. Es gibt Blüten- oder Kräuterdüfte, holzige oder erdige. Im Hospiz Sankt Klara ist derzeit eine Mischung sehr gefragt, die Zitrone zur Anregung, Myrte fürs Loslassen und Weihrauch für die Gelassenheit enthalte.

Neben den Wirkungen auf das Befinden der Kranken haben die Öle auch ganz praktische Effekte. Etwa überdecken sie unangenehme Gerüche, die von Wunden der Schwerstkranken ausgehen können. In den Ultraschallverneblern im Haus werden ausschließlich die naturreinen Essenzen benutzt, mit denen auch Vorländer arbeitet.

Am Tag zuvor erst, so erzählt Vorländer, habe sich eine Dame in der Badewanne ein Kölsch dazu gewünscht. Das Badezimmer sei in diesen Tagen viel wohnlicher geworden, bestätigt ihr Chef. Ihre Kolleginnen und Kollegen wissen, dass sie keine Wunderheilerin ist, und sie weiß, was die anderen leisten. Dennoch wird sie liebevoll die Haus-, Hof- und Kräuterhexe genannt.

In Schwangerschaft mit Aromatherapie angefangen

Angefangen hat Birgit Vorländer mit der Aromatherapie vor 27 Jahren, in ihrer ersten Schwangerschaft. Über die Naturheilkunde kam sie zur Aromapflege, sie absolvierte vielfältige Fortbildungen. Jahrelang hat sie auf der Palliativstation am St.-Josefs-Hospital, die zum Verbund mit der SAPV, der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, und dem Hospiz gehört, ambulant gearbeitet. Ganz individuelle Konzepte für Sterbende können so entwickelt werden. Die palliativmedizinische Versorgung gehört dazu.

„Ich möchte, dass der folgende Satz bei uns nicht mehr so oft gesagt wird: Wir können nichts mehr für sie tun“, wünscht sich der Hospizleiter Martin Keßler. Denn das Gegenteil ist der Fall, wie sein Haus beweist. Den Schrecken nehmen, Trauerarbeit leisten, nicht nur mit den Sterbenden, auch mit den Angehörigen. „Wir wollen nicht heilen, wir wollen den Menschen hochwertige Lebenszeit zur Verfügung stellen“, betont er einen Grundsatz der Arbeit.

Familie Reifenhäuser spendete 30 000 Euro für Aromatherapie

Susi und Klaus Reifenhäuser sind ganz angetan davon. Einmal im Jahr tagt der Familienrat, um über Spenden für wohltätige Zwecke zu beraten. „Wir verteilen, wenn das Ergebnis unseres Familienunternehmens das zulässt, 100 000 Euro“, erklärt Klaus Reifenhäuser bei der Übergabe der 30 000 Euro an das Hospiz für die Fortführung der Aromapflege.

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Mit seiner Frau Susi hat er die Patenschaft für dieses Projekt übernommen. Schon im vergangenen Jahr haben sie das Hospiz unterstützt, nach eigenen wichtigen Erfahrungen in der Sterbebegleitung von Angehörigen.

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