Streit über Rede eines NRW-Politikers„Unsägliche Bemerkungen über Juden gemacht“

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Landtagsabgeordneter Günther Bergmann (CDU, Archivbild)  

  • Die Opposition wirft dem NRW-Landtagspolitiker Günther Bergmann nach seiner Rede zum 9. November im Landtag Antisemitismus vor.
  • Der CDU-Politiker hatte Äußerungen über die Machtergreifung der Nationalsozialisten und Juden gemacht.
  • Im Nachhinein, räumt Bergmann jetzt ein, würde er seine Rede so nicht mehr halten. Die Hintergründe.

Düsseldorf – Als die Rede gehalten wurde, fiel der politische Zündstoff zunächst nicht auf. Nachdem das Protokoll der Landtagssitzung jetzt veröffentlicht wurde, wird der Beitrag des CDU-Politikers Günther Bergmann jetzt zum Politikum. Der Abgeordnete vom Niederrhein hatte über die Bedeutung des 9. Novembers in der deutschen Geschichte gesprochen.

Die Opposition wirft ihm vor, „unsägliche“ Bemerkungen zur Machtergreifung der Nationalsozialisten und über die Juden in Deutschland gemacht zu haben. „Ich bin zutiefst erschüttert, dass der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet diese Sprache in seiner Partei duldet“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Empörung in den Netzwerken

Bergmann hatte in seiner Rede erklärt, die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten sei „de facto ja nur die Übernahme eines Regierungsauftrages durch den Reichspräsidenten in Form einer Koalitionsregierung“ gewesen. Die Zahl der Juden in Deutschland sei, „wenn ich es so salopp formulieren darf, künstlich aufgeblasen worden, weil die österreichischen Juden hinzugezählt wurden“. In der Summe habe sich daraus eine Zahl ergeben, die größer gewesen sei als die derer, die vorher im Deutschen Reich gelebt hätten.

Über diese Formulierungen könne er nur „den Kopf schütteln“, sagte Kutschaty. Auch in den sozialen Netzwerken ist die Empörung groß. In Düsseldorf treffen bereits Nachfragen aus der Bundespolitik zu dem Vorgang ein. Bergmann, ein promovierter Politologe, ist über die Resonanz auf seine Rede tief erschüttert.

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„Ich habe fünf Minuten lang frei gesprochen und mir dabei wohl zu viel vorgenommen“, sagte der CDU-Politiker im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Mit den Äußerungen zur sogenannten „Machtergreifung“ habe er auf die aktuelle politische Lage in Deutschland hinweisen wollen. Der Begriff würde suggerieren, die Nazis hätten die Macht putschartig an sich gerissen. Tatsächlich sei die „Machtergreifung“ aber ein schleichender Prozess gewesen. „Wenn wir heute unsere Demokratie wehrhaft verteidigen wollen, müssen wir genau davor auf der Hut sein. Es gibt ja durchaus Parallelen zwischen dem Aufstieg der Nazis in der Weimarer Republik und den aktuellen Erfolgen der Rechtspopulisten.“

Mit dem Hinweis auf die „künstlich aufgeblasene“ Zahl der Juden habe er lediglich darauf hinweisen wollen, dass die Nazis „ein propagandistisches Interesse“ daran hatten, die Zahl der Juden so hoch wie möglich anzugeben. „Es ist absurd, aus dieser Feststellung einen Antisemitismus-Vorwurf zu stricken“, sagte Bergmann. „Ich fühle mich dem Judentum durch viele Freundschaften und Begegnungen tief verbunden“, so der 55-Jährige.

Buch über Juden verfasst

Auch die CDU-Fraktion wies die Kritik der SPD zurück. Bergmann setze sich seit 30 Jahren gegen das Vergessen ein und habe sogar ein Buch über die Geschichte der Juden in Kalkar veröffentlicht. Bergmann erklärte, im Nachhinein würde er „die Rede so nicht mehr halten“. Die Irritationen seien offenkundig durch die verkürzte Darstellung komplexer Zusammenhänge hervorgerufen worden. „Das tut mir leid“, sagt Bergmann.  

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