VerbotBonnerin kämpft um Blindenschule in Tibet – China will Projekt beenden

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Sabriye Tenberken unterrichtet ein Mädchen.

Sabriye Tenberken unterrichtet ein Mädchen.

Bonn – Auflösungsvertrag, kein Visum, Blinden-Projekt vor dem Aus: Sabriye Tenberken und Paul Kronenberg sind verzweifelt. Ihre Arbeit im tibetischen Lhasa, die vor 19 Jahren begann, steht vor einer ungewissen Zukunft.

Die gebürtige Kölnerin, die in Bonn aufgewachsen ist, und ihr Lebensgefährte aus den Niederlanden haben die Organisation „Braille Ohne Grenzen“ gegründet und unter anderem in Lhasa eine der erfolgreichsten Schulen für Blinde und Sehbehinderte aufgebaut.

Die chinesischen Behörden weigern sich nun, das gemeinsame Projekt fortzuführen und haben Tenberken und Kronenberg die Grundlage ihrer Arbeit entzogen – die sogenannte „Permission“, die Erlaubnis am Projekt vor Ort weiterzuarbeiten. „Scheinbar möchte man uns nicht mehr da haben“, sagt die 47-Jährige im Telefonat mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Gegen westliche Einflüsse

Bei ihrem letzten Besuch wurde den Gründern der Entwurf eines Auflösungsvertrags für das Blindenzentrum vorgelegt. Kommt es zur Schließung, ist die Zukunft von 35 Kindern in der sogenannten Vorbereitenden Grundschule, von rund 80 Jugendlichen und Erwachsenen in der Ausbildungseinrichtung und von 38 hoch qualifizierten Mitarbeitern ungewiss.

Ziel des Blindenzentrums sei es, Sehbehinderte so auszubilden, dass sie eine Regelschule besuchen oder einen regulären Beruf ausüben können. „Am schlimmsten wäre es für die Kinder in der vorbereitenden Grundschule. Die anderen Schulen bieten keine Spezialausbildung an, um die Blinden vorzubereiten“, sagt Tenberken.

„Wir sind fast die letzten, die noch hier sind“

Ein Grund für die Entscheidung, das gemeinsame Projekt zu beenden, habe es von offizieller Seite nicht gegeben. „In China stehen viele große Behindertenschulen leer, das sieht natürlich nicht gut aus“, sagt Tenberken. Es kursiere zudem das Gerücht, dass die chinesische Regierung die „westlichen Einflüsse“ eindämmen wolle. Fast alle Nichtregierungsorganisationen in China seien zuletzt mit starken Regulierungen konfrontiert worden.

„Wir sind fast die letzten, die noch hier sind“, sagt Tenberken. Außerdem habe sie gehört, dass die enorme Wertsteigerung des Gebäudes die Behörden aufmerksam gemacht habe.

Tenberken selbst ist seit ihrem zwölften Lebensjahr erblindet und engagiert sich seit 1997 in Tibet, wo sie Paul Kronenberg kennenlernte. 2005 wurde sie für ihr Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Lange Zeit wusste auch die chinesische Regierung ihre Arbeit zu schätzen und verlieh ihr 2006 den Internationalen Freundschaftspreis.

Kampflos wollen Tenberken und Kronenberg ihr Projekt nicht aufgeben: „Noch ist die Schule nicht geschlossen. Unsere Mitarbeiter weigern sich, das Zentrum zu verlassen. Sie bleiben so lange da wie sie nur können.“ Weil Tenberken und Kronenberg aus Tibet ausreisen mussten, suchen sie im Moment aus Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, mit Hilfe von Diplomaten nach einer Lösung, um das Zentrum fortzuführen.

„Wir wollen nichts für uns persönlich erreichen. Die Schule wird von lokalen Mitarbeitern aufrechterhalten. Die können das sehr gut alleine.“ Sie selbst reisen nach Kerala im Südwesten Indiens, wo sie vor neun Jahren ein Internationales Ausbildungszentrum gegründet haben.

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