Weniger Müll und VandalismusKommt ein Alkoholverbot in NRW-Zügen?

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Alkohol Bahn 2

Bierflaschen rollen durch einen Zug.

Köln – Der Kegelclub, der mit Bier-Sixpacks bestückt morgens in den Zug steigt und im Abteil den Jahresausflug vorglüht; Fußballfans unterwegs zum nächsten Ligaspiel; Kostümierte auf dem Weg nach Köln, die den Zug in eine rollende Kneipe verwandeln – Alkohol in Zügen ist ein „Dauerthema“ – auch für die Gremien des Fahrgastverbandes „Pro Bahn“.

Nüchterne Mitfahrer sind genervt, Zugbegleiter müssen sich gegen aggressive Alkoholisierte durchsetzen, vom Reinigungsaufwand ganz zu schweigen. Dennoch äußert sich die Deutsche Bahn zurückhaltend zu einem generellen bundesweiten Alkoholverbot in Zügen.

Dabei gibt es positive Kundenreaktionen dort, wo ein Bier-Verbot bereits gilt: Im Weser-Elbe-Raum haben es die privaten Bahnanbieter Metronom und Nordwestbahn schon vor Jahren durchgesetzt, seit Jahresanfang ist dort auch die Deutsche Bahn mit dabei: In der S-Bahn Hannover, in den Regionalexpress-Zügen zwischen Hannover, Bremerhaven, Bremen, Norddeich und Osnabrück sowie im Harz-Weser-Netz ist Alkohol tabu.

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Die Fahrgäste sind begeistert – und der Betreiber von Metronom auch. Pressesprecher Björn Pamperin: „Wir haben am Anfang umfänglich informiert, mehr Sicherheitspersonal eingesetzt und das Verbot mit großer Konsequenz durchgesetzt. Das war’s.“ Die Reinigungs- und Vandalismuskosten gingen um 40 Prozent zurück. Selbst emotional aufgewühlte Fußballfans wurden einsichtig. Pamperin: „Unsere Botschaft war: Wenn im Zug randaliert wird, halten wir an, die Polizei kommt – und ihr verpasst das Spiel.“

Im VRS kein entsprechender Vorstoß

Das Netz der Alkoholverbote in Bus und Bahn ist unterschiedlich dicht: Trinkverbote gelten in Köln in Bussen und Bahnen der KVB, Berlin, Hamburg und München führten zumindest alkoholfreie S-Bahnen ein. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg betont, es sei zunächst Sache der einzelnen Verkehrsunternehmen, Restriktionen einzuführen. „Wenn sich der Großteil der im VRS zusammengeschlossenen Unternehmen ein generelles Alkoholverbot wünscht, würde das Thema selbstverständlich in den VRS- und den landesweiten Nahverkehrsgremien diskutiert.“ Derzeit liege, so Sprecher Holger Klein, „dem VRS aber kein entsprechender Vorstoß vor.“

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Inzwischen jubelt sogar die DB im Norden: „Verbote zeigen einen positiven Einfluss auf die Sauberkeit in den Zügen sowie das subjektive Sicherheitsempfinden der Reisenden“, schreibt die Deutsche Bahn nach den ersten Wochen. Sie komme den Wünschen aus Kundenbefragungen nach, wonach die Mehrheit ein Alkoholverbot befürwortet.

Versuchsweise gilt in NRW ein Bier-Tabu für alle überregionalen ICE und IC-Verbindungen mit den Niederlanden. Der Grund: Reisegruppen, die wegen „exzessiven Alkoholkonsums andere Mitreisende belästigten und störten“ und mit ihrem Verhalten Verspätungen verursacht haben. Auf das Angebot der Bordrestaurants hat das Verbot keine Auswirkung.

Der Bahn steht der Durchsetzung eines deutschlandweiten Alkoholverbots noch kritisch gegenüber. Sie will die Ergebnisse im Regionalverkehr abwarten, um die Effekte des Verbots und dessen Durchsetzungsfähigkeit zu überprüfen.

Alkoholvorfälle seien exzessiver als früher

Wünschenswert wäre, so eine DB-Sprecherin aus Düsseldorf, die „Schaffung eines generellen Ordnungswidrigkeit-Tatbestandes, der Fahrgäste sanktioniert, die sich nicht angemessen verhalten“. So würden die Rechte des Zugbe-gleit- und Sicherheitspersonals gestärkt, gegen Störer vorzugehen. Ein Alkoholkonsumverbot im Zug verhindere ja nicht, dass bereits Angetrunkene zusteigen.

Detlef Neuß vom Fahrgastverband Pro Bahn (NRW) berichtet von einer zwar gleichbleibenden Zahl von „Alkoholvorfällen“. Doch die seinen exzessiver als früher. Wer ein Alkoholverbot fordere, springe jedoch zu kurz. Bahn und ÖPNV kämen in eine Klemme, wenn sie auf der einen Seite dafür werben, nach alkoholisierten Feiern das Auto stehen zu lassen und den Zug zu benutzen – dort aber restriktiv vorgingen. Zumindest bei Großereignissen wie Konzerten oder Bundesligaspielen könnte die Bahn, so der Vorschlag des Verbands, Bierkästen-bewehrte Fans oder Eventbesucher auf bestimmte Waggons konzentrieren. Wie auch immer man das Problem angehe: „Die Bahn muss ihre Regeln konsequent durchsetzen, und dazu wird sie mehr Sicherheits-Personal in den Zügen benötigen.“

In diesen Citys ist Alkohol tabu

Generell verbietet die Hausordnung der Bahnhöfe im Lande „übermäßigen Alkoholkonsum“ außerhalb der Gastronomie. In einigen Städten wie München und Nürnberg gilt inzwischen ein striktes Alkoholverbot nicht nur im Bahnhof (jenseits der Lokale), sondern auch im Bahnhofsumfeld, also auf städtischem Grund.

Der Nürnberger Stadtrat hat kürzlich beschlossen, das seit einem Jahr von 22 bis 6 Uhr geltende Alkoholverbot in der Königstorpassage auf 24 Stunden auszudehnen. Dafür benötigt die Stadt noch eine Ausnahmegenehmigung des bayrischen Innenministeriums, die aber sei, so Robert Pollack vom Ordnungsamt, „nach den vorbereitenden Gesprächen zu erwarten“.

Duisburg hat Ende November das im Mai 2017 beschlossene Alkoholverbot für die Fußgängerzone in der City verlängert bis Ende März. In diesem Bereich traf sich regelmäßig eine Gruppe von 20 bis 30 Trinkern, die pöbelten und störten. Die Stadt stellte einen Sozialarbeiter ein, der über das Verbot informiert und den Betroffenen gleichzeitig Hilfen anbietet. (bce)

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