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Wilde Wölfe in NRWVideo dokumentiert Wolfsangriff auf einen Hirsch

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Die Handybilder zeigen, wie die Wölfe in Hünxe einen weiblichen Hirsch jagen. 

  • Am Ostersonntag entstand ein Video, das im Netz für viel Aufregung gesorgt hat.
  • Ein Mann filmte zwei wilde Wölfe, die im nordrhein-westfälischen Hünxe einen Hirsch angriffen.
  • Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz bestätigte nun die Echtheit des Videos.

Hünxe/Köln – Solche Aufnahmen kennen die meisten Menschen in NRW nur aus Tier-Dokus. Jetzt hat ein Mann aus Hünxe am nord-westlichen Rand des Ruhrgebiets mit seinem Handy ein kurzes Video von wilden Wölfen gedreht. Auf der Sequenz, die er aus seinem Wohnzimmer aufgenommen hat, ist zu sehen, wie zwei Wölfe einen weiblichen Hirsch auf einer Wiese jagen.

Die Datumsanzeige belegt, dass sich die Szenen am Ostersonntag gegen 7.30 Uhr abgespielt haben. Einer der Wölfe versucht, den wesentlichen größeren Hirsch zu attackieren. Dieser weicht mal zurück, mehrere Male aber schlägt er mit seinen Vorderhufen nach dem Wolf. Die Frau des Mannes, von ihm herbeigerufen, beobachtet die Szene und soll anschließend die Wölfe verscheucht haben. Glück für den Hirsch, er überlebt.

Das Video steht danach kurz im Netz, bis es wieder entfernt wird. Denn die Aufmerksamkeit von Medien, Naturschützern und besorgten Anwohnern ist groß. Anfangs ist den Beobachtern unklar, ob es sich wirklich um Wölfe oder doch nur um große Hunde gehandelt hat.

Lanuv bestätigt Echtheit des Videos

Das Video wird dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) zugespielt. Dort untersuchen Wolfsexperten den Film. Nach wenigen Tagen die Nachricht: Erstens ist das Video echt. Und zweitens: „Bei den Tieren auf dem Video handelt es sich tatsächlich um Wölfe“, sagt Wilhelm Deitermann vom Lanuv im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Aufnahmen wurden auch durch die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf geprüft, die zum gleichen Ergebnis kommt.

Die Identität der Wölfe ist laut Landesamt noch nicht bekannt. „Vermutlich handelt es sich bei einem Wolf um die im Wolfsgebiet Schermbeck territoriale Wölfin GW954f. Ein zweites Individuum ist aus dem Wolfsgebiet bislang nicht genetisch nachgewiesen worden. Zu Alter und Geschlecht können keine Angaben gemacht werden“, heißt es weiter.

GW954f hat man in der Gegend des ausgewiesenen Wolfgebietes Schermbeck, zu dem Hünxe gehört, den Spitznamen Gloria gegeben. Genetische Untersuchungen von Speichelproben durch das Forschungsinstitut Senckenberg in Gelnhausen zeigten, dass die im Wolfsgebiet Schermbeck ortstreue Wölfin am 19. und am 24. Dezember in Hünxe jeweils ein Schaf getötet hat. Einen Antrag, sie zu erschießen oder zu vergrämen, lehnte das Umweltministerium im März ab. Wölfe sind naturschutzrechtlich streng geschützt, eine Tötung ist verboten. Ausnahmen sind nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich.

Es handelt sich bei dem Video um einen ersten Hinweis auf ein mögliches Paar im Wolfsgebiet. Wölfe leben in festen Zweierbeziehungen, die in der Regel lebenslang bestehen. So ist von einem Paar auszugehen, wenn zwei geschlechtsreife Wölfe (Rüde und Fähe) gemeinsam über vier Wochen in einem Gebiet nachgewiesen werden.

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Die Anwesenheit von Wölfen trifft auf ein geteiltes Echo. Dass die Tiere einen Hirsch angreifen, ist für Lanuv-Sprecher Deitermann kein Problem. „Wölfe sind Prädatoren, sie jagen Wildtiere wie hier das Hirschkalb. Das ist völlig normal.“

Wolf war in Siedlungsnähe – „völlig normal und ungefährlich“

So sieht man es auch beim Nabu. Die Videoaufnahme zeige die beiden jagenden Wölfe in Siedlungsnähe, wie andere Wildtiere würden auch Wölfe Ortschaften in Kulturlandschaften nicht gänzlich meiden. „Daher ist es völlig normal und ungefährlich, wenn sie an Siedlungen vorbei oder auch einmal hindurchlaufen oder bis an den Rand jagen“, so Thomas Pusch, Sprecher des Fachausschuss Wolf beim Nabu. Für die Tiere sei es nicht erkennbar, dass es in einem Haus Menschen gibt.

Die Jäger sehen das wie auch Viehhalter anders. „Ein Wolf im Ballungsgebiet wie NRW ist höchst problematisch“, sagt der Sprecher des NRW-Jagdverbandes, Ludger Baumeister. „Wir NRW-Jäger waren nie gegen den Wolf, aber die Lage ist eine andere als in der Lüneburger Heide oder der Mark Brandenburg mit wenig Besiedlung.“

Erfahrungen in Ostdeutschland zeigten, dass die Bejagung von Wildschwein, Hirsch und Reh in einem Wolfsgebiet viel schwieriger ist, weil die Wildtiere viel heimlicher und nachtaktiv werden. Für die Jäger ist das ein Dilemma. Angesichts von Borkenkäfer und Dürre ist der Wald in Gefahr, und sie haben den Auftrag, mehr Tiere zum Schutz junger Kulturen zu schießen als je zuvor. Dazu wurde extra die Jagdzeit auf Rehe vielerorts um den Monat April verlängert.

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