EhrenamtEine Freundschaft wie im Dschungelbuch

Lesezeit 4 Minuten
Haben eine ganz besondere Verbindung: Collins (10) und sein Mentor Moritz Limbach

Haben eine ganz besondere Verbindung: Collins (10) und sein Mentor Moritz Limbach

Köln – Wenn sich Collins auf dem Beifahrersitz neben Moritz platziert, sprudeln die Fragen nur so aus ihm heraus. „Welcher Knopf ist das? Was passiert, wenn man hier drückt? Und da? Darf ich bitte auch mal schalten?“ Collins ist zehn Jahre alt und liebt Autos. Genau wie Tiere. Zoo in Köln, Affenpark in Gummersbach, Tierpark in Lindenthal: Die beiden treffen sich jede Woche und unternehmen am liebsten etwas an der frischen Luft. Sie sammeln gerne Pilze in der Eifel oder machen im Sommer eine Radtour entlang des Rheins.

Collins ist Moritz’ Mogli und Moritz ist Collins Balu. Beide nehmen an dem Projekt „Balu und Du“ teil, das im Jahr 2002 in Köln und Osnabrück gegründet wurde. Die Idee startete als Modell des Diözesan-Caritasverbands im Erzbistum Köln. Inzwischen ist das erfolgreiche Mentorenprogramm deutschlandweit aktiv und fördert Grundschulkinder in ihrer Freizeit.

Engagierte junge Menschen wie Moritz Limbach übernehmen ehrenamtlich mindestens ein Jahr lang eine Patenschaft für ein Kind mit Förderbedarf. Der Programm-Name ist entlehnt aus dem „Dschungelbuch“.

Alles zum Thema Erzbistum Köln

In dem Kinderfilm-Klassiker steht Balu der Bär dem Menschenkind Mogli helfend und beschützend zur Seite und zeigt ihm die schönen Seiten des Lebens. Getreu dem Motto „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“. Heute ist „Balu und Du“ ein Verein und hat deutschlandweit schon 10000 Grundschüler und Ehrenamtler zusammengebracht.

Moritz Limbach ist Betriebswirt, er arbeitet in einem IT-Unternehmen. „Mir geht es gut, ich habe einen tollen Job und wollte in meiner Freizeit auch anderen etwas geben“, sagt der 35-Jährige über seine Motivation. Moritz ist eine Ausnahme, die der Startphase des Projekts geschuldet ist, denn normalerweise sind Balus nicht älter als 30 Jahre.

Auf der Suche nach einem sinnwollen Ehrenamt stieß Moritz Limbach vor zwei Jahren im Internet auf das Projekt. Da er selbst noch keine Kinder hat, aber gerne mit ihnen zusammen ist, war das für ihn die perfekte Wahl. „Mit Collins und mir hat es von Anfang an super geklappt. Wir mögen uns beide sehr gerne und verstehen uns richtig gut.“ Wenn Moritz beruflich unterwegs ist, etwa in Indien oder Afrika, schickt er Collins Bilder über Whatsapp. Vor allem von den Tieren, die er dort sieht. Ihre Treffen sind längst zu einem festen Ritual geworden, die für Collins Beständigkeit, Spaß und Geborgenheit bedeuten.

Die Kinder werden meist von ihrer Schule an das Programm vermittelt. Es sind Jungen und Mädchen, die nicht ganz so günstige Startbedingungen hatten wie andere Kinder. Collins hat Glück, er wächst in einer liebevollen Familie auf. Nur Ausflüge und manch andere Dinge können seine Eltern aus diversen Gründen nicht übernehmen.

Moritz Limbach sorgt dafür, dass Collins jetzt öfter aus seinem Stadtteil herauskommt und neue Dinge erlebt. „Die Eifel zum Beispiel hatte er vor unserer Patenschaft noch nicht gesehen“, erinnert sich der Mentor. Auch Collins erstes Abendessen in einem griechischen Restaurant war für die beiden ein gemeinsames Abenteuer. Mogli profitiert nicht nur von Balu, andersherum gilt es genauso – eine Win-win-Situation also. Moritz Limbach bekommt durch die Freundschaft mit dem Schüler einen neuen, anderen Blickwinkel aufs Leben.

„Collins und ich leben in zwei verschiedenen Welten. Unser Austausch ist für beide von uns sehr bereichernd.“ Die Faustformel des Projektes lautet: Betreut wird ein Kind, einmal in der Woche, für ein bis drei Stunden, mindestens ein Jahr. Fachkräfte des Vereins unterstützen die Ehrenamtlichen mit Online-Feedback und regelmäßigen Begleittreffen, an denen sich auch die Balus untereinander besprechen können.

Moritz Limbach will Collins möglichst lange weiterhin unterstützen. „Wenn er es möchte, dann gerne bis er erwachsen ist“, sagt er. Oder noch länger, lebenslänglich. Die beiden haben eine ganz besondere Verbindung. Das ist nicht bei jedem Mentoren-Team so. Dem Betriebswirt wurde bei seinem Start ins Ehrenamt ein Kind zugeteilt, mit dem die Chemie einfach nicht stimmte. Auch das gibt es. Beim zweiten Mogli fiel es der Mutter schwer, loszulassen und ihr Kind stundenweise abzugeben. Erst das Treffen mit Collins war ein voller Erfolg.

Finanziert wird „Balu und Du e.V.“ aus Spenden und Stiftungsgeldern – auch „wir helfen“ hat das Projekt bereits unterstützt. Den Ehrenamtlern werden Fahrtkosten, Ausgaben für Eintritte und andere Kosten erstattet.

Manchmal gehen Moritz und Collins gemeinsam ins Kino. Und essen anschließend einen riesigen Burger. „Das ist dann aber wirklich etwas Besonderes und das erkläre ich ihm auch so“, sagt Moritz Limbach.

Oft unternehmen die beiden aber etwas, das gar nichts kostet. Eine Tour durch den Wald. Ein Besuch bei einem Freund von Moritz, der in seinem großen Garten Gemüse anbaut. Und natürlich immer wieder eine Fahrt mit dem Auto durch Köln. Die vielen Knöpfe, das Navi, das Motorengeräusch und vor allem das regelmäßige Zusammensein mit seinem Balu reichen aus, um dem Viertklässler ein großes Strahlen ins Gesicht zu zaubern.

www.balu-und-du.de

Das könnte Sie auch interessieren:

KStA abonnieren