Extremisten im InternetKölner Expertinnen geben Tipps zum Schutz von Jugendlichen

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Wo Kinder und Jugendliche im Internet unterwegs sind, versuchen auch politische Extremisten ihre Inhalte zu platzieren.

Köln – Das Internet ist heute das wichtigste Propagandainstrument extremistischer Gruppen. Wie können Jugendliche online besser geschützt werden?

Was ist Extremismus?

Der Begriff ist in der Wissenschaft sehr umstritten. In der Regel sind politische Einstellungen gemeint, die auf der Rechts-Links-Skala an den äußeren Rändern angesiedelt sind. Bestrebungen von den Rändern, die „Mitte unserer Gesellschaft“ zu bedrohen, sollen vom Verfassungsschutz verhindert werden. Er sorgt für den Schutz der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ und unterscheidet zwischen Rechts-, Links- und religiösem Extremismus.

Für Saskia Lanser, Fachreferentin der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz mit Sitz in Köln, beginnt Extremismus viel früher. Sie sieht ihn online in Posts und Videos, „die Menschen oder ganzen Gruppen entlang ideologischer Vorstellungen die Würde absprechen oder ihre Persönlichkeitsrechte in Frage stellen“.

Auf welchen Plattformen finden Jugendliche diese Inhalte?

Prinzipiell auf allen, weiß Lanser. „Keine Plattform ist davor sicher, dass jemand, der krude Weltvorstellungen hat, sich dort anmeldet.“ Wer Jugendlichen extremistische Inhalte vermitteln will, tue das auf verschiedenen Kanälen wie Instagram und Youtube mit der jeweils dort üblichen Ansprache.

Instagram ist beispielsweise eine Lifestyle-App, in der viele Influencer eine Nähe zu sich, ihrem Alltag und ihrer Denkweise suggerieren. Der 27-jährige rechtsextreme Attentäter von Halle hingegen übertrug seinen Versuch, mit Waffen in eine Synagoge einzudringen, auf der Gaming-Seite Twitch, sehr wahrscheinlich wegen der hohen Videoqualität der Plattform.

Wie wichtig ist Youtube?

88 Prozent der Jugendlichen nutzen Youtube mehrmals pro Woche, 44 Prozent dabei als wichtigste Informationsquelle. Das Problem: Youtube selbst ordnet die Videos nicht Qualität, faktenbasierte Videos stehen neben Lügen. Und wer einmal ein Video aus einem politisch-extremen Umfeld anklickt, bekommt vom Algorithmus oft weitere Kanäle mit ähnlicher Ausrichtung vorgeschlagen. Meist folgen auf vermeintlich harmlose Inhalte schrittweise immer extremere, um die Nutzungsdauer zu erhöhen.

Warum sind Rechtsradikale in Diskussionen so präsent?

Den Eindruck, dass Menschen mit rechtsradikalen Ansichten im Netz dominieren, nennt Lanser den „Megafon“-Effekt: Wenige, gut Vernetzte liken und kommentieren organisiert und vermitteln so den Eindruck einer Mehrheit.

Was können Eltern tun, wenn ihre Kinder extremistische Inhalte konsumieren?

Experten sagen: darüber sprechen. Und betonen, dass sie Erwachsenen alles zeigen können, was ihnen im Internet begegnet – und sie verwirrt. „Es darf keine parallele Mediennutzung entstehen“, sagt Lanser. Oft sei den Jugendlichen auch nicht klar, welche Hintergründe hinter vermeintlich harmlosen Aussagen stecken.

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„Witze über Minderheiten sind schnell gemacht“, sagt Silke Knabenschuh von der AJS. „Dann sollten sie an das Empathievermögen der Kinder appellieren und ihnen klar machen: über benachteiligte Menschen lacht man nicht.“

Was müssten Betreiber für besseren Jugendschutz tun?

Die Kommission für Jugendmedienschutz fordert die Voreinstellungen bei Profilen zu ändern. Bei unter 18-Jährigen sollten sie von Anfang an nur für Freunde sichtbar sein, um sie vor Nachrichten zu schützen. Die AJS wünscht sich, dass die Betreiber offensiver kommunizieren, welche Inhalte auf ihren Seiten nicht erwünscht sind. Die so genannten „Community-Standards“ sind oft versteckt. Außerdem muss es einfach zugängliche Meldefunktionen für fragwürdige Inhalte geben.

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