Heute steht Michelle Böhle alleine auf der Bühne in der Aula des Berufskollegs Ehrenfeld (BKE) – in wenigen Monaten wird sie von rund 40 Mitschülerinnen und Mitschülern begleitet werden – wenn Anfang April das Musical-Projekt „Queer denken!“ Premiere feiert. Passend zu dessen Inhalt präsentiert die BKE-Schülerin den Song „ID“ von Michael Patrick Kelly, in dem es um verschiedene Identitäten geht, um Einzigartigkeit. Vielfalt. Und um Toleranz.

Im falschen Köper geboren

„Queer – Denken!“ – das integrative Musical-Projekt des Frechener Vereins „music 4 everybody“, erzählt die Geschichte eines jungen Menschen, der als Mädchen geboren wurde, sich aber seit jeher als Junge fühlt. Als Heranwachsender, mitten im Prozess der Geschlechtsumwandlung, verschlägt es ihn berufsbedingt nach Köln. Weil er auf dem Papier noch weiblich ist, findet er sich in einem Mädchenwohnheim wieder.

Knapp ein halbes Jahr vor der Premiere präsentieren „music 4 everybody“- und „BKE“-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denjenigen Ausschnitte aus dem Konzept, denen sie die Förderung des Projekts verdanken: Der Kreissparkasse Köln und der Aktion „wir helfen“ des Kölner Stadt-Anzeiger für Kinder in Not.

Helfende Allianz

„wir helfen“-Vorsitzende Hedwig Neven DuMont nutzte die Gelegenheit, um sich einmal mehr bei Alexander Wüerst (Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Köln), für das langjährige und treue Engagement des Kreditinstituts zu bedanken, das „wir helfen“ seit 25 Jahren dabei unterstützt, Projekte in der Region zu fördern, die sich für benachteiligte und in Not geratene Kinder und Jugendliche starkmachen. „Spenden statt Präsente“ heißt die Initiative, im Rahmen derer die Kreissparkasse Köln seit vielen Jahren auf Weihnachtspräsente verzichtet – zugunsten von sozialen Projekten. Wie beispielsweise auch „music 4 everybody“: Seit elf Jahren bietet der gemeinnützige Verein insbesondere sozial benachteiligten und geflüchteten Jugendlichen kulturelle Bildung und Integrationshilfe in Form von inklusiven schulischen und außerschulischen Musik-Projekten.

Das Besondere an dem gerade am BKE gestarteten Musical-Projekt ist, dass dabei einheimische und geflüchtete Schülerinnen und Schüler gemeinsam auf der Bühne stehen. „Die Herausforderung besteht unter anderem darin, dass auch viele Schüler aus dem arabischen Raum beteiligt sind. In einigen dieser Heimatländer drohen homosexuellen Menschen Haftstrafen, Folter oder sogar der Tod“, sagt BKE-Projektkoordinatorin Nora Grütjen.

„Uns Dozenten geht dieses Projekt sehr nahe. Inländische und geflüchtete oder zugewanderte Jugendliche tauschen sich in freundschaftlicher Art über vielfältige geschlechtliche Lebensformen aus, die auch bei uns noch zu gesellschaftlicher Ausgrenzung führen können. Das ist gelebte Integration“, ergänzt „music 4 everybody“-Dozentin Gonca Morgentau.

Eine Schule denkt queer

Dass dieses Kennen- und Verstehenlernen so harmonisch über die Bühne geht, liegt sicher auch an der Philosophie des BKE, die geprägt ist von Toleranz – unter anderem auch gegenüber sämtlichen Geschlechterrollen und Lebensweisen. Schulleiter Johannes Segerath: „Davon zeugt unter anderem unsere bunte bemalte Schulmauer, die sich der Gender-Thematik widmet und auch eine ehemalige Schülersprecherin, die zuvor 40 Jahre lang als Mann lebte und sich bei uns auf die Erzieherinnen-Ausbildung vorbereitete.“ Eine Schule denkt vorbildlich queer!