Planet Kultur e.V.Im Großstadtdschungel

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Im „Planet Kultur“-Proberaum: Ensemblemitglieder studieren die Bar-Szene ein.

Im „Planet Kultur“-Proberaum: Ensemblemitglieder studieren die Bar-Szene ein.

„Du willst ihm helfen? Pass auf, dass du dir die Finger nicht schmutzig machst. Im Dreck geboren bleibt im Dreck!“ – rabenschwarze Dialoge wechseln mit launigen Monologen aus „Leonce und Lena“ und immer wieder Rap- und Pop-Einlagen. Fliegender Wechsel auch bei den Kostümen: Mal treten die 14 jungen Schauspielerinnen und Schauspieler nobel-mondän in Ballkleider gehüllt auf die Bühne, mal leger im Trainingsanzug oder grell-poppig mit Tüllrock.

Bei einer der letzten Proben 14 Tage vor der Premiere ihres Stückes „It“s a jungle out there“ („Es ist ein Dschungel da draußen“) im Kölner Schauspiel geht es höchst diszipliniert und konzentriert zu im Proberaum des Vereins „Planet Kultur“. Muss es auch, schließlich hatten die Jugendlichen nur wenig Zeit zum Einstudieren – „Erst im Mai konnten wir mit den Proben starten“, sagt Projektleiterin und Regisseurin Lisa Mehnert.

Ungünstige Startbedingungen

Zuvor hatten die Teilnehmer die Geschichte des Stücks gemeinsam mit Lisa Mehnert entwickelt und geschrieben. Unterstützt wurden sie dabei vom künstlerischen „Planet Kultur“-Team (Christina Schamei, Bruno Breitzke, Alfred Mehnert, Jan Beiling, Kathrin Eigendorf (Musik), Kristina Huck, Elvira Essert (Choreografie)). Das, was sie nächste Woche auf die Bühne des Schauspiel Kölns bringen werden, ist heiter und traurig, komisch und tragisch –und teils ihrem eigenen Leben sehr nah. Oder ihrer Vergangenheit. Als Heimkind, Schulabbrecher(in), Flüchtling, psychisch Kranke(r) oder Wohnungslose(r).

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So erzählt „It“s a jungle out there“ von der Sehnsucht nach einem Zuhause, nach einem Ort, an dem man willkommen ist, dem Platz im Leben, an den man hingehört – oder sich so fühlt. Ein solcher Ort bietet sich den 14 jungen Menschen seit September in der Wormser Straße 45, Hinterhof. Hier ist der, von Beginn an unter anderem von „wir helfen“ geförderte, Verein „Planet Kultur“ zu Hause. Das Integrationsprojekt unterstützt seit 2005 Jahr für Jahr bis zu 15 Jugendliche mit schwierigen Startbedingungen bei ihrem Schulabschluss, der Ausbildungssuche und der (Be-)Förderung ihrer musischen Talente. Das Team von professionellen Künstlern und Dozenten unterrichtet die Jugendlichen ein Jahr lang in Tanz, Gesang und Schauspiel – und parallel in klassischen Schulfächern wie Deutsch, Bio oder Mathe.

Straßenjunge trifft auf Bohemian

Bislang war eine gemeinsam gestaltete Musical-Inszenierung der Höhepunkt des Integrations- und Ausbildungsprojektes: Othello, Peter Pan, ein Sommernachtstraum, Linie 15 und viele andere überzeugende Inszenierungen mehr standen schon auf dem „Planet Kultur“-Programm. Aufgeführt in der Oper Köln, der Volksbühne oder im Schauspiel Köln. Dort, im Depot 2 wird es ab 26. Juni in dem selbst erschaffenen Stück um eine ungewöhnliche Freundschaft gehen, die an einem trostlosen Spielplatz in einer Großstadt – eine Rutsche, eine beschmierte Bank, ein Mülleimer – ihren Anfang nimmt. Ken, ein Schauspieler und Bohemien, trifft dort auf Cezur, einen jugendlichen Wohnungslosen, der unter der Rutschbahn schläft und lebt („Ich bin alleine seit ich denken kann“).

Weil der Straßenjunge Hunger hat, nimmt Ken ihn mit in seine Stammbar. Dort treffen die beiden jungen Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, auf Kens Freundeskreis – die feine Gesellschaft, bestehend aus einer: Immobilienmaklerin(„Entmieterin“), Staatsanwältin („Hinter-Gitter-Bringerin“) und Psychologin („Wegweiserin“). Die Freundinnen warnen Ken: „Sei vorsichtig, du weißt nicht, worauf du dich erlässt. Das ist das echte Leben, und nicht die Bühne im Theater, das kann auch gefährlich werden.“

Das eigene Leben auf der Bühne

„Mir gefällt an dem Stück, dass wir unser Leben darin verarbeitet haben“, sagt Yunus („Cezur“) am Ende der Probe – „Das ist wirklich sehr realitätsnah, so dass die Zuschauer sich gut in die Rollen hinversetzen werden können“, sagt und Ilkan („Ken“) und Mark, der einen Verrückten spielt, fasst zusammen: „Es geht in unserem Stück darum, wo und wie man seinen Platz im Leben findet.“Lisa Mehnert: „Und auch darum, warum es Projekte wie Planet Kultur gibt und braucht, zeigen unsere Jugendlichen auf der Bühne.“

Die beiden Hauptdarsteller sind dankbar, dass sie bei Planet Kultur erstmals in ihrem Leben künstlerisch gefördert werden, was sie auch dazu motiviert, einen Schulabschluss anzugehen. „Let“s do it“ („Lassen es uns machen“) sangen sie eben noch auf der Bühne.

Im Dschungel des Alltags mussten und müssen Ilkan, Yunus und ihre 14 Mitstreiter lernen, dass das Leben hart sein kann und ein hohes Maß an Verantwortung fordert. „Planet Kultur“ hilft ihnen dabei, zu selbstbewussten Jugendlichen zu reifen.

Aufführungen: „It’s a jungle out there“, 26./27./28.6., 20 Uhr, Depot 2, Schauspiel Köln, Karten gibt es ab 19,70 Euro unter www.schauspiel.koeln oder 0221/22128400

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