Projekt in Köln-WeidenGelebte Integration im Café

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Saron (9) wird im „Café i wie international“ beim Lernen betreut.

Saron (9) wird im „Café i wie international“ beim Lernen betreut.

Köln-Weiden – Jeden Mittwoch um 16.30 Uhr beginnt die gelebte Integration. Dann füllt sich das „Café i wie international“ im evangelischen Gemeindehaus in Weiden mit Besuchern. Kinder mit ihren Müttern mit und ohne Kopftuch und Helfer aus dem Team finden sich ein im Jugendkeller an der Aachener Straße. Auf der Theke steht ein üppiges Buffet aus Keksen, Croissants und Kuchen bereit. Heute gibt es auch noch Hot Dogs mit Geflügelwürstchen.

Gegründet wurde das Projekt im April 2016, zur Zeit der großen Flüchtlingsströme. Es sollte eine Anlaufstelle sein, die den neuen Bürgern in Köln Hilfe bietet. Damals haben viele Flüchtlinge in Auffanglagern gewohnt, inzwischen leben mehr von ihnen in Wohnungen. Auch dieser Tage ist das Café jeden Mittwoch gut besucht, etwa 30 bis 50 Menschen kommen pro Woche. Neu-Kölner, deren Heimat einst in Syrien, Afghanistan oder im Kosovo war.

Die Gäste kommen aus Lövenich, Weiden oder sogar aus Porz. Es hat sich in der Stadt herumgesprochen, dass es hier praktische, unbürokratische Hilfe gibt: Deutsch-Unterricht ohne Anmeldung. Beratung bei Problemen mit Ämtern oder im Alltag. Hausaufgabenbetreuung und Bastel- und Leseangebote für die Kinder und eine „Zu-Verschenken-Ecke“ mit Büchern, Vasen oder anderen Haushaltsgegenständen.

Und jede Woche gibt es einen weiteren Programmpunkt: Diesmal eine Kleiderbörse, ein andermal wird der Spiele-Schrank geöffnet. Ein besonderes Ereignis war der Frauenabend. Viele, die dabei waren, erzählen noch heute mit leuchtenden Augen davon, wie sie die Fenster des Jugendkellers verhängt und die Räume abgedunkelt haben. Nur Frauen hatten Zutritt. Ihre Kopftücher haben sie ab- die Musik aufgelegt.

Etwa 20 Helfer kommen regelmäßig – mit dem Wissen hier etwas Sinnvolles zu tun. Vier Frauen im Team sind schon über 80 Jahre alt. „Unterstützung brauchen wir vor allem noch außerhalb der Café-Zeiten“, sagt Gründerin Gitta Schölermann. Sie ist Diakonin und Jugendleiterin in der Gemeinde. Die Hilfsbereitschaft dort sei groß, doch häufig braucht es zusätzliche Unterstützung. „Wer kann das gebrauchte Sofa abholen und zur syrischen Familie transportieren?“

„Das Café i ist über die Monate ein großes Ding geworden“, so Schölermann. Das Schönste am Projekt seien die vielen Kontakte, die entstanden seien. Finanziert wird das Café durch die Gemeinde und durch „Komm-an NRW“, ein Landes-Förderprojekt für Flüchtlinge. Und durch Spenden.

Mobiles aus Stöcken und Muscheln

Während die Erwachsenen plaudern, Kaffee trinken und Deutsch üben, sitzen die Kinder draußen am Tisch und basteln. Anja Harig gehört zum Helfer-Team. Die Kinderkrankenschwester denkt sich jede Woche einen neuen Programmpunkt aus. Diesmal können die Kinder Pappteller verzieren und kleine Mobiles aus Stöcken und Muscheln basteln.

Elnaz taucht einen großen Pinsel in die blaue Farbe und tupft damit das Meer auf ihren Papierteller. Die Sechsjährige ist gerade in die Schule gekommen und stammt aus Afghanistan. Seit zweieinhalb Jahren lebt sie in Köln und gehört zu den Stammgästen. Kinder sind hier willkommen – aber nicht allein, sondern mit mindestens einem Elternteil – damit sich die gesamte Familie integriert. Viele Kinder sprächen perfekt deutsch, manche Eltern aber nur ein paar Wörter. „Die Kinder lernen unsere Sprache meist blitzschnell“, sagt Haring.

Basteln fällt manchen Kindern schwer

Trotzdem merkt sie, dass Kinder aus geflüchteten Familien oft ganz anders aufwachsen. „Basteln, einige Zeit ruhig am Tisch sitzen, das fällt einigen anfangs sehr schwer.“ Für viele Familien sei es normal, dass der Fernseher den ganzen Tag läuft. Kinder können sich dem Sog der Bilder meist nur schwer entziehen. „Das Basteln mit Kleinkindern, das bei uns im Kindergarten beginnt, ist offenbar etwas typisch Deutsches.“ Umso mehr genießen es die Kinder, wenn es ihnen gelingt, sich darauf einzulassen.

Alle Café-Besucher sind sich darüber einig, was das große Highlight des Jahres war: Die erste Ferienfreizeit des Projekts, eine Woche gemeinsam im Bergischen. Mit 35 Müttern, Kindern und Helfern, mitten im Super-Sommer, bei täglich 30 Grad. Auch im kommenden Jahr will das Café wieder eine Woche auf Reisen gehen. Dafür werden aber noch dringend Spenden benötigt.

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