Youtube und Fake News5 Gründe, warum Jugendliche eher Verschwörungstheorien glauben

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Proteste gegen die Corona-Beschränkungen werden in den sozialen Medien organisiert.

Proteste gegen die Corona-Beschränkungen werden in den sozialen Medien organisiert.

Köln – „Wir bekämpfen nicht nur eine Pandemie, wir bekämpfen eine Infodemie“, sagte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus bereits Mitte Februar auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Er beschrieb schon damals ein Überangebot an Informationen zum Coronavirus, von denen längst nicht alle vertrauenswürdig sind.

Desto länger die Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie anhalten, desto unübersichtlicher wird die Nachrichtenlage. Auch unter Jugendlichen verbreiten sich Gerüchte, Halbwahrheiten und Fake News rasend schnell, berichten Lehrer und Sozialarbeiter. Fünf Gründe, warum das so ist.

Wissenschaftler warnen vor hohem Leidensdruck

Gerade Kinder und Jugendliche leiden besonders unter der aktuellen Situation, warnen Kinderschützer und Wissenschaftler seit Beginn der Corona-Maßnahmen. Ihnen fehlt der Austausch mit Gleichaltrigen, beengte Wohnverhältnisse und angespannte Beziehungen innerhalb der Familie können zu Angst und Verzweiflung führen. Daraus folgt der Impuls, einen Schuldigen für die Lage auszumachen.

Quelle: Social Media

Mehr noch als Menschen aus allen anderen Altersgruppen informieren sich Jugendliche in den sozialen Netzwerken. Laut der neuen Jugendmedienstudie JIM 2019 ist Youtube das liebste Online-Angebot der Zwölf- bis 19-Jährigen, gut die Hälfte aller Befragten nutzt die Plattform als Recherchetool, um sich zu informieren. Die Suchergebnisse bestimmt ein Algorithmus, der den Nutzer möglichst lange auf der Internetseite halten will. Seriöse Nachrichten stehen neben abwegigen Verschwörungstheorien.

Auch in Messenger-Diensten wie Whatsapp oder Telegram haben die Erzählungen von der großen Weltverschwörung gerade Hochkonjunktur. Sie sind die Hauptkommunikationswege der Jugendlichen.

Fehlende Medienkompetenz

Die internationale ICILS-Studie zur Medienkompetenz von Achtklässlern zeigt, dass ein Drittel der Schüler aus Deutschland gezielt verbreitete Fake News nicht als solche erkennt – und somit auch nicht kritisch hinterfragen kann. Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen beklagt eine „gewaltige Medienbildungslücke“, nicht nur bei Jugendlichen: „Es fehlt oft eine elementare Quellenkenntnis. Auf dem Bildschirm des Smartphones und in sozialen Netzwerken fließen Informationen ganz unterschiedlicher Qualität relativ unterschiedslos zusammen und werden – da sie einen über Freunde und Bekannte erreichen – als glaubwürdig wahrgenommen.“

Die Schule fehlt

Gerade in dieser unübersichtlichen, dynamischen Lage fehlt den Jugendlichen jemand, der die Geschehnisse mit und für sie einordnet. Viele Lehrer und Sozialarbeiter bemühen sich, den Kontakt über Chats und Video-Telefonie zu halten und dort auch Sprachbarrieren zu überwinden, die das Einschätzen der Nachrichten zusätzlich erschweren.

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Trotzdem kann ein Chat nicht die Diskussion im Klassenzimmer ersetzen, bei der die Dynamik der Falschinformationen gemeinsam erarbeitet werden kann.

Gezielte Ansprache von Rechtsextremen

Angst gehört für rechtsextreme Propaganda zum Kerngeschäft, warnt jugendschutz.net in einem aktuellen Bericht. Das Coronavirus würde gezielt in rassistische Hetzkampagnen eingebaut und dort mit einem angeblichen Bevölkerungsaustausch in Verbindung gebracht. Vermeintliche Hilfsangebote von rechtsextremen Jugendorganisationen sprechen gezielt Jugendliche an, älteren oder vorerkrankten Menschen zu helfen. „Deutsche helfen Deutschen“ ist die Devise, und dient vor allem der Selbstinszenierung – und weniger der Selbstlosigkeit.

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