Ric O' BarryDer Kampf des „Flipper“-Vaters

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Ric O' Barry. (Bild: afp)

Ric O' Barry. (Bild: afp)

NEW YORK - Es ist mittlerweile 40 Jahre her, doch wenn Ric O'Barry an den Tag zurück denkt, an dem Cathy starb, dann verliert er noch immer die Fassung. „Sie hat mich angeschaut“, sagt der fast 70-Jährige, mit den Tränen kämpfend, in die Kamera, „und hat einen tiefen Atemzug genommen. Es war ihr letzter. Dann ließ sich einfach auf den Meeresboden sinken.“ Für O'Barry ist völlig klar - Cathy hat damals Selbstmord begangen.

Cathy war ein Delfin, ein Großer Tümmler und Ric O Barry war damals ihr Trainer am Aquarium von Miami. Sie war einer von fünf ihrer Artgenossen, die zusammen die Hauptrolle in der legendären TV-Serie „Flipper“ spielten. O'Barry hatte alle fünf gefangen, gezähmt und abgerichtet, doch der Selbstmord von Cathy ließ ihn an all dem zutiefst zweifeln. „Es hat etwa ganz Profundes in mir angeschlagen“, sagt er heute. „Das nächste, an das ich mich erinnern kann, war, dass ich ein paar Tage später auf den Bahamas im Gefängnis saß, weil ich versucht hatte, dort Delfine zu befreien. Ich bin total durch gedreht.“ Das Leben in Gefangenschaft, das wurde O Barry damals klar, ist für die hochintelligenten Meeressäuger, zu denen er ein enges persönliches Verhältnis aufgebaut hatte, eine Tortur.

Globaler Feldzug

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Deshalb hat O'Barry es sich seitdem zum Lebensinhalt gemacht, gegen die Domestizierung der kleinsten Walart einen globalen Feldzug zu führen. Befeuert wird sein Eifer dabei durch sein schlechtes Gewissen. Als Flipper-Trainer, daran glaubt er ganz fest, war er dafür mitverantwortlich, dass die Menschen heute zu Hunderttausenden in die Meeresaquarien dieser Welt strömen, um die ewig lächelnden Tiere bei ihren faszinierenden Kunststücken zu betrachten oder gar mit ihnen ins Wasser zu steigen.

„Flipper“ hat einen weltweite Delfin-Hype ausgelöst und einen stetig wachsenden Bedarf an gefügigen Wasserartisten geschaffen. Die jüngste Schlacht in diesem Feldzug zur Rettung der Delfine hat Ric O'Barry in die Stadt Taiji an der japanischen Südküste geführt.

Taiji ist eine der ergiebigsten Quellen der Welt für talentierte Delfine. Doch die Ernte ist grausam. Wie O Barry in seinem Film „The Cove“ zeigt, der im vergangenen Jahr beim renommierten Sundance Festival den Preis für die beste Dokumentation erhielt, werden in Taiji jedes Jahr 23 000 Delfine brutal abgeschlachtet. Dabei wird nur ein Bruchteil der jährlich an Taiji vorbei ziehenden Tiere für die einträglichen Shows rekrutiert. Mit einer breiten Phalanx von Booten treiben die Fischer die Delfine in eine schmale Bucht, wo sie die guten Tiere für die Unterhaltungsbranche aussortieren. Der Rest der stolzen Säuger wird einfach abgestochen. Warum, kann sich O'Barry letztlich nicht einmal selbst erklären. Zum Teil glaubt er, werde das Fleisch auf den Märkten in Tokio und Osaka unter falscher Etikette als Walfleisch verkauft. Außerdem hielten die Fischer sich damit schlicht die Konkurrenz vom Hals, weil jeder Delfin täglich rund 30 Pfund Fisch verzehrt. Und vielleicht werden die archaischen Methoden auch aus puren Trotz gegen jedwede Reglementierung von Außen angewandt.

Was auch immer dahinter steckt, Ric O Barry hat es sich zum Inhalt seines Lebensabends gemacht, dem Treiben ein Ende zu bereiten. Aus Angst vor Anschlägen durch die Fischer und ihrer Hintermänner lebt er während der sechs Monate der Fangzeit in verschiedenen Verkleidungen in Taiji und versucht so vielen internationalen Medien das Abschlachten dort vorzuführen.

„Ich habe jetzt mein ganzes Leben dem Versuch gewidmet, das zu stoppen, was in dieser Bucht passiert“, sagt O'Barry. Erst, wenn er Taiji gestoppt hat, wird O'Barry Frieden finden. Und er dann werde ihn die Erinnerung an Cathys Tod nicht mehr quälen.

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