SanierungsmaßnahmeVom Maurer, der in den Brunnen fiel

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Der städtische Teamleiter Hoch- und Tiefbau, Wilfried Kiebel, hält die bereits fertiggestellte Freitreppe für das „Prunkstück“ des Marktplatzes, der für 1,28 Millionen Euro saniert wird. (Bild: Sprothen)

Der städtische Teamleiter Hoch- und Tiefbau, Wilfried Kiebel, hält die bereits fertiggestellte Freitreppe für das „Prunkstück“ des Marktplatzes, der für 1,28 Millionen Euro saniert wird. (Bild: Sprothen)

Zülpich – Rund 40 zumeist geplünderte Frankengräber hatten die Archäologen entdeckt und dokumentiert, Geschirrbruchstücke aus dem ersten Jahrhundert nach Christus waren die weitere Ausbeute der Grabungen, und man stieß auf eine alte Römerstraße.

Dabei hatte das Grabungsteam aus Kostengründen nur auf einem Drittel des Zülpicher Marktplatzes gebuddelt. Mehr als 120.000 Euro für archäologische Arbeiten (der Erftverband wurde dafür mit weiteren 130.000 Euro zur Kasse gebeten) waren im Stadtsäckel einfach nicht aufzutreiben.Auf dem größeren Teil des Platzes, in unmittelbarer Nähe zum Rathaus, beließen es die Archäologen daher bei einem „Sichtfenster“, das aber erhellende Einblicke in die Historie gewährte.

Rund 100 Franken fanden auf jener Fläche ihre letzte Ruhestätte, auf der nun wieder Autos parken. Zwei Kapellen, von denen eine mit Sicherheit römischen Ursprungs ist, standen einmal auf dem Platz, auf dem bereits im Mittelalter ein reges Markttreiben herrschte. Im Julizog das Grabungsteam weiter in Richtung Mühlenberg, auf dem Marktplatz sind seither die Bauarbeiter wieder verstärkt im Einsatz.

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Die alten Römer und Franken hatten den Betrieb lange genug aufgehalten. Ursprünglich sollte die Maßnahme bis September fertiggestellt sein. Jetzt ist aber ein Ende in Sicht. „In sechs bis acht Wochen ist es soweit“, sagte der städtische Teamleiter Hoch- und Tiefbau, Wilfried Kiebel.

1,28 Millionen Euro

Mit einer nicht ganz unerheblichen Einschränkung: Der größte Teil des Marktplatzes, der es mit Hilfe eines 70-prozentigen Landeszuschusses für1,28 Millionen Euro zuweitgehend autofreier „Verweilqualität“ mit Außengastronomie, Grünflächen und Kinderspielgeräten bringen soll, wird erst im nächsten Frühjahr in seinen endgültigen Zustand versetzt. Solange sind dort parkende Autos „geduldet“. Kiebel: „Für die Aufbringung des Spezialgemischs aus Bitumen und Epoxidharz, das wie Berliner Pflaster aussehen wird, ist es jetzt zu kalt.“

Das „Prunkstück“, wie Kiebel meint, ist allerdings schon zu bewundern: eine imposante Freitreppe. An der Terrasse für den Brunnen des „Singenden Germanen“, der seit 1913 den Marktplatz ziert, wird indes noch fleißig gewerkelt. Das gilt auch für sein mittelalterliches Pendant, auf das man im Zuge der Grabungen gestoßen war. Der 17 Meter tiefe Brunnenschacht soll mit einer gläsernen Abdeckplatte versehen und beleuchtet werden.

Die Recherchen über den Brunnen förderten so manch eine skurrile Anekdote zutage. Man stieß auf ein Dokument, das beweist, dass der Brunnen spätestens im 16. Jahrhundert errichtet worden sein muss. Damals verurteilte der Zülpicher Stadtrat den Herrn einer Magd zu Schadensersatz, die eine Kette des Brunnens kaputt gemacht hatte.

Ein Jahrhundert später kam es zu einem Vorfall, dem die Straße „Im Bildchen“ ihr Kapellchen verdanken sollte. Ein dort wohnender Maurermeister war bei Reparaturarbeiten in den Brunnenschacht gefallen und hatte gelobt, im Fall seiner Rettung die besagte Kapelle zu stiften.

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