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Corona in Schulen43.000 Infektionen unter Schülern – NRW muss Test-Strategie ändern

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Lolli-Test Schule Grundschule Imago

Eine Lehrerin führt mit Grundschulkindern Lolli-Tests auf das Coronavirus durch. (Archivbild)

  • Knapp 121.000 Schülerinnen und Schüler konnten in NRW wegen Corona nicht am Unterricht teilnehmen.
  • Wegen Überlastung der Labore muss das Land die erst vor Wochen eingeführte Lolli-Teststrategie erneut ändern.
  • Trotzdem will das Schulministerium weiter an Präsenzunterricht festhalten. Ein Überblick zur Schul-Lage.

Düsseldorf/Köln – Die Infektionszahlen an den Schulen in Nordrhein-Westfalen sind in den vergangenen Tagen stark gestiegen. Laut einer wöchentlichen Zählung, die das Schulministerium in Düsseldorf mit dem Stichtag 19. Januar durchgeführt hat, konnten knapp 121.000 Schülerinnen und Schüler nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. In der Woche zuvor waren es rund 58.500. Das sind nach der jüngsten Umfrage sechs Prozent aller Schüler (Vorwoche: drei Prozent). „Trotz der gestiegenen Zahlen bleibt das Infektionsgeschehen aber landesweit unter Kontrolle“, heißt es auf Anfrage aus dem Schulministerium. So bestätige die wöchentliche Umfrage des Ministeriums für Schule und Bildung in der vergangenen Woche auch, dass lediglich an fünf Schulen ausschließlich Distanzunterricht erteilt worden sei.

Mehr als 65.000 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne

Es gibt laut der Zählung 43.000 bestätigte Corona-Fälle unter den Schülern (2,10 Prozent, Vorwoche: 0,99 Prozent). Diese Zahl umfasse sowohl durch schulische als auch durch außerschulische Testungen festgestellte Corona-Infektionen, heißt es seitens des Schulministeriums. Am Stichtag befanden sich rund 65.400 Schüler (3,2 Prozent, Vorwoche: 1,4 Prozent) in Quarantäne. In die Gesamtzahl der Abwesenheiten gehen auch Schülerinnen und Schüler ein, die aus anderen Gründen nicht in der Schule erscheinen.

Steigende Infektionszahlen sind auch für das Lehrpersonal zu verzeichnen. So waren 6350 Lehrerinnen und Lehrer zum Stichtag aufgrund der Pandemie nicht im Präsenzunterricht einsetzbar (Vorwoche: 5000). Das waren rund vier Prozent aller Lehrer (Vorwoche: drei Prozent). Im Detail meldeten die Schulen rund 2500 bestätigte Corona-Fälle unter den Lehrkräften (Vorwoche: 1700). In Quarantäne befanden sich am Stichtag 19. Januar weitere 1600 Lehrkräfte (Vorwoche: 1000).

Alles zum Thema Hendrik Wüst

NRW muss Test-Strategie kurzfristig anpassen

Unterdessen wird über die weitere Teststrategie in Nordrhein-Westfalen diskutiert. Nachdem die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam mit dem Bund aufgrund der stark steigenden Fallzahlen eine priorisierte Durchführung und Auswertung von PCR-Tests beschlossen haben, müsse das bisherige PCR-Lolli-Test-Verfahren an den Grund- und Förderschulen in Nordrhein-Westfalen kurzfristig angepasst werden, so das Ministerium.

Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) werde dem Kabinett hierzu einen Vorschlag unterbreiten, der den Schul- und Unterrichtsbetrieb weiterhin mit regelmäßigen Testungen sicherstellen solle.

Aufgrund der aktuellen Fallzahlen können die an Grund- und Förderschulen zusammen mit den Pool-Tests abgegebenen Rückstellproben der Schülerinnen und Schüler in den Laboren zurzeit nicht mehr ausgewertet und positive Pools nicht individuell nachgeprüft werden. Die Labore haben im Nachgang zur Ministerpräsidentenkonferenz die Schulen und Eltern mit einer entsprechenden Problemanzeige darüber informiert. Auch hierzu werde Gebauer einen Vorschlag unterbreiten, um den Schülerinnen und Schülern die Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen, heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums. Derzeit seien mehr als 80 Prozent der Pool-Tests negativ.

Land hält an Präsenzunterricht weiter fest

Präsenzunterricht hat für die Landesregierung Nordrhein-Westfalens nach wie vor Priorität, betont das Schulministerium. Angesichts der rasant steigenden Zahlen dürfe „eine vorübergehende, punktuelle Abkehr vom Präsenzunterricht kein Tabu mehr sein“ sagte Sven Christoffer, Vorsitzender des Verbands Lehrer NRW. „Da die Lage je nach Region und Schule sehr unterschiedlich ist, wäre es sinnvoll, den Schulen einen flexiblen Handlungsrahmen zu geben.“

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Dazu erklärt das Ministerium, Distanzunterricht könne auf Basis der Distanzlernverordnung des Landes für einzelne Schulen durch die Schulleitungen eigenständig eingerichtet werden, wenn dies pandemiebedingt erforderlich sei. Dieser Fall könne etwa dann eintreten, wenn sich pandemiebedingt eine große Anzahl an Lehrkräften in Quarantäne befinde.

NRW-Opposition fordert eine neue Ausrichtung

Die Opposition im Landtag fordert eine neue Ausrichtung der Corona-Politik an Schulen. Sollte die Landesregierung Lolli-Tests abschaffen und Labore anweisen, Einzeltests nicht mehr zu überprüfen, sei das für die Sicherstellung eines geordneten Unterrichts problematisch, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am Dienstag in Düsseldorf.

Auch bei der geplanten Priorisierung der PCR-Tests seien Schulen und Kitas künftig außen vor. „Wir erwarten von Ministerpräsident Hendrik Wüst eine Erklärung, wie es mit den Tests an den Schulen weitergehen soll“, sagte Kutschaty. Man müsse sich die Frage stellen, warum „die Stadt Wien mehr PCR-Tests zur Verfügung stellen kann als die gesamte Bundesrepublik Deutschland.“ Da sei viel versäumt worden.

Aktuell berichteten Schulen, dass Labore aus Kapazitätsgründen oder mit Hinweis auf die Entscheidungen der Bund-Länder-Konferenz die Auswertung der Einzelproben stoppten, sagte Sigrid Beer, bildungspolitische Sprecherin der Grünen.

Damit müssten nun diejenigen, die sich nach positivem Pool-Test in Quarantäne befinden, weiter in Isolation bleiben. Das bedeute einen faktischen Lockdown für Tausende Kinder.

Die Landesregierung müsse erklären, welche Auswirkungen die begrenzten Laborkapazitäten auf die Testungen an Grundschulen haben und welche Konsequenzen sie ziehe, sagt Beer.

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