Lehrer kritisiert NRW-Schulministerin„Wir bekommen Infos zu neuen Regeln als Letzte“

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Maske Schule Symbolbild

  • Dirk Trapphagen, 61 Jahre, ist Lehrer für Mathe, Physik, Technik und Politik an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Leverkusen. 2012 wurde er nach einer Karriere als Bauingenieur als Seiteneinsteiger Lehrer.
  • Er versucht seit Jahren, Schule und Unterricht digitaler zu gestalten, doch immer wieder scheitert er an den Umständen.

Herr Trapphagen, Sie sind Lehrer an einer Leverkusener Gesamtschule. Wie digital war Ihr Unterricht während der Corona-Krise? Im ersten Lockdown haben wir PDF-Dateien hochgeladen, die von den Schülerinnen und Schülern bearbeitet und eine Woche später wieder zurückgeschickt wurden. Viele haben wir damit gar nicht erreicht.

War es im zweiten Lockdown besser?

Im zweiten Lockdown haben wir eine Cloud bekommen, ohne dass wir mit den Kindern vorarbeiten konnten, und auch wir Lehrer sind komplett reingeschmissen worden. Ich habe einige Schüler noch immer nicht erreicht und habe mich dann selber darum gekümmert, dass sie sich ein iPad an unserer Schule leihen konnten.

Warum war es so schwer, die Schülerinnen und Schüler zu erreichen?

Viele Kinder aus finanziell schwachen Familien haben kein Endgerät, das sie für den Unterricht nutzen können. Es gibt noch immer Schülerinnen und Schüler, die mit einem Smartphone ohne Wlan zu Hause mit ihren mobilen Daten arbeiten. Mit einer Kollegin habe ich über 100 Eltern angerufen und mit ihnen vereinbart, dass ihre Kinder iPads in der Schule abholen können.

Wurden Sie von Behörden beim digitalen Unterricht unterstützt?

Nein. Wir sind nur darauf hinwiesen worden, dass wir jetzt mit der Cloud arbeiten können. Wir haben uns dann hingesetzt und überlegt, wie wir die Kolleginnen und Kollegen erreichen, die sich gar nicht auskennen und mit digitaler Technik nur wenig Berührungspunkte haben. Wir haben das Konzept ganz alleine erarbeitet.

Hören Sie hier das ganze Gespräch mit Dirk Trapphagen im Schul-Check-Podcast:

Was nehmen Sie aus dieser Zeit für den Unterricht nach Corona mit?

In der Lehrerkonferenz haben wir uns schon für ein Konzept entschieden, wie wir digital weiterarbeiten werden. Wir müssen auch die Lehrpläne auf eine gewisse Digitalisierung ausrichten. Vorher fehlten viele Erfahrungswerte, die wir jetzt haben.

Wie ist die technische Ausstattung an Ihrer Schule?

m Januar haben wir 140 iPads erhalten, die jetzt ausgeliehen werden können. In einem Gebäudeteil haben wir seit einer Renovierung interaktive Active Boards. Wir wollten schon mit ihnen arbeiten und haben dann festgestellt, es ist gar kein Wlan da. Was mache ich da als Lehrer? Ich baue mit meinem eigenen Smartphone einen Hotspot auf, um Filme zum Thema Sonne und Mond zu zeigen. Das ist sonst nicht machbar. So etwas muss besser gemanagt werden. Da ist viel zu lange nichts gemacht worden.

Sie zahlen also mit ihrem privaten Datenvertrag dafür, dass überhaupt digitale Inhalte gezeigt werden können.

Im Endeffekt ja. Ich habe eine mobile Flatrate, die ich nutzen konnte. Ein eigenes HDMI-Kabel und einen USB-Adapter habe ich auch besorgt. Viele Kollegen nutzen ihre eigenen Smartphones für digitalen Schulunterricht.

Wie haben Sie die Kommunikation des NRW-Schulministeriums während der Krise wahrgenommen?

Es ist erschreckend, wie das abgelaufen ist. Als Lehrer bekommt man die Infos zu neuen Regeln als Letzter. Die Schulministerin müsste sich mit einem Teil der Kolleginnen und Kollegen zusammensetzen und überlegen, was sinnvoll ist. Nicht von oben herab sagen, wir machen das jetzt so und so. Wir sind in einer Krise, da muss man doch auf die Leute zurückgreifen, die schon Erfahrungswerte haben. Da muss doch nicht jede Schule selber ein Konzept erarbeiten. Aber genau darauf läuft es hinaus: Man kriegt die Info und muss gucken, wie man damit klarkommt.

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