Nur eine 4+ im „Schul-Check“Diese Mängel haben Kölner Schulen bei der Digitalisierung

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Unterricht mit digitalem Whiteboard am Gymnasium „Neue Sandkaul“ in Köln-Widdersdorf

Unterricht mit digitalem Whiteboard am Gymnasium „Neue Sandkaul“ in Köln-Widdersdorf

Köln – Mehr als 11.000 Menschen haben sich am „Schul-Check“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“ beteiligt. Fast die Hälfte von ihnen sind Kölner Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler, die bewertet haben, wie digital ihre Schulen sind. Bei einer Auswertung ihrer Antworten zeigen sich zahlreiche Mängel, die einer schnelleren Digitalisierung im Weg stehen. Das sind die Kölner Ergebnisse.

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So reagieren Politik und Verbände auf die Zahlen

„Die Ergebnisse des ‚Schul-Check’ decken sich im Wesentlichen mit denen, die wir in unserer großen Elternumfrage zum Distanzunterricht im Dezember ermittelt haben“, bestätigt der Vorsitzende der Kölner Stadtschulpflegschaft, Gerhard Jansen. Hierbei hatten 44 Prozent der Eltern angegeben, dass die technischen Voraussetzungen für digitalen Unterricht an ihrer Schule nicht hinreichend seien. Jansen erkannte das Engagement der Stadt an, die Schulen derzeit mit Hochdruck mit digitalen Endgeräten auszustatten. „Aber das geht noch viel zu langsam.“ Ziel müsse es sein, dass jedem Kind zumindest an allen weiterführenden Schulen am ersten Schultag ein digitales Endgerät zur Verfügung gestellt werde.

Alles zum Thema Henriette Reker

Die Stadt betonte, dass eine solche Umfrage keinen verlässlichen Überblick, sondern nur ein Stimmungsbild vermittle. „Wenn 40,5 Prozent der Teilnehmenden aussagen, an ihrer Schule gebe es kein funktionierendes Wlan, steht dem entgegen, dass 84 Prozent der Kölner Schulgebäude mit vollflächigem professionell gemanagten Wlan ausgestattet sind“, erklärte Stadtsprecherin Nicole Trum. Köln nehme in der Digitalisierung bundesweit einen Spitzenplatz ein. Bezüglich der Endgeräte soll bis Ende Februar die Ausstattung für Schüler abgeschlossen sein. Dann werden laut Stadt 47.000 Geräte im Einsatz sein – fünf Mal mehr als zu Beginn der Pandemie. Mehr als 20 Millionen Euro seien investiert worden.

Wie Schülersprecher Jurek Lorber den digitalen Unterricht erlebt hat:

Der Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft wandte ein, dass es dabei nicht ausreiche, Geräte für alle zu beschaffen. „Essentiell sind die Administratoren, die die Geräte einrichten mit den Lernplattformen, neue Kinder einpflegen und die Geräte warten.“ Hier sieht er ein großes Manko: „Das können nicht wie jetzt frei gestellte Lehrer in ihren Freistunden machen“. Die Stadt müsse einen Pool solcher Administratoren einrichten, auf die die Schulen zugreifen könnten.

„Es hapert an der Leistungsfähigkeit“

Der schulpolitische Sprecher der CDU, Helge Schlieben, begrüßte, dass inzwischen alle Kölner Schulen ans Glasfasernetz angeschlossen seien. „Es hapert aber noch an der Leistungsfähigkeit der Leitungen. Und ohne starke Anschlüsse hilft auch Wlan an allen Schulen nichts.“ Nach Angaben der Stadt haben von 270 Schulstandorten derzeit rund 90 einen leistungsstarken Gigabit-Anschluss. Alle weiteren würden jetzt schnell sukzessive folgen.

Viel wichtiger als das Wlan in der Schule ist aber nach Ansicht von Schlieben gerade im Distanzunterricht, den Schülern sozioökonomisch schlechter gestellten Familien Wlan zur Verfügung zu stellen. Darauf komme es jetzt im Distanzunterricht an. Das müsse Bürgermeisterin Henriette Reker zur Chefsache machen, pflichtete ihm der schulpolitische Sprecher der SPD, Oliver Seeck, bei. „Es darf nicht vom Engagement einzelner Schulleiter abhängen, ob Schüler zuhause mit Prepaid-Karten ausgestattet werden, um am digitalen Unterricht teilzunehmen.“

Bei der Zuteilung von Tablets muss die Stadt nach Ansicht von Schlieben und Seeck mehr darauf achten, dass diese gezielt bei den bedürftigen Schülern ankämen. „Hier gibt es eindeutig noch Nachholbedarf“, betonte Schlieben. Es sei unfair, wenn Kinder an privilegierteren Schulen Geräte angeboten würden und Schüler aus Haushalten, in denen die Playstation das einzige digitale Endgerät sei, leer ausgingen, ergänzte Seeck.

Große Offensive für Haupt- und Realschulen

„Überhaupt denken wir viel zu sehr aus unserer Blase heraus, statt eine große Offensive für Haupt- und Realschulen zu starten.“ Die Stadt müsse etwa über den Aufsichtsrat Druck auf Netcologne ausüben und nach Sozialindex Kölner Schulen definieren, die von den Fachleuten von Netcologne vor Ort besonders unterstützt werden. Auch könne man aus gut ausgestatteten Schulen digital affine Kollegen entsenden, die die dortigen nicht selten überalteten, weniger technikaffinen Kollegien schulten, schlägt Seeck vor. Hier müsse mühsam ausgebügelt werden, dass es von Seiten der Landesregierung viel zu wenig didaktische Unterstützung gegeben habe. „Spätestens ab den Sommerferien hätte es Hilfestellungen aus dem Ministerium geben müssen, wie digitaler Unterricht mit den zur Verfügung gestellten Plattformen gestalten kann.“  

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Christoph Meier, Geschäftsführer der Kölner Industrie- und Handelskammer im Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung, betonte die Wichtigkeit, Digitalisierung in den Schulen voranzutreiben: „Unternehmen brauchen in Zukunft verstärkt gut ausgebildete Mitarbeiter, die in der digitalen Welt zu Hause sind, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.“

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