Schulöffnung in NRWNach Ostern werden die Karten neu gemischt

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Schule NRW Symbolbild

Schüler einer Grundschule sitzen im Sommer 2020 mit Abstand in ihrem Klassenraum.

Düsseldorf – Die sogenannte Schulmail ist bei Schulleiterinnen und Schulleitern in Nordrhein-Westfalen eine ebenso heiß erwartete wie gefürchtete Post. Absender ist das Bildungsministerium in Düsseldorf, und im Verlauf der Pandemie kamen oft am Ende einer Woche Vorgaben, die am Beginn der Folgewoche bereits umgesetzt zu sein hatten. Anders verhält es sich mit der Mail vom Freitag, die eine Aufnahme des Wechselunterrichts an allen Schulen und in allen Jahrgängen vom 15. März an regelt.

„Ich bin dankbar, dass die verbindlichen Hinweise zum Schulbetrieb mittlerweile mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf bei den Schulen eintreffen“, sagt Lüder Ruschmeyer, Direktor des Gymnasiums Kreuzgasse in Köln. Auch das ist offenbar ein Lerneffekt aus der Krise.

Übergang zum Ying und Yang von Präsenz- und Fernunterricht

Bildungsministerin Yvonne Gebauer und ihr Staatssekretär Mathias Richter, beide FDP, sitzen derweil mittags beim Pressegespräch in Düsseldorf und zeigen sich erleichtert über „ein Stück Normalität“, das nicht allein Nordrhein-Westfalen den Schulen zurückgibt – auch andere Bundesländer gehen zum Ying und Yang von Präsenz- und Fernunterricht über, wobei dieser Wechsel nach Gebauers Vorstellung idealerweise wochenweise erfolgt.

Sind erst einmal die Osterferien vorüber, werden die Karten neu gemischt: „Die weitere Präsenz ab Ostern ist abhängig von der Inzidenz“, sagt die Ministerin. Und wie das Wechselmodell bis dahin konkret ausgestaltet wird, bleibt auch der einzelnen Schulentscheidung überlassen: Große Gesamtschulen mit vielen Abschlussklassen haben andere Probleme als kleinere Schulen.

Just um die Abschlussklassen, vor allem die Abiturienten, macht sich die Vorsitzende des Philologenverbands Nordrhein-Westfalen, Sabine Mistler, Sorgen. „Wir begrüßen, dass Schulen mit den Sekundarstufen 1 und 2 größere Freiheiten bei der Aufnahme des Wechselunterrichts genießen. Ich würde empfehlen, die Rückkehr zu minimieren, bis die Hygienemaßnahmen gesichert sind. Insbesondere muss es eine Test- und Impfstrategie geben“, sagt Mistler.

Klar ist aus ihrer Sicht, dass soziale Kontakte für die Schülerinnen und Schüler ebenso wichtig sind wie Präsenzunterricht, doch die Sorge gilt dem Ansteckungsrisiko. „Und was die Vorklausuren für das Abitur angeht, so müssen diese an einigen Schulen bereits jetzt verschoben werden, da Quarantänefälle aufgetreten sind.“

Problem der Quarantäne

Auch Martin Süsterhenn, Leiter der Katharina-Henoth-Gesamtschule in Köln, kennt das Problem der Quarantäne von Kindern, deren Angehörige positiv getestet sind. Grundsätzlich freue er sich darüber, dass die Kinder wieder, wenn auch nur zu reduzierten Zeiten, kommen können. Dennoch steigt die Sorge und die Angst im Blick auf das Infektionsrisiko für die Kinder und das Kollegium. "Aus heutiger Sicht fällt es leicht, zu kritisieren", so Süsterhenn. "Tatsächlich hatten wir aber schon am Ende der vergangenen Sommerferien einen solchen Wechselunterricht in immer konstanten halben Gruppen geplant (konnten diesen Plan aber leider nicht umsetzen) - es wäre sicher sinnvoll gewesen, das Schuljahr so zu beginnen, damit man Erfahrungen auch und gerade im Blick auf die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen hätte sammeln können."

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Erleichterung und Sorge, die Stimmungslage, die in Sabine Mistlers Worten zum Ausdruck kommt, prägt die Reaktion der Eltern- und Lehrerverbände. Sie hat Gebauer auch diesmal wieder konsultiert, ein Ritual, das sich in der Pandemie jedes Mal im Vorfeld einer Schließungs- oder Öffnungs-Entscheidung wiederholt. Damit will die Ministerin eine möglichst breite politische Basis legen, zu der aktuell auch die Einschätzung nahezu aller Beteiligter gehört, dass es bei der Öffnung nicht mehr allein um Lerninhalte, Prüfungen und Schulabschlüsse geht: Im Fokus der Öffnung vom 15. März an, so erklärt es Staatssekretär Richter, stehe nicht die Leistung – vielmehr sollen sich die Lehrkräfte zunächst einmal einen Eindruck verschaffen, „wie es den Kindern ergangen ist“.

Was läuft schief bei der Digitalisierung der Schulen in der Region? Antworten gibt es im Podcast „Schul-Check“:

Dafür stehen ihnen Schulpsychologen und Sozialarbeiter zur Seite; sie warnen bereits seit Wochen vor den seelischen Folgeschäden der Pandemie auch in gut funktionierenden Familien, und bedrückenderweise registrieren sie auch einen Anstieg häuslicher Gewalt.

Gerührt von der Freude der Kinder

Die Schülerinnen und Schüler müssten nach der langen Pause nun auch „emotional wieder in de Schule ankommen“, sagt Gebauer. Sie selbst zeigt sich ehrlich gerührt von der Freude, die Kinder und Jugendliche aus Grundschulen und Abschlussklassen verspürten, denen die Rückkehr bereits seit dem 22. Februar erlaubt ist. Doch nicht nur die Ministerin betont im gleichen Atemzug den Vorrang der Hygiene: „Wer Schulen öffnen will, muss impfen und testen!“, mahnt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen. „Weitere Öffnungsschritte sind dann zu verantworten, wenn ein umfassendes Sicherungskonzept greift. Dazu gehört das Wechselmodell mit festen Lerngruppen, Impfangebote für alle Lehrkräfte, Testungen für alle sowie ein verlässlich greifendes Test- und Quarantänekonzept bei positiven Fällen an den Schulen.“

Schulbusse fahren häufiger

Bis zum Beginn der Schulferien werden mit Landesförderung mehr Schulbusse als sonst fahren, auch das eine Maßnahme, die nun eingeleitete Öffnung auf Dauer anzulegen. „Ich bin wirklich froh darüber, dass jetzt wieder ein Stück Normalität in das Leben der Familien kommt“, sagt Schulleiter André Szymkowiak vom Gymnasium Thusneldastraße in Köln-Deutz. Jetzt hoffe ich, dass auch die Kolleginnen und Kollegen an den weiterführenden Schulen bald geimpft werden. Das wäre auch ein Signal der Anerkennung.“

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