Gewandhausorchester LeipzigIm Dienste der wahren Freude

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Das Gewandhausorchester Leipzig gastiert in Köln.

Das Gewandhausorchester Leipzig gastiert in Köln.

Es war einmal im Jahre 1743. Da trafen sich in Leipzig 16 Kaufleute, um einen Konzertverein zu gründen. Sie bezahlten 16 Musiker und nannten sich fortan „Das Große Concert“. Das Gewandhausorchester Leipzig war geboren – und mit ihm das älteste bürgerliche Konzertorchester im deutschen Raum. Bereits ein Jahr später kommen die Musiker im Gasthaus „Drey Schwanen“ am Brühl zusammen, um Konzerte zu geben. Mit dem Umzug in das Messehaus der Tuchwarenhändler (das Gewandhaus) im Jahre 1781 bekam das Ensemble schließlich seinen bis heute gebliebenen, klangvollen Namen: „Gewandhausorchester“.

Felix Mendelssohn- Bartholdy machte es als sein Kapellmeister zunächst in Europa populär, und bis ins 20. Jahrhundert hinein mussten die Musikliebhaber nach Leipzig reisen, um das heute weltberühmte Orchester erleben zu können – es weigerte sich schlichtweg auf Reisen zu gehen. An der Stirnseite des Gewandhaus-Saales, den die Stadträte einst hatten ausbauen lassen, prangte der Spruch des jüngeren Seneca: „Res severa est verum gaudium“ – „Wahre Freude ist eine ernste Sache“. Er wurde fortan zum Leitspruch des Orchesters.

Erhebung zum Stadtorchester

Mit der zukunftsweisenden Erhebung zum „Stadtorchester“ am 26. September 1840 erhielten die Musiker die Privilegien der Stadtpfeiffer, städtische Festivitäten musikalisch gestalten zu dürfen, womit sie gleichzeitig auch für die Gottesdienste in den beiden Leipziger Hauptkirchen St. Thomas und St. Nikolai zuständig wurden. Als 1884 mit Hilfe privater Spenden und Darlehen ein neues Konzerthaus gebaut wurde, entstanden „ein akustisches Gefäß von offenbar durch Glück und Genie gefundenen besten Maßen“ für 1500 sowie ein Kammermusiksaal für 500 Zuhörer. Das Gebäude fiel den Bombenangriffen des 2. Weltkrieges zum Opfer, wurde allerdings – erst knapp 25 Jahre später – abgerissen.

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Dank des persönlichen Engagements des Dirigenten Kurt Masur wurde mitten in der Leipziger Innenstadt 1981 ein Neubau – quasi das „dritte“ Gewandhaus – geschaffen, in dem das Orchester heute neben der Oper und den wöchentlichen Kantaten in der Thomaskirche zu hören ist. Seit 2005 fungiert nun Riccardo Chailly als 19. Gewandhaus- Kapellmeister. Sein auf CD festgehaltenes Antrittskonzert wurde sogleich mit dem ECHO Klassik-Preis ausgezeichnet. Blickt man heute zurück auf das bewegte Leben dieses geschichtsträchtigen Klangkörpers, so lässt sich mit Fug und Recht betonen, dass die „ernste Sache“ tatsächlich eine wahre Freude geblieben ist und es den Musikern weiterhin ernsthaft daran gelegen ist, wahre Freude zu bereiten.

„Ein Stück Holz mit vier Saiten“

Ungetrübte Freude verbreitet nach wie vor auch ein musikalisches Werk, das vor fast genau 170 Jahren (am 13. März 1845) in Leipzig uraufgeführt wurde: Mendelssohns e-Moll-Violinkonzert. Ein „reines und gutgläubiges“ Stück, das man am besten spiele, wenn man 13, 14 Jahre alt sei, meint Julian Rachlin. Der im litauischen Vilnius geborene und im Kindesalter nach Österreich emigrierte Violinist und Bratschist spielte es gemeinsam mit Bernard Haitink im Alter von 14. Nichtsdestotrotz sei es ein immer wieder neu zu entdeckendes Meisterwerk, das einen Geiger wie Dirigenten ein ganzes Leben verfolge.

Ohnehin sei es Privileg und Verantwortung zugleich, aus der breiten Palette an vergangenen und lebenden Komponisten- Genies klassischer Musik die Bonbons auszuwählen und an die nächste Generation weitergeben zu können. Für ihn sei es daher selbstverständlich und wichtig, „in Leben mit und in der Musik“ zu führen und ihre Schönheit und Ästhetik auch in anderen Lebensbereichen zu verfolgen – weil er und auch andere sich damit wohl fühlten. Der menschlichen Stimme nahezukommen und auf „einem Stück Holz mit vier Saiten“ zu singen und eine Geschichte zu erzählen, sei eine hohe Kunst. Dabei trage der Musiker genauso die Verantwortung, die Macht der Tonfarben stets in den Dienst der Komposition zu stellen und nicht dessen Rahmen zu verlassen. Um ein letztes Mal mit dem Leitspruch des Gewandhausorchesters zu sprechen – die wahre Freude ist eine ernste Sache.

Donnerstag, 19.02.2015, 20:00 Uhr

Julian Rachlin, Violine Gewandhausorchester Leipzig Riccardo Chailly, Dirigent

Felix Mendelssohn Bartholdy Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 (1838–44)

Gustav Mahler Sinfonie Nr. 1 D-Dur (1884-88)

€ 110,– 95,– 80,– 55,– 32,– 25,– | Z: € 80,–

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